Bestseller-Autor Jeff Kinney im AZ-Interview über "Eiskalt erwischt"

Seit 1998 entwickelt der bekannte US-Kinderbuch-Autor Jeff Kinney "Gregs Tagebuch". In der AZ sagt er, worauf es beim Kindsein und seinen Zeichnungen ankommt.
| Caroline Zimmermann
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Unbehelligt von der Klimaerwärmung: Greg und sein bester Freund Rupert geraten schneereich ins Rutschen.
Zeichnung: Jeff Kinney Unbehelligt von der Klimaerwärmung: Greg und sein bester Freund Rupert geraten schneereich ins Rutschen.

Seit 1998 entwickelt der bekannte US-Kinderbuch-Autor Jeff Kinney "Gregs Tagebuch". In der AZ sagt er, worauf es beim Kindsein und seinen Zeichnungen ankommt.

Am Montag mit der Zahnradbahn auf die Zugspitze, am Tag davor im Kino am Sendlinger Tor. Jeff Kinney besuchte seine deutschen Fans.

AZ: Herr Kinney, wie fühlt es sich an, so viele Jahre mit einem Kind zu verbringen, das einfach nicht älter wird?
JEFF KINNEY: Es ist fast 20 Jahre her, seit ich das erste Mal über Greg geschrieben habe, also fast die Hälfte meines Lebens. Aber ich habe nicht das Gefühl, über eine Figur zu schreiben. Ich schreibe über Kindheit im Allgemeinen. Und Greg funktioniert eigentlich wie ein Spiegel für Kinder. Ich hoffe, dass sie sich in seinen Erfahrungen wiederfinden.

Eine Generation Ihrer Leser ist inzwischen erwachsen.
Ja, das ist ziemlich seltsam. Ich treffe meine Leser jetzt teilweise in einem neuen, einem seriösen Kontext. Die Zollbeamten gestern am Flughafen zum Beispiel erzählten mir, dass sie mit Greg großgeworden sind. Das ist spannend, weil ich denke, dass die besten Cartoons sich über Jahrzehnte halten. Ich bin mit dieser Figur aber erst im zweiten Jahrzehnt angelangt, muss mir also weiterhin Mühe geben.

Hatten Sie schon eine mehrteilige Serie im Sinn, als Sie anfingen, über den "feigen Jungen", wie er im Original heißt, zu schreiben?
Nein, ich hatte ganz andere Pläne. Ich wollte ein Buch schreiben, das sich über ein Schuljahr im Leben eines Jungen erstreckt. Außerdem sollte es für Erwachsene sein. Sie sollten es lesen und sich an ihre Kindheit erinnern. Mein Verleger hat dann entschieden, eine Kinderserie daraus zu machen.

Waren Sie gleich damit einverstanden?
Keineswegs. Ich wusste, dass Greg ein unzuverlässiger Erzähler ist und dass ein wesentlicher Teil des Humors über Ironie funktioniert. Man braucht schon eine gewisse Tiefe, um ihn zu verstehen. Ich war mir nicht ganz sicher, ob Kinder verstehen würden, dass Greg keine Vorbildfunktion hat.

Welchen Charakterzug von Ihnen haben Sie Greg mitgegeben?
Unvollkommenheit. Er ist auf jeden Fall kein Held. Er ist auch kein Rebell, sondern eine Ansammlung von charakterlichen Mängeln, die ich als Kind hatte und als Erwachsener immer noch habe. Ich finde es toll, dass Kinder, die über Greg lachen, in Wirklichkeit über sich selbst lachen.

Das "Time Magazin" zählt Sie zu den 100 einflussreichsten Personen der Welt. Was bedeutet Einfluss in diesem Zusammenhang?
Als das passierte, war ich ziemlich geschockt. Ich hatte gerade erst angefangen zu schreiben und fand diese Idee sehr unausgereift. Ich glaube aber, damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass dieses Buch eine Menge Kinder erreicht und viele Kinder fürs Lesen begeistert. Wenn man bedenkt, dass jetzt um die 200 Millionen dieser Bücher weltweit gedruckt werden, ist das schon in Ordnung.

Fühlen Sie sich für all diese Kinder verantwortlich? Ja, wenn es um die Qualität und den Humor der Bücher geht. Ich bin mir darüber bewusst, dass das nächste Buch, das ich schreibe, von Millionen von Kindern gelesen wird, selbst wenn es furchtbar ist.

Kommt Humor durch das Zeichnen besser zur Geltung als durch die geschriebene Sprache?
Ich weiß nicht, ob es eine einfache Antwort darauf gibt. Aber wenn ich anfange, an den Büchern zu arbeiten, denke ich zuerst an den visuellen Teil. Ich denke mir einen Gag aus und stelle mir vor, wie die erste Seite aussieht. Dann schreibe ich das Manuskript und erst zum Schluss illustriere ich das Buch.

Wenn Sie ein Buch für Erwachsene schreiben würden, wovon würde es handeln?
Es wäre ein Sachbuch, am liebsten etwas über den technischen Fortschritt oder einen Drehbuchratgeber. Es wäre nicht fiktional, weil mich Erwachsenenprobleme nicht interessieren. Mich interessiert dieser sichere Raum am Ende der Kindheit, kurz bevor es ins unübersichtliche Erwachsenensein übergeht. Lesen Ihre Söhne Ihre Bücher? Ja, wir hatten eine Familientradition: Wenn ein neues Buch erschien, lagen wir im Bett und lasen es gemeinsam. Aber jetzt sind sie leider zu groß dafür.

Was wünschen Sie Kindern, die heute aufwachsen?
Empathie. Sie sollen freundlich und empathisch sein. Ich glaube, gerade in Amerika kommen diese Qualitäten zu kurz. Und ich würde mich Freude, wenn die nächste Generation dagegen rebelliert.


Der 13. Band: „Gregs Tagebuch - Eiskalt erwischt“ (Baumhaus Verlag, 224 Seiten, 14,99 Euro)

 

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