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Panorama „Maischberger“

„Die illegale Migration nach Europa muss mit aller Härte bekämpft werden“

Das soll der Migrationspakt bewirken

Immer mehr Ländern sagen, dass sie nicht dabei sein werden, wenn der internationale Migrationspakt beschlossen werden soll. Dabei ist die Vereinbarung nicht bindend. Er soll Migration steuern, ordnen und letztlich auch begrenzen.

Quelle: WELT / Jana Wochnik

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Bei Sandra Maischberger erweist sich der UN-Migrationspakt als vielseitig interpretierbar. Klar ist nur, dass er von allen Seiten instrumentalisiert wird. Seine ursprüngliche Absicht könnte der Pakt so komplett verfehlen.

Kurz vor seiner geplanten Verabschiedung im marokkanischen Marrakesch stößt der globale Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration der Vereinten Nationen (UN) in einer wachsenden Anzahl von Mitgliedstaaten auf Zweifel oder gar offene Ablehnung. Das ist vorwiegend dort der Fall, wo – wie in Österreich, Italien, Ungarn oder den USA – Parteien und Politiker für ihre einwanderungskritische Haltung in die Regierung gewählt wurden.

Aber auch hierzulande regt sich, trotz der breiten Befürwortung seitens der Politik, Protest. Er ist mehr als nur das Ergebnis gezielter Desinformation und Hetze durch rechte Meinungsmacher. In ihm manifestieren sich ein seit 2015 verfestigtes Misstrauen gegenüber den eigenen politischen Vertretern in Sachen Zuwanderung und die Befürchtung, es könnte eine Dynamik in Gang gesetzt werden, der die Gesellschaft nicht gewachsen ist.

Ob diese Sorgen berechtigt sind und das von der UN-Vereinbarung ausgehende Konfliktpotenzial unterschätzt wurde, wollte Sandra Maischberger mit ihren Gästen klären. „Streit um den Migrationspakt: Chance oder Risiko?“, fragte die Moderatorin die Politologin Gesine Schwan (SPD), den AfD-Chef Alexander Gauland, den ehemaligen Grünen-Vorsitzenden Cem Özdemir sowie den Journalisten Claus Strunz und Manfred Weber von der CSU.

„Es wird am deutschen Recht nichts geändert“

Weber, dem als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) für die kommende Europawahl beste Chancen auf das Amt des EU-Kommissionspräsidenten bescheinigt werden, verteidigte den Pakt. „Er ist nicht perfekt, aber er ist ein Einstieg in internationale Lösungen“, resümierte der Christsoziale und betonte, dass weder die nationale noch die EU-Gesetzgebung davon tangiert würden. „Es wird am deutschen und am europäischen Recht nichts geändert“, so Weber, der sich gleichzeitig für einen umfassenden Schutz der Außengrenzen aussprach. „Die illegale Migration nach Europa muss mit aller Härte bekämpft werden“, forderte er.

AfD-Chef Alexander Gauland erkannte in dem Abkommen hingegen eine millionenfache Anstiftung, nach Deutschland zu kommen. Dass Migration als wünschenswert dargestellt, dass sie zudem einfacher und sicherer gemacht werde, bringe die Menschen dazu, „aufzustehen und diesen Weg zu gehen“. Auch in Sachen Rechtsprechung widersprach Gauland seinem Mitdiskutanten. Durch das Umsetzen des Paktes komme es allmählich automatisch zu einem Völkergewohnheitsrecht. „Hier entsteht auf eine ganz hinterlistige Weise Recht, das uns dann sozusagen auf die Füße fällt“, warnte Gauland.

Webers Einwand, dass der Migrationspakt Verpflichtungen zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität und zur Rücknahme von abgelehnten Asylbewerbern durch die Herkunftsstaaten enthalte, wollte der AfD-Politiker nicht gelten lassen. Ohnehin kristallisierte sich in der Diskussion als eine der Hauptschwächen des UN-Textes heraus, dass er sich auf viele, teils widersprüchliche Weisen interpretieren lässt.

Zwischen „Märchenstunde und Angstmacherei“

Cem Özdemir riet dementsprechend dazu, das Abkommen und seine Auswirkungen nicht zu überschätzen, besonders in Bezug auf die hiesigen Verhältnisse. „Alles, was da drinsteht, ist in Deutschland zum Teil erfüllt oder sogar übererfüllt“, konstatierte der Grünen-Politiker. Die grundsätzliche Einigung auf ein Vorgehen gegen Schlepper, Armut, Klimawandel oder Rüstungsexporte halte er allerdings für „sinnvoll und vernünftig“, fügte Özdemir hinzu.

Gerade wegen der Zweideutigkeit der Vereinbarung verlangte Claus Strunz nach Raum und Zeit für eine Diskussion, die die Politik zu lange vermieden habe. Er riet dazu, den Streit über den Migrationspakt, der gegenwärtig zwischen „Märchenstunde und Angstmacherei“ von links beziehungsweise rechts angesiedelt sei, auf breiter gesellschaftlicher Ebene zu führen und den Dezembertermin in Marrakesch verstreichen zu lassen, um gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt beizutreten. „Ich bin wirklich fasziniert, dass diese Regierung aus den letzten Jahren nichts gelernt hat, nämlich dass man genau so Politik nicht machen kann – am Bürger vorbei“, kritisierte der Journalist.

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Für die Sozialdemokratin Gesine Schwan stellt ein solcher Aufschub keine Option dar. Es sei „schwer genug gewesen“, sich international auf diese Grundsätze zu einigen, erinnerte Schwan. Auch gegen Strunz’ Vorwurf, der Migrationspakt schwanke unverständlicherweise zwischen „verpflichtend“ und „rechtlich nicht bindend“, verteidigte die Politologin den UN-Entwurf. „Wenn wir feststellen, dass die Unterschiede so groß sind, dass wir dies nicht rechtlich bindend einklagbar festlegen können, dann müssen wir gucken, ob wir ein Zwischending finden“, erklärte Schwan.

Ein moralischer und politischer Minimalkonsens also, der notgedrungen vage bleibt. Gerade dadurch könnte der Pakt in den Zielländern der Auswanderer allerdings das Gegenteil von dem bewirken, was er ursprünglich vorhatte: Migration in ein neues, ein besseres Licht zu rücken. Schließlich ist die Debatte vielerorts längst so vergiftet, dass jeder Interpretationsspielraum nur noch dazu dient, die eigenen Vorurteile bestätigt zu finden. Sandra Maischbergers Talkrunde bildete in dieser Hinsicht nur bedingt eine Ausnahme.

Nur fünf Abgeordnete der Union stimmen gegen UN-Migrationspakt

Die Fraktionen von Union und SPD haben sich mit großen Mehrheiten hinter den umstrittenen UN-Migrationspakt gestellt. Die Abgeordneten stimmten in Berlin für einen gemeinsam geplanten Entschließungsantrag zu dem Pakt.

Quelle: WELT/Michael Wüllenweber

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