Manchmal möchte man „Tatort“-Kommissare ja in den Arm nehmen, sanft in ihre Limousine setzen und mit ihnen irgendwo hinfahren. An einen See, wo sie schön essen und bei einem Glas Wein das Drehbuch vergessen können, das bis eben noch ihr Leben bestimmt hat.
Und das nicht gepasst hat, das zu eng war, zu klein. Den Kommissaren. Der Welt, von der es versuchte zu erzählen. „Treibjagd“ – der neue Fall für die Bundeskriminalisten Grosz und Falke – zum Beispiel wäre eigentlich ein schönes Stück Unterhaltung geworden.
Eins über das gesellschaftlich tatsächlich relevante Phänomen, dass marodierende Nachbarschaftshilfen mit ihren sich gegenseitig in moralischer Überheblichkeit in den gesetzlosen Selbstjustiz-Wahnsinn shitstormenden WhatsApp-Gruppen die grundsätzlich großartige Tätigkeit eines Polizisten zu einer der grauenvollsten des Landes machen.
Ein Hamburger Eigenheimviertel fühlt sich alleingelassen, sieht sich untergehen in einer Welle von Einbrüchen rumänischer Banden. Wenn du meinst, dass dir keiner hilft und Gott weit weg ist, hilfst du dir halt selbst.
Und dann liegt einer der Räuber – eine Schreckschusspistole in der falschen Hand – erschossen in seinem Blut. Dass es mit Notwehr in diesem Fall nicht sehr weit her ist, ist ziemlich schnell klar.
Danach allerdings ist alle Einbruchsserien-Angst aus dem Fall verschwunden. Die Jagd – würde Sherlock rufen – ist auf.
Den Ausflug an den See hätten Falke und Grosz nicht nötig, würde sich „Treibjagd“ tatsächlich konzentrieren, was eine gute Stunde lang ziemlich spannend der Fall ist (und leider doch schon ziemlich häufig der Fall war im „Tatort“).
Erzdeutsche Moralisten
Wie die Jäger, die Kommissare also, zu Gejagten werden, wie die Netzfurien ohne Hemmungen übergriffig werden, die Kommissare bis ins Privatleben verfolgen, den ganzen Mechanismus aufklären, nachdem erzdeutsche Moralisten in kohlhaasscher Manier immer wieder zu Verbrechern werden.
Leider treibt sich „Treibjagd“ dann noch in thematischen Nebenwäldchen herum. Streift die rumänischen Diebesbanden, die ganze Städte in Angst und Schrecken versetzen, bloß sträflich lapidar (hätte einen eigenen Fall verdient).
Kümmert sich vor allem nicht wirklich um die psychischen Ursachen der Hysterie (die einbruchsbedingten Ohnmachtsgefühle im Prinzip rechtschaffener Bürger).
Und lässt lächerlicherweise die Kommissare im Herbst 2018 noch darüber staunen, was das Netz so an Ungeheuern gebiert.
Halali. Treffen wir uns am See. Und lassen die Enten in der Luft.