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Wenn Eltern sterben

Und im Schrank steht noch das „gute Geschirr“

Redakteur
In der Küche lief im Radio immer HR4 In der Küche lief im Radio immer HR4
Die leere Küche der Kreitlings: In der Küche ist im Radio immer noch der Sender HR4 eingestellt
Quelle: Holger Kreitling
Nach dem Tod der Mutter kehrt der Sohn zurück ins Elternhaus. Er findet Schränke voller Erinnerungen, fühlt sich wieder kleiner, unbeholfener. Das Dorf, die Nachbarn erscheinen fremd. Eine Geschichte über Veränderungen – in der Familie und auf dem Land.

Mutter ist gestorben, jetzt ist sie weg. Sie lebte seit dem Tod meines Vaters vor eineinhalb Jahren alleine im Haus, in dem sie geboren wurde, nun ist es leer. Ich bin aus Berlin angereist und zwei Wochen in diesem Haus. Zwei Wochen Abschied von Mutter, von dem Haus, den Zimmern, meinem Kinderzimmer, von allem.Es ist eine gute Sache. Ich hätte bei meinem Bruder schlafen können, aber ich wollte in das leere Haus. Natürlich war ich in den Jahren immer wieder dort, meistens für ein paar Tage, nun ist es anders. Bei jedem Schritt, jedem Tritt knarren die Treppenstufen der Erinnerung, der kalte Luftzug der Vergangenheit dringt durch alle Ritzen. Das Haus ist sehr alt und krumm und deshalb zugig, ein schmales Fachwerkhaus, aber verputzt. Es steht in der Mitte unseres Dorfes im Vogelsberg in Hessen. Unten war die Drogerie meiner Mutter mit Büro, ein gewundenes Treppenhaus führt in drei Stockwerke mit Zimmern, in denen mal drei Generationen wohnten; etliche Zimmer hatten früher Waschbecken, man schlief und wusch sich dort. Jetzt nicht mehr.Und überall gibt es Sachen. Neue und alte. In den Bücherregalen stapeln sich Exemplare des Bertelsmann Leserings seit den 50er-Jahren. Es sind die gleichen, die auf den Flohmärkten überall in Buchkisten liegen, Stück ein Euro.Wir sollen uns nun überlegen, was damit geschieht. Ich schiebe das auf. Alles erscheint mir zugleich wertvoll und wertlos. Was soll ich tun, wer hilft mir, fragt das Kind in mir?

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