Plädoyer für Gewaltenteilung :
„Es gibt keine Obama-Richter oder Trump-Richter“

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John Roberts ist seit September 2015 Oberster Richter in den Vereinigten Staaten.
Normalerweise vermeiden die Obersten Richter in Amerika politische Stellungnahmen. John Roberts sah sich nach der Kritik Trumps an einen Bezirksrichter aber dazu genötigt.

Ungewöhnlich für eine normale Präsidentschaft, in Zeiten von Donald Trump ist es eine erwartbare Verteidigung. Der Oberste Richter des Supreme Courts, John Roberts, hat dem Präsidenten Amerikas in einem außerplanmäßigen Schreiben widersprochen, dass es „Richter Obamas“ gebe. Er reagierte damit auf eine Kritik Trumps an einem Kollegen in Kalifornien. „Wir haben keine Obama-Richter oder Trump-Richter, keine Bush-Richter oder Clinton-Richter“, betonte der 63-Jährige gegenüber der Nachrichtenagentur AP. „Was wir haben, ist eine unglaublich engagierte Richterschaft, die ihr Bestes geben, um gleiches Recht gegenüber jenen walten zu lassen, die vor ihnen erscheinen.“

Auslöser dieses Schreibens ist eine Entscheidung von Bezirksrichter Jon Tigar vom vergangenen Dienstag. Er hatte Trumps geplante Verschärfungen des Asylverfahrens per einstweiliger Verfügung gestoppt. So sollten diejenigen, die die Grenze der Vereinigten Staaten illegal überqueren, keine Chance auf ein Verfahren bekommen. Dafür hatte Trump am 9. November eine Proklamation unterzeichnet. Amerikas Präsident wollte damit auf Flüchtlinge aus Mittelamerika reagieren, die sich vor Wochen auf den Weg in die Vereinigten Staaten machten und mittlerweile in der mexikanischen Grenzstadt Tijuana angekommen sind. Sie fliehen vor allem vor den miserablen wirtschaftlichen Bedingungen und der Gewalt in ihren Heimatländern. Trump hatte sie auf einer Wahlkampfveranstaltung vor den Kongresswahlen am 6. November als „Invasion“ bezeichnet.

Auf die Entscheidung des Bezirksgerichts hatte Amerikas Präsident trotzig reagiert und vor Journalisten angekündigt, er werde eine große Beschwerde gegen Tigar einleiten. „Das war ein Obama-Richter. Und ich sage ihnen Etwas, das kommt nicht noch einmal vor.“ Wie schon während des von Trump verhängten Einreisestopps für Muslime im Februar vergangenen Jahres, verhinderte der gleiche Gerichtsbezirk Trumps neue Einreiseverschärfung. „Bei jeder Klage, die im Neunten Gerichtsbezirk eingereicht wird, werden wir geschlagen“, erzürnte es Trump. Das Weiße Haus sprach sogar von „aktivistischen Richtern“, die eine Politik der offenen Grenzen durchsetzen wollten – gegen den Willen der Bevölkerung. Die einstweilige Verfügung Tigars bleibt mindestens bis zu einer Anhörung am 19. Dezember in Kraft.

Die Berufungsgerichte des Bundes sind in den Vereinigten Staaten auf verschiedene Gerichtsbezirke aufgeteilt. Der Neunte Gerichtsbezirk, der sich über mehrere Bundesstaaten an der amerikanischen Westküste erstreckt, ist der größte.

Bundesrichter Roberts beendete sein an Trump gerichtetes Schreiben mit einem Verweis auf die amerikanische Gewaltenteilung: „Eine unabhängige Justiz ist etwas, für das wir alle dankbar sein sollten.“ Roberts gehört dem konservativen Flügel am Obersten Gericht an.