Viel Freude, viel Wut: Mein Kind ist anders!: Tipps für Eltern mit gefühlsstarken Kindern

Gefühlsstarke Kinder sind einerseits sehr sensibel, können aber auch aggressiv und sogar gewalttätig reagieren

Gefühlsstarke Kinder sind einerseits sehr sensibel, können aber auch aggressiv und sogar gewalttätig reagieren

Foto: Vetta/Getty Images

Gefühlsstarke Kinder – so nennt Nora Imlau in ihrem neuen Buch Jungen und Mädchen, die von Geburt an anders sind als andere Kinder: wilder, bedürfnisstärker, fordernder. Aber gleichzeitig auch feinfühliger, sensibler, verletzlicher.

Jedes siebte Kind kommt mit dieser besonderen Spielart der Persönlichkeitsentwicklung zur Welt. So viele! Und doch fühlen sich viele Eltern sehr allein, wenn ihr Kind als gefühlt einziges Baby den Kinderwagen hasst und im Rückbildungskurs nicht auf der Matte liegen mag, auch als Kindergartenkind noch nicht alleine einschlafen kann und selbst im Schulalter noch viel Hilfe im Umgang mit seinen heftigen Gefühlsausbrüchen braucht.

Hilfe in Form von praktischen Tipps erfahren Eltern im Buch „So viel Freude, so viel Wut – Gefühlsstarke Kinder verstehen und begleiten“ von Nora Imlau, das in dieser Woche auf Platz 14 in den Sachbuch-Chats der BILD-Bestseller-Liste landet:

Teaser-Bild

Foto: BILD, Fotolia

»Gefühlsstärke ist keine Anomalie

„Mein Kind ist anders!“ Dieser Gedanke ist Eltern gefühlsstarker Kinder sehr vertraut. Sie nehmen ihren Nachwuchs nicht selten als schwierig und nie zufrieden wahr – Problemkinder eben. Doch von dieser Beschreibung möchte Nora Imlau gern wegkommen. Unter gefühlsstark versteht sie Kinder, die „die ganze Kraft und den ganzen Reichtum ihres besonderen Temperaments zum Ausdruck bringen“.

„Mit diesem Buch möchte ich Eltern deshalb einladen, ihr Kind in neuem Licht zu sehen, ohne dabei die eigenen dunklen oder schwierigen Gefühle unter den Teppich zu kehren“, sagt Nora Imlau, selbst Mutter einer gefühlsstarken Tochter. „Ja, das Leben mit einem gefühlsstarken Kind ist anstrengend. Ja, die ständigen Hochs und Tiefs zu begleiten, lässt uns manchmal in unsere eigenen emotionalen Abgründe blicken. Doch all das ändert nichts daran, dass unsere gefühlsstarken Kinder einfach wunderbar sind. Genau so, wie sie sind.“

Imlau hält Gefühlsstärke nicht für eine Anomalie oder eine behandlungsbedürftige Problematik, sondern für eine zwar herausfordernde, aber letztlich ganz normale Spielart der Persönlichkeitsentwicklung.

Die Frage nach der Schuld

Zeitweise liest sich das Buch wie eine Hommage an diese besonderen Kinder, dennoch wird das Verhalten gefühlsstarker Kinder keinesfalls beschönigt und zum Beispiel auch Gewalt thematisiert. Gefühlsstärke mag eine Erklärung sein, ist jedoch keine Entschuldigung für unangemessenes Verhalten.

Für ihre Gefühle der Verzweiflung fühlen sich Eltern oft schuldig, Gefühle der Ablehnung werden vor Scham verdrängt. Imlau macht klar: „Ihr seid nicht schuld.“ Gefühlsstärke ist keine Eigenschaft, die herbeigeführt oder verhindert werden kann – sondern ein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal, das vorkommt, egal in welche Verhältnisse das Kind hineingeboren wurde.

Umgedreht trifft aber auch die Kinder keine Schuld: Ein gefühlsstarkes Kind tut das, was es tut, ja nicht mit Absicht oder um irgendwen zu ärgern – es kann einfach nicht anders.

Nora Imlau: „Jeder kämpft mit seinen eigenen Dämonen. Der Weg daraus? Führt über Verständnis, und zwar von uns Erwachsenen: für unser Kind und für uns selbst.“

Umgang mit gefühlsstarken Kindern

▶︎  Gefühlsstarke Kinder werden von ihren Gefühlen überwältigt. Ihnen fehlt die Selbstregulationsfähigkeit, doch die kann erlernt werden. Das Kind braucht dazu die Hilfe der Eltern. Diese können Trost und Zärtlichkeit anbieten, in den Arm nehmen oder sanft über den Kopf streicheln, um ihrem Kind dabei zu helfen, sich emotional zu beruhigen – auf diese Weise entsteht mit der Zeit Selbstregulationsfähigkeit. Die britische Hirnforscherin Dr. Margot Sunderland nennt das auch die „Wissenschaft des Tröstens“.

▶︎  In herausfordernden Situationen souverän reagieren zu können, setzt voraus, dass man selbst in seiner Mitte ist. Finden Sie heraus, wie Sie sich in turbulenten Situationen schnell wieder beruhigen. Z.B. Augen schließen und bewusst ein- und ausatmen, ein Mantra wiederholen oder die Schläfen massieren.

▶︎  Verschaffen Sie sich Klarheit darüber, was sie von ihrem Kind erwarten. Eine natürliche Autorität wird auch ihrem Kind Stabilität geben. Im besten Fall zieht die ganze Familie an einem Strang, z.B. wenn es darum geht, die Hausaufgaben zu machen.

▶︎  Hinter den meisten Verhaltensweisen und heftigen Gefühlsausbrüchen gefühlsstarker Kinder steckt schlicht zu viel Stress. Finden Sie die Stressoren ihres Kindes und eliminieren Sie sie. Dazu zählen unter anderem: unangenehme Reize am Körper (z.B. durch zu enge Kleidung), visuelle Reize (überfrachtetes, unaufgeräumtes Kinderzimmer), akustische Reize (laute Musik, Fernsehen, Verkehrslärm) oder starke Gerüche (Putzmittel oder künstliche Aromen durch Raumerfrischer).

Auf 300 Seiten gibt die Autorin zahlreiche praktische Tipps für die täglichen Herausforderungen. Eltern kommen zu Wort und erzählen von ihren Problemen und wie sie sie gelöst haben.

Nora Imlau fordert Trost für die Kinder und spendet ihn gleichzeitig den Eltern, die sich nach der Lektüre weniger allein, besser verstanden und vielleicht auch ein bisschen besser gewappnet fühlen dürfen. Die Autorin kommt zu dem Schluss: „Gefühlsstärke und Familienglück schließen sich nicht aus.“

„So viel Freude, so viel Wut – Gefühlsstarke Kinder verstehen und begleiten“ von Nora Imlau ist im Kösel Verlag erschienen und kostet 20 Euro.

BILD Deals: Hier gibt es jede Menge Schnäppchen und Rabatte!