National League
Neue Zeitrechnung im HC Davos

Im HC Davos beginnt mit dem Ende der Ära von Arno Del Curto eine neue Zeitrechnung.

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Gaudenz Domenig, der Präsident des HC Davos, muss in den nächsten Wochen die Weichen für die sportliche Zukunft der Bündner stellen

Gaudenz Domenig, der Präsident des HC Davos, muss in den nächsten Wochen die Weichen für die sportliche Zukunft der Bündner stellen

KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER

Fürs erste sind Leitwölfe wie Marc und Dino Wieser sowie Andres Ambühl und Félicien Du Bois noch mehr gefordert. Und dann? Dem HCD droht die Rolle des Underdogs.

Zweitletzter der National League. Distanziert im Kampf um die Playoff-Plätze. Ausgeschieden im Cup gegen Rapperswil-Jona. Wie konnte es bis Ende November für den stolzen Rekordmeister überhaupt so weit kommen? Und war der Abgang von Del Curto nach 22 Jahren überhaupt noch eine Überraschung, nachdem dies der 62-Jährige seinen Spielern bereits vor dem 5:1-Sieg bei den ZSC Lions am Sonntag angedeutet hatte?

Für Marc Wieser auf alle Fälle. "Ich konnte am Dienstag nach dem Warm-up keinen Mittagsschlaf mehr machen. Meine Gedanken kreisten nur noch um den Rücktritt von Arno." Marc Wiesers Bruder Dino Wieser sprach zwar von Vorwärts-Fokussierung und Neuanfang, musste aber auch nostalgische Gefühle zulassen: "Ich hatte 14 gute Jahre unter Arno. Ich und mein Bruder Marc wurden von ihm im Alter von 16 und 18 Jahren ins Fanionteam geholt."

Auch Abwehrchef Félicien Du Bois war vom Vollzug dann doch überrascht, "vor allem auch, weil er an einem Spieltag zurücktrat." Ob Del Curtos Worte ans Team in Zürich einen Einfluss auf jenen Sieg hatten, sei für ihn rational nicht zu beantworten. "Die Leistung in Zürich war ordentlich. Das Gesamtbild stimmte aber nicht."

Zu viele von Del Curtos Anweisungen seien in dieser Saison zu oft nicht umgesetzt worden. "Das sind Fakten, die nicht für uns sprachen. Del Curto verlangte hohes Tempo, Körpereinsatz und Laufbereitschaft." Schliesslich sei auch die Wirkung der teaminternen Aussprachen ohne Anwesenheit Del Curtos nicht nachhaltig gewesen. "Wir machten in dieser Saison bislang nie mehr als zwei gute Spiele in Folge", gestand Du Bois gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Im Misserfolg "stärker aneinandergeraten"

Die Fortschritte müssten nun nachhaltiger werden. Es gebe indessen keine Gruppen im Team, "auch wenn wir stärker aneinandergeraten sind als in den anderen Saisons, in denen es besser lief. Aber ich denke, dass wir jetzt als Team eher noch mehr gekittet sind. Das müssen wir auch sein in dieser Lage."

Dass es auch Abnützungserscheinungen unter Del Curto gab, zumal dieser seinen Abgang in diversen Interviews als "ein Jahr zu spät" bezeichnete, sei nur menschlich. So urteilt Hansruedi Camenisch, der seit vier Jahrzehnten für regionale und überregionale Medien berichtet. "Dass Arnos Impulsivität dem einen oder anderen Spieler in der einen oder anderen Situation nicht gefiel, ist nachvollziehbar." Doch, dass sich Del Curto auch privat über Jahre hinweg für Spieler engagierte, war eine stets bemerkenswerte Komponente und ein nicht zu unterschätzendes Teil im langjährigen Erfolgs-Puzzle.

Nach dem Abgang von Del Curto sind nun vorab die Davoser Leitwölfe Marc und Dino Wieser sowie Andres Ambühl und Du Bois gefordert. "Wir, die wir schon lange hier sind, müssen nun den Finger rausnehmen. Es gibt nichts anderes als den Ligaerhalt", betont Marc Wieser. Ob jung und unerfahren oder routiniert und abgeklärt: Alle müssten zulegen, um den Teameffort zu steigern. "Als Spieler müssen wir das beeinflussen im Training, im Kraftraum und im Spiel", fordert Du Bois.

Du Bois' Wunsch

Die Teamverantwortlichen versuchen derweil, der Mannschaft die bestmögliche Lösung zu präsentieren. Auch der neue Mann müsse ein guter Ausbildner und Kommunikator sein. Das sind für Du Bois wichtige Basics im Anforderungsprofil. Klubpräsident Gaudenz Domenig betonte, dass er von der Mehrheit der Journalisten auf Kevin Schläpfer als Kandidat für eine schnelle oder dauerhaftere Lösung angesprochen werde. Selbst habe er unter anderem bereits eine Anfrage eines ausländischen Trainers mit Erfahrung als Nationalcoach erhalten. "Doch ich muss ehrlich gestehen, dass ich ihn selbst gar nicht kannte", so Domenig im kleinen Kreis weiter.

Nur noch Underdog?

Einer Übergangs- soll eine Dauerlösung folgen. Zum heutigen Zeitpunkt geht man davon aus, dass diese nicht identisch sein wird. Denn klar ist, dass dem Schattenwurf von Del Curto nicht zu entgehen ist. Nach diesem Schnitt könnte es sein, dass der HCD mittel- und langfristig nicht mehr über die Rolle eines Liga-Underdogs mehr hinauskommen wird.

Das Gesicht des HCD war die letzten 22 Jahre Del Curto. Und die Wahrnehmung erfolgte zuallererst über ihn. "Keine Person im Klub ist grösser als der Verein selbst", lautet eine Binsenwahrheit. Del Curtos Aura und Strahlkraft setzte sich darüber hinweg.

Ein Schlusswort von Du Bois: "Irgendwann gibt es ein Ende eines jeden Zyklus - wie sonst im Leben auch. Und jetzt ist es so mit der Ära Del Curto, der die Fähigkeiten unzähliger Spieler verbessert hat. Ihm gehört alle Anerkennung. Man darf und wird nie vergessen, was er alles geleistet hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass nochmals jemand kommt, der so lange so erfolgreich ist."