Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Bauer mit seinem Rind ... Okay, das Goethe-Zitat stimmt nur in Teilen, aber die Reiterei ist eine der absoluten Neuerungen des „Landwirtschafts-Simulators 19“. Auf wild galoppierenden Pferden wie dem schwarzen Ikarus erkunden Sie hoch zu Ross die schicke Landschaft im neuen „LS 19“.
Doch der heiße Ritt ist kein Selbstzweck: Mit den Faktoren Fitness, Gesundheit und Sauberkeit steigern Sie den Wert Ihres Gauls und machen anschließend mitunter ein dickes Geschäft.
Allerdings: Der täglich nötige Ritt dauert schon ein Viertelstündchen, anschließend müssen Sie den Klepper striegeln und füttern – Reiten ist eben nicht nur ein Heidenspaß, sondern auch echt harte Arbeit.
Putzig: So knackig die Luxus-Vierbeiner aussehen, so realistisch die Animationen wirken, so putzig ist es, wenn die Hottemäxchen an einem Hindernis hängen bleiben. Dann nämlich hängen sie in der Luft und strampeln mit den Hufen. Das ist zwar unrealistisch, aber eher witzig als nervig. „Computer Bild Spiele“ hat das Spiel getestet.
Wau, ein Hund!
Weiterer neuer Nachbar im „LS 19“: der Hofhund. Wenn Sie eine Hundehütte bauen, kommt ein kleiner Kläffer auf Ihren Hof. Das hat zwar spielerisch kaum Bewandtnis, aber es lässt einfach das Herz aufgehen, wenn sich der kleine Racker bei Streicheleinheiten auf dem Rücken rekelt oder seinen Futternapf mit Verve leert.
Und wenn dann noch nach zig Versuchen das Ballhol-Spiel funktioniert, weiß der Bauer, dass das Glück nicht nur auf dem Rücken der Pferde liegt. Und so bekommen Schweine, Kühe, Schafe und Hühner echt tierische Gesellschaft!
Nur gut für die Pferde, dass Entwickler Giants Software auch an neue Fruchtsorten gedacht hat: Das sind nämlich Hafer sowie Baumwolle. Hafer dient ja bekanntlich als Futter für Tiere, ist also nicht ganz unwichtig für das neue Spiel.
Eindrucksvoll dagegen die Baumwollernte: Das liegt zum einen an den riesigen Anbauflächen auf der amerikanischen Karte Ravenport, zum anderen an den imposanten Baumwoll-Erntern, zum Beispiel von Case IH. Die knallroten Monstren sehen nicht nur gut aus, sondern dank ihnen dauert das Baumwollen-Ballen-Herstellen nicht „stundenlang“.
Doch wenn die weißen Quader auf dem Feld liegen, ist die Arbeit noch lange nicht zu Ende: Denn dann braucht der Video-Bauer eine Mords-Zugmaschine sowie den passenden Anhänger. Mit dem fährt der Landwirt, so er rückwärtsfahren kann, mit dem Ungetüm an den Ballen heran.
Steht das Gespann richtig, zieht der Anhänger den Ballen wie von Geisterhand auf die Ladefläche. Jetzt nur noch kurz durch die halbe Stadt zur Spinnerei – klingt spannend, ist es auch. Denn das riesige Fahrzeug ist fast zu groß für die Stadt, immer wieder muss der Bauer auf dem Bock rangieren, anderen Autos ausweichen. Kein Wunder, dass da mal der ein oder andere Stau entsteht. Fest steht: Baumwolle bringt neue Aspekte und Anforderungen ins Spiel.
Kalken und Unkraut
Das bringt auch das neue Thema „Kalken und Unkraut“: Denn nach jeder dritten Ernte sollte man Kalk streuen, um den Ertrag zu erhöhen. Und der Kampf gegen Unkraut funktioniert jetzt auf zwei Arten. Ist die Schädlingspflanze noch nicht zu groß, funktioniert die Bekämpfung mit dem Striegel, später muss die chemische Keule, die Feldspritze, ran. Letzteres mag zwar ökologisch bedenklich sein, sieht aber im Spiel echt eindrucksvoll aus und macht deswegen trotzdem Spaß.
Das trifft auch auf den modifizierten Mehrspielermodus zu. Denn nun hat jeder Spieler sein eigenes Konto. Dadurch kann man sich weiter zusammenschließen und kooperativ arbeiten. Andere Möglichkeit: Jedermann schaut auf seinen eigenen Hof und achtet nur darauf, der dickste Bauer mit den dicksten Kartoffeln zu sein, sprich: der reichste Agrarökonom!
Spannend ist in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeit, als reiner Lohnbauer zu spielen. Sie erledigen bestimmte Aufträge mit Ihren eigenen Maschinen und verdienen so Ihr Geld. Nachteil: Sie sind natürlich auch auf das Wohl und Wehe der Auftraggeber angewiesen. Im Mehrspielermodus kommt es enorm auf eine gute Kommunikation an.
Zarte Worte sind also gefragt. Und wenn Sie als Helfer das Ladefahrzeug fahren, während Ihr Kollege den Ernter steuert und die Ladefläche mit seinem Rohr füllt, dann bringt diese erfolgreiche Zusammenarbeit schon ein tolles Gefühl der Befriedigung. Ein Gefühl, das im Solo-Modus nicht aufkommt.
John Deere und zig andere Marken
Absoluter Star des Spiels ist die neue Marke mit ihren Treckern: John Deere ist jetzt ebenfalls mit seinen grün-gelben Kolossen enthalten - Traktoren, die jeder kennt und von denen jeder träumt. 2019 ist der Fuhrpark des Spiels der größte der Serie und enthält mehr als 300 Fahrzeuge und Gerätschaften.
Namhafte Marken wie New Holland, Fendt (siehe Foto), Krone oder Deutz-Fahr sind liebevoll und detailliert nachgebildet und sehen toll aus. Auch ein großer grafischer Sprung gegenüber dem Vorgänger lässt sich in der 19er-Version verdeutlichen. Denn wo im 17er die Farben recht matt wirkten, glänzen Fahrzeugdächer beispielsweise in der Sonne und sehen wirklich echt aus.
Aber: Zwar werden die Reifen bei Fahrzeugbenutzung dreckig, ein echtes Schadensmodell gibt es aber nicht. Das ist zum einen der Jugendfreigabe geschuldet, denn der Treckerfahrer kann auch keine Tiere und Menschen überfahren, zum anderen liegt der Fokus des Spiels eben nicht auf einer Fahrsimulation.
Und dennoch lassen sich die Fahrzeuge gut steuern. Wenn doch mal ein Trecker oder Hänger umfällt, ist es zumeist auch möglich, das Fahrzeug wiederaufzurichten, indem man vor- und zurückfährt und es sich wie ein Käfer auf dem Rücken zurückkämpft.
3-D-Fahrzeugshop
Richtig tippi-toppi wirken all die Fahrzeuge, wenn sich der Spieler die Maschinen individuell zurechtmacht. Diese Möglichkeit bietet der neue 3-D-Fahrzeugshop. Hier peppt der Bauer seine Fahrzeuge nicht nur optisch auf, sondern kann sie auch technisch verändern – neue Motoren, neue Gewichte, alles kein Thema!
Und wenn der John Deere plötzlich mit Mega-Zwillingsreifen durch die Gegend rollt, ist das schon eindrucksvoll. Auch wenn man sich bei der Mega-Marke vielleicht nicht an die Änderung der traditionellen Farben traut, so verbringt man hier gern mal ein Stündchen, ohne dass man merkt, wie schnell die Zeit vergeht und dass es draußen regnet.
Apropos Wetter: Auch hier hat sich der „LS“ verbessert: Dunkle Wolken kündigen Regen und Gewitter an, Sonnenstrahlen blenden förmlich das Auge des bäuerlichen Gamers. Und all die Fahrzeuge, Gebäude und Ländereien sehen optisch einfach top-notch aus. Wenn dann plötzlich Vogelschwärme über das Feld flattern, wirkt der „Landwirtschafts-Simulator 19“ wesentlich dynamischer als alle Spiele der Reihe bisher. Lediglich die weiter fehlenden Passanten könnte der Spieler in dieser Hinsicht vermissen.
Zwei Karten
All das bäuerliche Treiben steigt auf zwei Karten – Felsbrunn und Ravenport. Felsbrunn wirkt wie eine verschlafene Kleinstadt im Alpenvorland mit Bahnanbindung und sogar Hafenanbindung. Im Fokus der landwirtschaftlichen Betriebe stehen hier Weizen, Gerste, Kartoffeln und Sonnenblumen, aber auch Viehwirtschaft funktioniert gut.
Ravenport liegt an der Westküste der USA, hält für guten Absatz ebenfalls Bahn und Hafen bereit und bietet sich für den Anbau von Raps, Mais, Soja und Baumwolle an. Beide Karten spielen mit den passenden Klischees (deutsche Burgen, amerikanische Flaggen usw.), sehen wirklich nett aus und bieten viele kleine Details.
Farmbau und C64-Version
Wem das alles nicht genug ist, wem es nicht reicht, mit einer Grundausstattung zu starten, der startet ins Spiel mit dem neuen Farmbaumodus. Hier kauft man nicht wie bisher einzelne Felder, sondern Grundstücke, die Platz bieten für Felder, Wälder und Gebäude. Ob mächtige Ponderosa mit Kühen und Riesensilos oder die heimelige Alm von der Resi mit großen Holzbalken und kleinen Schweinen – alles ist möglich.
Allerdings ist dieser Modus nur erfahrenen Landwirtschafts-Simulierern zu empfehlen, Anfänger sollten tatsächlich bei den Tutorials beginnen. Denn die vielen verschiedenen Bewirtschaftungsmöglichkeiten erfordern nicht nur viel Geduld, sondern auch echtes Wissen – der „Landwirtschafts-Simulator“ ist eine Wissenschaft für sich. Denn für den Anbau einer bestimmten Fruchtsorte braucht es eben auch bestimmte Fahrzeuge und Gerätschaften.
Und ein kleiner Bauer hat eben nur einen bestimmten Etat zur Verfügung, kann sich nicht jeden Herzenswunsch erfüllen. Natürlich gibt es Banken für Kredite, aber der Unternehmer muss eben auch wissen, welche Geräte er überhaupt braucht.
Aber: Auch hier leistet Entwickler Giants gute Arbeit, hat ein umfangreiches Glossar ins Spiel integriert. Und dennoch: Sind die ersten Felder bestellt, so fragt sich der Neu-Bauer sicher, was jetzt zu tun ist. Falls er mal nicht weiß, was als Nächstes ansteht, kann er auch Aufträge fremder Bauern annehmen, um so Geld zu verdienen, um dieses später in den eigenen Hof zu investieren.
Kleiner Witz am Rande: Es gibt auch eine C64-Version, die der Collector’s-Edition als emulierte PC-Version beiliegt. Den ursprünglichen Aprilscherz haben die Entwickler jetzt tatsächlich umgesetzt.
Der Emulator bietet einen roten Traktor (Case IH Magnum) mit Pflug, einen grünen Traktor (Fendt 700) mit Sämaschine, einen blauer Traktor (New Holland T7) mit Anhänger und einen grünen Mähdrescher (John Deere T560) – im krassen Pixel-Look. Ein charmanter Spaß und ein Hinweis, wie gut sich Spiele seit den 80er-Jahren entwickelt haben – nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.
Trailer zum Fuhrpark
Der diesjährige Ableger soll vor allem mit seiner großen Auswahl an Landmaschinen, Traktoren, Anhängern und zahllosen weitere Werkzeugen für den erfolgreichen Ackerbau überzeugen. Die stammen allesamt von namhaften Herstellern. Über 100 offizielle Partner kooperieren mittlerweile mit Giants Software, um ihre Maschinen in die virtuelle Bauernsause implementieren zu lassen.
Dazu gehören Case IH, New Holland, Challenger, Fendt, Massey Ferguson, Valtra, Krone, Deutz-Fahr – und seit Neuestem auch John Deere. Wer bei diesem Ausblick bereits freudig mit den Füßen scharrt, bekommt jetzt einen kleinen Vorgeschmack auf die riesige Auswahl an Fahrzeugen. Ein Trailer gewährt einen Blick in die Garage des „Landwirtschafts-Simulators 19“. Sie finden das Video oben.
Fazit: Mit all seinen Fahrzeugen und Geräten, mit all den Tieren, Fruchtsorten, Anbau- und Pflegemethoden ist der „Landwirtschafts-Simulator 2019“ ein Monster von Spiel. Neue Dinge wie die Marke John Deere, die süßen Pferde, der neue Mehrspieler-Modus oder die neuen Karten Felsbrunn und Ravenport begeistern.
Der „Landwirtschafts-Simulator 19“ hat also weitere Riesenschritte gemacht. Hier kann jetzt wirklich jeder Spieler tun, was er will, wenn er die nötige Geduld aufbringt. Denn: Wo andere Games auf Dynamik und Action setzen, dauert hier alles seine Zeit. Denn ein Feld ist nun mal nicht in drei Minuten bestellt.
Außerdem überzeugt die 2019er-Version grafisch und atmosphärisch noch mehr als alle Vorgänger zusammen. Alles wirkt lebendiger, die Fahrzeuge wirken noch detaillierter. Dass der Fuhrpark größer geworden ist, überrascht wenig, überzeugt umso mehr.
Und kleine Realismus-Pannen nerven nicht, im Gegenteil, sie amüsieren. Und so mutiert der „LS 19“ nicht nur zum Verkaufsschlager, sondern er wird auch die Spieler begeistern. Wie Goethe seine Leser.
Stärken: John-Deere-Lizenz, Grafik verbessert, neue Fruchtsorten und Tiere
Schwächen: Manche Tätigkeiten zu monoton, Einstieg für Anfänger schwierig
Testnote: gut (2,1)
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Erscheinungstermin: 20. November 2018 für PC, PS4 und Xbox One.
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