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Drei Thesen zur Champions League Tuchel hat seine Stars im Griff

Der Druck war gewaltig, aber Thomas Tuchel hat seine Mannschaft gegen Liverpool taktisch und mental perfekt eingestellt. Der FC Schalke hat in Porto verloren, weil Naldo völlig außer Form ist.
Von Stephan Spiegelberg und Henrik Bahlmann
Thomas Tuchel (schwarze Jacke)

Thomas Tuchel (schwarze Jacke)

Foto: Thibault Camus/ AP

1. Tuchel ist mit PSG auch in der Champions League angekommen

Anders als in den vorhergehenden Spielen in der Champions League, als PSG nur fünf Punkte in vier Spielen sammelte, stimmte beim 2:1-Sieg gegen Liverpool bei PSG fast alles. Thomas Tuchels Taktik war variabel, mit dem Ball ließ er ein 3-1-4-2 spielen mit den drei Innenverteidigern Marquinhos, Thiago Silva und Presnel Kimpembe. Gegen den Ball rückte Marquinhos direkt aus der Dreierkette heraus und verstärkte im Pressing gegen den Ball das Mittelfeld.

Neymar (hinten) und Thomas Tuchel

Neymar (hinten) und Thomas Tuchel

Foto: FRANCK FIFE/ AFP

Aus der Dreier-Verteidigungskette wurde eine Viererkette, insgesamt ein 4-4-2. Der aus der Abwehr ins Mittelfeld stürmende Marquinhos bereitete mit einem Ballgewinn so das 2:0 von Neymar ein (37. Minute).

Neben der gelungenen Taktik hat Tuchel, der vor dem Spiel schon in der Kritik stand, sein Team auch mental perfekt eingestellt. Warf man dem Star-Ensemble in der Vergangenheit noch egoistisches Verhalten auf dem Feld vor, halfen gegen Liverpool alle Offensivspieler gegen den Ball mit. Vor dem Anschlusstreffer zwar mit eher negativen Auswirkungen, als Angel Di María Sadio Mané umgrätschte und einen Elfmeter verursachte - doch insgesamt gehörten die kämpfenden Stars zum Erfolgsrezept.

Marquinhos (vorne) und Thiago Silva

Marquinhos (vorne) und Thiago Silva

Foto: Thibault Camus/ dpa

Die Bedeutung des Siegs verdeutlichte eine Szene aus der Schlussphase: Marquinhos lief den anlaufenden Mohamed Salah ab und holte einen Abstoß heraus. Der Brasilianer feierte sich gemeinsam mit Thiago Silva, beide sprangen Brust an Brust aneinander, während Gianluigi Buffon ihnen seinen Jubel entgegenbrüllte. Als hätten sie gerade das Tor zum Gewinn der Champions League geschossen. Vor dem letzten Gruppenspieltag liegt PSG nun auf Platz zwei und steht mit einem Sieg bei Roter Stern Belgrad sicher im Achtelfinale.

2. 1001 Pässe reichen dem BVB nicht

Tausendmal gepasst, tausendmal ist nichts passiert. Tausend und einen Pass und es hat - trotzdem nicht Zoom gemacht. Da Borussia Dortmund nach Manchester City (1059 Pässe im März 2018 gegen Basel) erst die zweite Mannschaft seit Beginn der Datenerfassung 2004/05 ist, die in der Champions League über tausend Pässe gespielt hat, darf man ruhig mal Klaus Lage zitieren.

Die Borussia kam auf einen Ballbesitzwert von 73,9 Prozent, weniger als zehn Prozent des Spiels fanden im Drittel vor dem eigenen Tor statt. Der Innenverteidiger Manuel Akanji stellte mit 176 Ballaktionen einen neuen Rekord für einen Spieler eines Bundesligisten in der Champions League auf. Beeindruckende Zahlen und doch fehlte dem Tabellenführer der Bundesliga in diesem Spiel die letzte Überzeugung, unbedingt gewinnen zu wollen.

Marco Reus

Marco Reus

Foto: Bernd Thissen/ dpa

Angesichts dieser offensichtlichen Überlegenheit sind zwei Schüsse auf das Tor der Gäste, davon einen durch den bislang so treffsicheren Paco Alcácer, eine enttäuschende Ausbeute. Die größte Chance vergab Marco Reus, der in 32. Minute freistehend vor dem Tor der Belgier knapp am linken Pfosten vorbeischoss. Wenn im Dortmunder Spiel die Tiefe fehlt, hat es der Gegner trotz der Ballkontrolle der Schwarz-Gelben leicht, Torchancen zu verhindern.

3. Naldo ist nicht mehr Naldo

Er war der überragende Mann der vergangenen Saison. Mit fast 36 Jahren war Naldo der zentrale Fixpunkt des Schalker Abwehrbollwerks, wurde von der Zeitschrift "11Freunde" sogar zum Spieler der Saison gewählt.

Es scheint fast, als seien diese Zeiten Jahrzehnte her. Naldo ist inzwischen zu einem Sicherheitsrisiko in der Schalker Verteidigung geworden. So auch bei der 1:3-Niederlage beim FC Porto, der für den Einzug ins Achtelfinale keine Bedeutung hatte.

Bei zwei Toren wirkte Naldo völlig desorientiert. Hüftsteif, mit fehlendem Stellungsspiel und dazu gedanklich nicht auf Europapokalniveau. Beim 1:0 fehlte die nötige Mannorientierung, der einköpfende Eder Militao (52.) stand völlig frei. Und auch beim 2:0 sah Naldo schlecht aus: Erst ließ er sich rauslocken und wirkte dann abseits der Szenerie hinter sich, die zur 2:0-Führung für Porto führte, wie ein Zuschauer in der ersten Reihe.

Naldo (M.)

Naldo (M.)

Foto: Ina Fassbender/ dpa

Zumindest beim 3:1 war er schuldlos. Das lag aber auch daran, dass er als Stoßstürmer für den Ausgleich sorgen sollte und gar nicht mehr in der Abwehr spielte. Dass Naldo nicht die beste Form hat, war vor der Partie klar. Seine Leistung gegen Porto zeigte jedoch, dass er in der Bundesliga vorerst weiter Ersatzspieler sein wird.