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Fahrberichte & Tests Neue B-Klasse

Das meist unterschätzte Modell von Mercedes

Neue Mercedes B-Klasse Neue Mercedes B-Klasse
Das Wort "Rentnerauto" hört Mercedes sehr ungern für seine B-Klasse. Auch die dritte Generation (Start März 2019) sieht nicht sportlich aus, aber auch nicht bieder
Quelle: Daimler
Die B-Klasse ist erfolgreicher, als die meisten denken. Damit das auch in der dritten Generation so bleibt, haben die Ingenieure nicht nur Neuerungen eingebaut, sondern zwei Eigenschaften beibehalten.

Ist das jetzt eine Spitze gegen BMW, oder ist das nur Zufall? Jedenfalls sagt Jörg Bartels, der Ingenieur, der bei Mercedes für alle kompakten Modelle verantwortlich ist, am Ende seines Vortrags zur neuen B-Klasse einen schönen Satz: „Die neue B-Klasse ist mehr als ein Familienauto, sie ist der einzig wahre Sportstourer.“

Zugegeben, wer bei BMW nachschaut, sieht, dass der Kompaktvan, der da im Programm ist, 2er Active Tourer heißt, sodass Bartels erst einmal seine Hände in Unschuld wäscht, was eventuelle Vorwürfe wegen vergleichender Werbung angeht. Andererseits ist doch klar, gegen welche anderen Autos sich die B-Klasse vor allem stellt: natürlich gegen den ebenfalls frontgetriebenen 2er Active Tourer und auch gegen den VW Golf Sportsvan.

Mit ihnen teilt er die Idee, dass auf Basis einer kompakten Schräghecklimousine ein geräumigeres Modell mit etwas höherer Sitzposition entsteht, ideal für junge Familien und ältere Paare. Mercedes hatte diese Idee zunächst für die A-Klasse selbst gepachtet, doch als 2012 die A-Klasse in ihrer heutigen Form erschien, pries man ihren treuesten Altkunden den Aufstieg in die größere und teurere B-Klasse als Alternative an.

Vor allem im Cockpit wurde die neue B-Klasse entstaubt und mit dem neuen Bediensystem MBUX ins Hier und Heute geholt
Vor allem im Cockpit wurde die neue B-Klasse entstaubt und mit dem neuen Bediensystem MBUX ins Hier und Heute geholt
Quelle: Daimler

Laut Jörg Bartels ist diese Strategie aufgegangen, und überhaupt sei die B-Klasse niemals ein Sorgenkind gewesen. Das Auto fliegt ein bisschen unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung, doch es hat in nur zwei Generationen seit 2005 das Kunststück vollbracht, mehr als 1,5 Millionen Käufer zu finden.

Das neue Modell soll nun auch optisch ein wenig mehr Aufmerksamkeit erregen. „Die Kunden erwarten ein dynamisches Aussehen“, sagt Jörg Bartels, „das stand ganz oben auf der Liste.“ Ja, die neue, jetzt 4,42 Meter lange B-Klasse ist schon schnittiger gezeichnet als die alte, aber sie kommt – vor allem im Vergleich zur geradezu aggressiven A-Klasse – immer noch eher zurückhaltend daher.

Womit die B-Klasse immer gepunktet hat, das waren neben ihrer auffälligen Geräumigkeit (Kofferraum: 445 bis 1530 Liter) der extrem hohe Qualitätsstandard und der famose Fahrkomfort. Beides ist dem neuen Modell, das im März 2019 zu den Händlern kommt, erhalten geblieben.

Die neue B-Klasse bietet jetzt so etwas wie Agilität

Wer zum ersten Mal einsteigt in die B-Klasse, kann nur beeindruckt sein von der Anmutung des Innenraums: Zwei riesige Bildschirme beherrschen das Cockpit, einer zeigt die typischen Fahrinformationen wie Tempo, Drehzahl etc. an, auf dem anderen läuft das, was man als Infotainment zusammenfasst.

Das ist nichts Besonderes mehr heutzutage, aber die Art der Ausführung nötigt dem Probefahrer doch Respekt ab: sehr klares Design, eine Bildschirmdarstellung von höchster Schärfe, das Ganze eingebettet in ein hochwertiges Armaturenbrett mit klarer Aufteilung zwischen oben und unten, nicht nur farblich. Unten, da, wo man eher selten bis nie hinfasst, wurde harter Kunststoff verwendet, und oben ist alles in Soft-Touch ausgeführt.

Beim Anrollen mit dem vorläufigen Einstiegsmodell B 200 (163 PS, ab 31.874 Euro ) ist auch sofort der gewohnte Komfortstandard spürbar. Dieser Eindruck wird sich im Verlauf der Testfahrt noch verfestigen, doch es kommt auch etwas hinzu: Die B-Klasse bietet nun tatsächlich so etwas wie Agilität.

Der Mercedes-Van, der eigentlich kein Van sein möchte, bietet nun spürbar mehr Platz für Passagiere und Gepäck
Der Mercedes-Van, der eigentlich kein Van sein möchte, bietet nun spürbar mehr Platz für Passagiere und Gepäck
Quelle: Daimler
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In Kurven spürt man weniger Seitenneigung, auch die Tendenz zum Untersteuern ist nicht mehr so ausgeprägt. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Als sportlich ist das Fahrverhalten der B-Klasse weiterhin nicht zu bezeichnen, aber der Schuss mehr Lebendigkeit schadet dem Wohlfühlen hinterm Steuer überhaupt nicht.

Und es wäre dieses Auto kein Mercedes, wenn es nicht (gegen Aufpreis) über den normalen Fahrkomfort hinaus noch Ideen für das Wohlbefinden seines Fahrers hätte. Wie bei größeren Mercedes-Modellen kann man die Energizing-Komfortsteuerung einsetzen, um stimmungsabhängig Klimaanlage, Sitzheizung/Sitzbelüftung, Musikauswahl und die Massagefelder im Sitz zu steuern.

Neu und exklusiv für die B-Klasse ist die Energizing Sitzkinetik: Dabei werden die Positionen von Sitzfläche und -lehne regelmäßig im Millimeterbereich verändert, was die Bandscheiben entlasten und einer Ermüdung und Verkrampfung des Fahrers vor allem auf Langstrecken vorbeugen soll.

Mit „Hey, Mercedes“ weckt man jetzt auch die B-Klasse

Natürlich erhält die B-Klasse wie ihr Schwestermodell A-Klasse die neue MBUX-Funktionssteuerung. MBUX steht für Mercedes-Benz User Experience (Nutzer-Erfahrung), und das zentrale Element ist die neue Sprachsteuerung, die mit natürlicher Sprache aktiviert werden kann. Wie in der A-Klasse sagt man „Hey, Mercedes“, und dann kann man seine Wünsche äußern.

Musste man in früheren Systemen eher roboterhaft zu seinem Auto sprechen („Na-vi-ga-tion: Haupt-stra-ße drei-und-zwan-zig, Ber-lin“), so versteht ein MBUX-Auto heute ein lässig dahingeworfenes „Ich will nach Hause“ oder „Bring mich zu Mutti“ (falls Mutti in den Smartphone-Kontakten zu finden ist) oder auch höflich formulierte Sätze wie „Ich möchte bitte nach Berlin, am besten in die Hauptstraße 23“.

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Spracherkennung in der A-Klasse

Das ist ein Fortschritt, auch wenn die menschliche Kommunikation so umfassend ist, dass man ein MBUX-System schnell an seine Grenzen bringen kann, aber es lernt eben auch. Im Hintergrund werden Sprachen, Dialekte, Sprechweisen und Formulierungen regelmäßig aktualisiert – die Autoinsassen müssen sich nur der Tatsache bewusst sein, dass MBUX immer hören kann, was sie sagen.

Das ist wie bei dem Heim-Steuerungssystem Alexa von Amazon: Niemand weiß so genau, ob im Hintergrund nicht nur gehört, sondern auch zugehört wird, aber angesichts des Alexa-Erfolges scheint das auch keinen wirklich zu stören.

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MBUX wird sich mit Sicherheit bei Mercedes-Kunden durchsetzen, weil es nach einer kurzen Gewöhnungszeit einfach selbstverständlich sein wird, Sätze wie „Mir ist kalt“ zu sagen, statt selbst zum Regler der Klimaanlage zu greifen. Auf die Bequemlichkeit der Menschen war noch immer Verlass.

„Nicht jeder kauft es, aber du kriegst es, das hebt die Kompaktklasse auf ein neues Wertigkeitsniveau“, sagt Baureihenleiter Jörg Bartels, der sich „lieber nicht ausdenken möchte, wo Mercedes-Benz heute wäre, wenn wir die neue Kompaktfamilie nicht gegründet hätten.“

Handschaltung ist für die B-Klasse nicht mehr vorgesehen

Der Start 1997 mit der ersten A-Klasse war schon ein mutiger und richtiger Schritt, aber erst der Wechsel des Designs und der Strategie, auf einer neuen Frontantriebsplattform viele verschiedene Modelle wie A-Klasse, B-Klasse, GLA und CLA zu bauen, hat der Marke den Rückenwind gegeben, dauerhaft mehr als zwei Millionen Autos weltweit zu verkaufen.

An diesem Schub soll die neue B-Klasse weiter mitarbeiten, sie wird das tun mithilfe von drei verschiedenen Vierzylindermotoren. Den neuen, nur 1,3 Liter großen Benziner gibt es für B 180 (136 PS, 212 km/h, 5,6 l/100 km nach Norm) und B 200 (163 PS, 223 km/h, ebenfalls 5,6 l/100 km), für Dieselkunden stehen ein überarbeiteter 1,5-Liter- und ein neuer 2,0-Litermotor zur Verfügung.

Der Einstiegspreis für die dritte Generation der Mercedes B-Klasse liegt bei 31.847 Euro
Der Einstiegspreis für die dritte Generation der Mercedes B-Klasse (B 200 mit 163 PS) liegt bei 31.847 Euro
Quelle: Daimler

Die kleinere Maschine treibt den B 180 d an (116 PS, 200 km/h, 4,4 l/100 km), die größere gibt es im B 200 d (150 PS, 219 km/h, 4,5 l/100 km) und im B 220 d (190 PS, 234 km/h, 4,5 l/100 km). Alle B-Klassen werden standardmäßig mit Doppelkupplungsgetriebe geliefert, wobei die größeren Diesel die neuere Version mit acht Vorwärtsgängen bekommen, die anderen Modelle fahren mit sieben Gängen. Handschaltung und klassische Wandlerautomatik sind für die B-Klasse nicht mehr vorgesehen.

Der Einstiegspreis der B-Klasse liegt bei 31.847 Euro

Bei den Testfahrten haben beide Doppelkupplungsgetriebe sehr harmonisch und schnell geschaltet, der B 200 d hat mit seinem größeren Drehmoment von 320 Newtonmetern einen leicht souveräneren Eindruck gemacht als der etwas schwachbrüstigere Benziner (250 Nm). Welche Motorisierung man bevorzugt, ist am Ende sicher Geschmackssache, oder man befragt seine Ohren: Der Diesel ist akustisch schon noch präsenter als der Benzinmotor.

Wer doch mit dem B 200 d liebäugelt, weil ihm einfach an dessen besonderer Sparsamkeit gelegen ist, der kann laut Mercedes auch beruhigt sein in Sachen Stickoxidausstoß: Der 2,0-Liter-Diesel sei der weltweit erste Motor überhaupt, der die ab 2020 gültige Abgasnorm EU6 d erfülle.

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