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Dodge Challenger SRT Hellcat Redeye: Kann vor Kraft kaum fahren

Foto: Fabian Hoberg

Autogramm Dodge Challenger SRT Hellcat Redeye Tier gewinnt

Wie kann man eine Muscle-Car-Marke zu neuem Glanz verhelfen? Am besten mit einer Leistungseskalation: 808 PS grollen unter der Haube des Dodge Challenger Hellcat Redeye. Jede Ausfahrt ist ein Ritt auf der Kanonenkugel.

Der erste Eindruck: Warum nennt ein Hersteller sein Fahrzeug "Rot-Auge"? Vielleicht, weil bei der Beschleunigung die Äderchen im Augapfel platzen - das könnte beim Dodge Challenger SRT Hellcat Redeye durchaus passieren. Mit 808 PS ist er das stärkste Muscle-Car der amerikanischen Marke und kann vor Kraft kaum fahren.

Das sagt der Hersteller: Der Dodge Challenger der dritten Generation wird seit mehr als zehn Jahren nahezu unverändert gebaut. Sein schlichtes Rezept: schiere Power. "Die Fans unserer Marke sind leistungshungrig", sagt Steve Beahm, Mopar-Chef in den USA. Mopar steht für Motor Parts und gilt als Service-, Teile- und Tuningsparte innerhalb des Konzerns Fiat Chrysler Automobiles (FCA), zu der auch Dodge gehört. In der Ursprungsepoche der Muscle-Cars, den Sechzigerjahren, wurden alle Kraftpakete der Konzernmarken Dodge, Plymouth und Chrysler unter dem Mopar-Label zusammengefasst.

Seit einiger Zeit schon bemüht sich Chrysler, den Nimbus der Tuningtochter wiederaufleben zu lassen, mit einer Leistungseskalation nach der anderen. 852 PS entlockten die Ingenieure dem V8-Hemi-Triebwerk für die auf 3.300 Exemplare limitierte Challenger-Variante namens Demon (in den Siebzigerjahren gab es bereits ein kleines Dodge-Muscle-Car mit dem Namen). Seit dem Produktionsende des Demon mussten sich Fans mit der schwächeren 717-PS-Version Hellcat abfinden. Untragbar für Steve Beahm. "Der Redeye bekommt mehr Leistung, aber auch mehr Technik für ein besseres Fahrverhalten", sagt er. Dazu zählt eine breitere Spur unter der Wide-Body genannten breiteren Karosserie. Außerdem sollen eine Felgenbreite von 11 Zoll und 305er-Reifen rundum für eine bessere Traktion sorgen.

Der 6,2-Liter-V8-Hemi des Hellcat bekommt vom Demon einen größeren Kompressor, stärkere Pleuel und Kolben, einen neuen Ventiltrieb und mehr Sprit durch eine stärkere Kraftstoffversorgung. Den Leistungsverlust begründet Beahm mit der geänderten Ansaugluft-Führung. Obwohl der linke innenliegende Scheinwerfer einem Ansaugtrichter für den Luftfilter weichen musste, die rechte Leuchte einem Lufteinlass für den Kompressor Platz machen musste und eine fette Hutze auf der Motorhaube den Motor ebenfalls mit Luft versorgt, wird er im Vergleich zum Demon leicht gedrosselt

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Dodge Challenger SRT Hellcat Redeye: Kann vor Kraft kaum fahren

Foto: Fabian Hoberg

Das ist uns aufgefallen: Gedrosselt oder nicht - die 808 PS sind kaum zu beherrschen. Aus dem Stand geht es beim Kickdown und der schnell schaltenden Automatik in 3,4 Sekunden auf 60 Meilen pro Stunde (96,6 km/h), die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 327 km/h. Ein kurzes, unbedachtes Antippen des Gaspedals reicht, schon schaltet die Achtgang-Automatik einen Gang runter und das Heck bricht bei der Fahrt aus. Auf trockener Straße. Nur mit Mühe fängt das ESP das Heck wieder ein - schnelles Gegenlenken des Fahrers ist deshalb von Vorteil.

Es ist ein Muscle-Car im klassischen Sinne, bei dem nur eine Zeit zählt: die auf der Viertelmeile. Hier brennt der Dodge 10,8 Sekunden auf den Asphalt, hat am Ende 211 km/h auf dem Tacho. Damit liegt er nur 1,15 Sekunden hinter dem stärkeren Demon. Extra für den Dragstrip gedacht: Das Programm "Line Lock". Es blockiert die Vorderräder und die Piloten können die Hinterreifen per Burnout vor dem Viertelmeile-Rennen aufwärmen.

Auf öffentliche Straßen kleben die Pirelli-Reifen allerdings weniger gut. Ohne elektronische Unterstützung rutscht der Hecktriebler unsensiblen Gasfüßen noch bei Tempo 100 quer zur Fahrbahn weg. Auch in Kurven neigt sich der Zweitürer leicht zur Seite, drängt unter Volllast mit dem Heck nach außen. Auf den ersten paar Kilometern macht das Spaß, ja sogar süchtig. Doch nach zwei Stunden lässt der Spieltrieb nach und es wird anstrengend. Der Fahrer muss höllisch aufpassen und darf das Gaspedal lediglich streicheln, um nicht durchdrehende Reifen und einen Eiertanz zu provozieren - vor allem auf Landstraßen kann das schnell gefährlich werden.

Dagegen hilft die Drosselung des Motors. Per Tastendruck im Info-Display ändert der Dodge das Programm des Steuergeräts, verstellt Zündung und Einspritzung, dass der V8 mit 500 PS auskommen muss. Außerdem gibt es für den Dodge zwei Schlüssel: Beim Roten im Zündschloss steht die volle Leistung zur Verfügung, beim Schwarzen sind es nur 500 PS.

Durch die vier verschiedene Fahrmodi Track, Sport, Custom und Auto ändern sich Lenkwiderstand, Getriebeverhalten, Dämpferabstimmung und Gaspedalannahme. Zumindest in den Modi Custom und Auto wird der Redeye dann etwas zahmer, fährt sich wie ein gemütlicher Grand-Tourer auch über Landstraßen. Ohne Stress und Hetze können die Insassen dann das weiche und dicke Baseballhandschuh-Leder mit den breiten Nähten genießen, sich über die Karbon-Einfassung am Armaturenbrett und die Alu-Schalter freuen. Nur der massive Automatik-Hebel und der harte Kunststoff an der Türverkleidung wirken billig.

Wie auch der Sound: Im Schiebebetrieb bollert der Motor basslastig künstliche Fehlzündungen im Auspuff nach - besonders auffällig ist das beim Ausrollen an eine Ampel. Selbst Muscle-Car-verwöhnte Amis schauen dann ängstlich. Wer in einem Hellcat sitzt, benötigt ein breites Ego.

Das muss man wissen: Der normale Dodge Challenger fällt in den USA im Straßenverkehr kaum auf. Das Coupé mit 309 PS und V8 gibt es ab 27.295 US-Dollar. Die SRT Hellcat mit 727 PS kostet 61.745 US-Dollar, der Hellcat Redeye mindestens 72.745 US-Dollar. In Deutschland gibt es das Coupé offiziell nicht zu kaufen, dafür über Import-Händler, die auf US-Cars spezialisiert sind.

Man muss schon zweimal und sehr genau hinschauen, um die Unterschiede zu erkennen. Beim Redeye zerklüften die Beatmungslöcher für den Motor die Front. Frontspoiler, Diffusor und ein Heckspoiler sollen für mehr Abtrieb sorgen. Fans der Marke erkennen das Modell auch an den roten Augen in den seitlichen Logos mit der brüllenden Katze.

Das werden wir nicht vergessen: Das permanente Singen des Kompressors, kombiniert mit dem Bollern des V8. Beim Kickdown aus 120 km/h markieren die Reifen immer noch zwei schwarze Striche auf dem Asphalt. So viel unkontrollierte Kraft auf einer Achse, die permanent irgendwo hin will, gibt es selten. Der Redeye ist laut, stark, böse und total unvernünftig - und gerade deshalb faszinierend. Die Hände und Füße kribbelten jedenfalls nach dem Aussteigen noch eine ganze Weile nach.

Hersteller:Dodge
Typ:Challenger SRT Hellcat Redeye
Karosserie:Coupé
Motor:V8-Benziner mit Kompressor
Getriebe:Achtgang-Automatik
Antrieb:Heck
Hubraum:6.200 ccm
Leistung PS:808 PS
Leistung kW:594 kW
Drehmoment:959 Nm
Von 0 auf 100:4 Sek.
Höchstgeschw.:327 km/h
Kofferraum:459 Liter
Gewicht:2.019 kg
Maße:5027 / 1448 / 1923