Zwei Überschläge, dazu ein kleines Feuer im Heck. Der Arbeitstag von Nico Hülkenberg beim Großen Preis von Abu Dhabi endete spektakulär. Glücklicherweise verließ der 31-jährige Pilot das Cockpit nach seinem Unfall in der ersten Runde unverletzt; allerdings erst nach einigen Minuten in unbequemer Position. Nach dem Rennen entbrannte deshalb eine Diskussion über den Cockpitschutz Halo.
„Ich hänge hier wie eine Kuh, ich kann nichts machen. Holt mich aus diesem Feuer raus! Es brennt“, funkte Hülkenberg kurz nach der Kollision mit dem Haas-Wagen von Romain Grosjean kurz nach dem Start.
Hülkenbergs Renault hatte sich nach der Berührung mit dem Vorderrad des Franzosen zweimal überschlagen und war an der Leitplanke liegen geblieben. Der Deutsche hing kopfüber in seinem Gurt, aus dem Heck loderten kleinere Flammen.
Zwar gab Hülkenberg per Funk umgehend Entwarnung, dass ihm nichts Dramatisches passiert sei, doch es dauerte gefühlt eine Ewigkeit, ehe der Renault-Pilot seinen Wagen verlassen konnte. Knapp vier Minuten brauchten die Streckenposten, die das Feuer geistesgegenwärtig gelöscht hatten, um das zerstörte Auto auf die Räder zu stellen und Hülkenberg aus dem Auto zu helfen.
Hülkenberg spricht von „unbequemer Situation“
„Es war eine unbequeme Situation. Ich habe noch ein kleines Feuerchen hinten am Auto gehabt. Die Gase steigen natürlich ins Cockpit, und das Atmen wird schwierig, nicht angenehm“, schilderte Hülkenberg bei RTL die Momente nach dem Unfall. Nach dem obligatorischen Besuch im Medical-Center hatte er das Rennen ab der 55. Runde vom Streckenrand aus verfolgt. Die Rennleitung untersuchte umgehend den Vorfall, wertete ihn als Rennunfall und verzichtete auf Sanktionen.
Ein Grund, warum der gebürtige Emmericher seinen Boliden nicht verlassen konnte: der Cockpitschutz Halo. Der sogenannte Heiligenschein versperrte Hülkenberg den Weg aus dem Wageninneren. Laut Hülkenberg sei nur eine etwa 30 Zentimeter große Lücke zum Ausstieg frei gewesen.
Hülkenberg – bekennender Kritiker des Halo-Systems – beschwerte sich im ersten Moment jedoch nicht über die Sicherheitsvorkehrung. „Ich habe nicht über Halo nachgedacht. Es ging alles relativ schnell. Es überwiegt der Ärger und Frust darüber, dass das Rennen so früh zu Ende war“, sagte er.
Wolff und Rosberg fordern Nachbesserung
Dafür legte Toto Wolff den Finger in die Wunde. „Was mich an der Sache zwickt, ist, dass er nicht aus dem Auto gekommen ist. Man hat hinten die Flammen gesehen. Wenn da einmal wirklich etwas passiert, dann müssen wir ein System entwickeln, wie man aus dem Auto rauskommt“, forderte der Mercedes-Teamchef. Ein nachvollziehbarer Kritikpunkt. Bei einem größere Feuer wäre die Situation für Hülkenberg womöglich heikel geworden.
Rennleiter Charlie Whiting hielt dagegen: „Halo ist auf solche Zwischenfälle zugeschnitten. Wenn das Auto kopfüber liegt, dann bekommt der Fahrer so etwas mehr Platz (über dem Cockpit; d. Red).“ Das Problem: Hülkenbergs Renault lag in Abu Dhabi derart ungünstig, dass der Halo eher hinderlich erschien. Mögliche Kopfverletzungen hatte bei den Überschlägen der Überrollbügel abgewehrt.
Nico Rosberg sieht zumindest Verbesserungspotenzial bei dem in diesem Jahr eingeführten System. „Wir wissen ja, dass das die Schwachstelle ist, die einzige Schwachstelle des Halo. Grundsätzlich ist es natürlich viel besser, aber da muss man schon noch einmal draufschauen“, betonte der Ex-Weltmeister, der als Experte vor Ort war.
Beim Rennen in Spa-Francorchamps Ende August hatte das Halo-System seinen eigentlichen Nutzen unter Beweis gestellt. Damals war Fernando Alonsos McLaren über den Sauber von Charles Leclerc geflogen. Wie geplant, schützte der Sicherheitsbügel den Kopf des Franzosen.
Bei Hülkenberg war die Lust auf packende Überholmanöver trotz des Unfalls übrigens schon kurz nach Rennende wieder spürbar. „Mir graut es immer vor dem Winter“, sagte er mit Blick auf die „viele Freizeit“. Einziger Trost: In gut 100 Tagen beginnt in Australien die neue Saison.