FC Bayern:Auch Uli Hoeneß hat Fehler gemacht

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Uli Hoeneß bei der Jahreshauptversammlung im vergangenen Jahr. (Foto: dpa)

Der Bayern-Präsident hat den Umbruch im Klub unnötig verzögert. Das sollte er auf der Jahreshauptversammlung eingestehen - und sich nicht von einem 5:1 in der Gegenwart einlullen lassen.

Kommentar von Claudio Catuogno

Am Freitag auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern wird Uli Hoeneß wieder eine Rede halten. Womöglich ist er den Text in den letzten Tagen schon mal in Gedanken durchgegangen. Normalerweise hat sich der Bayern-Präsident bei diesen Gelegenheiten immer auf seine Intuition verlassen können. Aber als Hoeneß das zuletzt versucht hat, kam diese skurrile Pressebeschimpfungskonferenz dabei heraus. Also: Wie viel Attacke muss am Freitag sein? Was verkneift man sich besser? Und: Gibt es vielleicht auch ein klitzekleines Fehlerchen, das sich einräumen ließe?

Man muss wohl vermuten: Nach dem 5:1-Sieg der Bayern am Dienstagabend gegen Benfica Lissabon hat Uli Hoeneß in Gedanken schon wieder die ein oder andere selbstkritische Passage gestrichen.

Der Blick von oben hilft manchmal, das große Ganze zu sehen. In der Bayern- Arena bedeutet oben: auf der Ehrentribüne. Die Ehrentribüne war am Dienstag erstmals seit Langem wieder ein selig machender Ort. Erstens wurde Uli Hoeneß dort nicht länger durch den Anblick von Paul Breitner belästigt - der hat bekanntlich seine Ehrenkarte zurückgeschickt, nachdem Hoeneß ihm hatte ausrichten lassen, er solle sich eine Weile nicht blicken lassen wegen seiner ewigen Bayern-Nörgeleien im Fernsehen. Und zweitens war dieses 5:1 doch eindeutig ein Kritikerwiderlegungsspiel!

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Mitten hinein in die Trübsalwochen gelingt dem FC Bayern ein 5:1 gegen Lissabon. Die Mannschaft steht vorzeitig im Champions-League-Achtelfinale - auch Trainer Niko Kovac hat seinen Anteil am Erfolg.

Aus dem Stadion von Claudio Catuogno

"Alle schweben nur noch", fand Uli Hoeneß vor einem Jahr

Arjen Robben kommt an keinem Gegner mehr vorbei? Von wegen! Gleich fünf Stück hat er doch ausgetanzt vor seinem 1:0! Franck Ribéry fehlt der Biss vergangener Zeiten? Von wegen! Auch der Franzose fügte sich ein in den Reigen der Torschützen. Und dann die herzliche Umarmung mit dem Trainer Niko Kovac nach seiner Auswechslung! War das nicht der Beweis, dass all die Berichte über ein angeblich zerrüttetes Verhältnis zwischen Kovac und einem Teil der Mannschaft nichts anderes sind als, jawohl, Fake News? Das könnte man doch jetzt wunderbar erzählen am Freitag, oder nicht?

Man lässt sich nur allzu gerne einlullen vom Zauber der Gegenwart. Uli Hoeneß kennt das - von vor einem Jahr. "Der FC Bayern ist wieder mal in einem wunderbaren Zustand", schwärmte er damals auf der Jahreshauptversammlung, alle "schweben nur noch". Er selbst "stehe hier als total zufriedener Mensch". Und dann platzierte der schwebende Hoeneß mitten hinein in eine Siegesserie erstmals die Nachricht, er halte es für denkbar, dass der kurzfristig für den entlassenen Carlo Ancelotti aus dem Ruhestand reaktivierte Jupp Heynckes noch ein weiteres Jahr Trainer bleiben wolle.

Wenn man heute, ein Jahr später, die Gründe sucht für die vielen Probleme, in denen der FC Bayern steckt, ist das ein zentraler: dass Hoeneß im November 2017 in seinem Gegenwartsglück die nötigen Weichenstellungen für die Zukunft verhindert hat. Statt frühzeitig einen Spitzentrainer mit Spitzenklubprogramm zu holen, einigte man sich kurz vor Toresschluss auf Kovac und dessen bei Eintracht Frankfurt bewährten Underdog-Fußball. Und statt, auch mit harten Schnitten, die Mannschaft zu vitalisieren, baute man einen Kader, in dem von Robben und Ribéry nun deutlich mehr abhängt, als sie noch zu leisten imstande sind. So gesehen könnte sich dieses 5:1 auch noch als Pyrrhussieg erweisen: als das nächste Umbruchverzögerungsspiel.

Bei Lichte betrachtet war am Dienstagabend eher ein Aufbäumen der alten Helden zu bestaunen als deren glorreiche Wiedergeburt. Und die Zweifel am Trainer lassen sich nach so einem Sieg zwar leugnen, aber nicht vertreiben. Vorschlag für den ersten Satz der Uli-Hoeneß-Rede: "Liebe Mitglieder, wir alle haben im letzten Jahr Fehler gemacht - auch ich."

© SZ vom 29.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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