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  3. Deutsche Bank: Für Christian Sewing ist die Razzia besonders peinlich

Wirtschaft Deutsche-Bank-Chef Sewing

Für den knallharten Aufräumer ist die Razzia besonders peinlich

Staatsanwaltschaft - „Ermittlungen gegen zwei namentlich bekannte Mitarbeiter“

Ein Großaufgebot an Ermittlern hat die Räume der Deutschen Bank in Frankfurt durchsucht. Konkret wird im Moment gegen zwei Mitarbeiter ermittelt. Dazu Oberstaatsanwältin Nadja Niesen, Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Quelle: WELT

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170 Ermittler rücken bei der Deutschen Bank ein, um Unterlagen sicherzustellen. Für Institutschef Christian Sewing wird es zunehmend eng. Die Razzia kommt für ihn aus mehreren Gründen zur Unzeit.

Deutsche Bank-Chef Sewing ist abgehärtet, diesen Donnerstag wird er dennoch so schnell nicht vergessen: Stundenlang durchsuchten etwa 170 Ermittler von der Staatsanwaltschaft, dem Bundeskriminalamt, der Steuerfahndung und der Bundespolizei die Bank. Auf der Suche nach Hinweisen und neuen Indizien knöpften sich die Beamten auch die Vorstandsetage vor. Auch das Büro von Vorstandschef Christian Sewing wurde durchsucht.

Der Grund für die Polizeiaktion: Das Frankfurter Geldhaus wird der Geldwäsche verdächtigt. Es soll Kunden bei der Gründung von Offshore-Gesellschaften in Steuerparadiesen geholfen haben, hieß es bei der Staatsanwaltschaft. Dabei seien auch Gelder aus Straftaten auf Konten der Deutsche Bank geflossen.

Für Sewing, der seit April diesen Jahres das Institut führt, ist das ein schwerer Schlag. In den vergangenen Monaten hatte er alles drangesetzt, Aufbruchsstimmung zu verbreiten. Er wollte den Mitarbeitern beweisen, dass sie wieder stolz auf ihr Institut sein können. Die Razzia kommt daher zur Unzeit.

Quelle: Infografik WELT

Wieder einmal häufen sich die Probleme bei Deutschlands größtem Geldhaus: Erst vor zwei Monaten hatte die Finanzaufsicht BaFin einen Sonderaufpasser beauftragt. Er soll überwachen, dass die Deutsche Bank Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ausreichend bekämpft – ein bis dato einmaliger Vorgang in der deutschen Finanzbranche.

Bei der Deutschen Bank kann man sich den Großeinsatz nicht erklären. So betonte ein Sprecher: „Wir waren der Ansicht, dass wir den Behörden alle relevanten Informationen zu den Panama Papers bereitgestellt hatten“. Selbstverständlich werde die Bank eng mit der Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main kooperieren, da ihr daran gelegen sei, alle Verdachtsmomente aufzuklären.

Die Tatsache, dass sich die Behörden zu einer Razzia gezwungen sahen, signalisiert allerdings eher das Gegenteil: Beim Hauptquartier des Instituts in der Frankfurter Taunusanlage waren zeitweise mindestens zehn Mannschaftswagen der Bundespolizei zu sehen, zudem mehrere Zivilfahrzeuge mit Blaulicht.

Sewing dürfte sich nicht aus der Verantwortung ziehen können

Ziel der groß angelegten Aktion waren nach Angaben der Staatsanwaltschaft sechs Objekte: Geschäftsräume der Bank in Frankfurt und Eschborn sowie eine Privatwohnung im südhessischen Groß-Umstadt. Die Ermittler stellten nach eigenen Angaben zahlreiche Geschäftsunterlagen in schriftlicher und elektronischer Form sicher. Für Sewing, der sich in der Rolle des knallharten Aufräumers präsentierte, ist das alles besonders peinlich.

Und nicht nur das: Für die aktuellen Fälle dürfte er sich nicht komplett aus der Verantwortung ziehen können, schließlich war er von Juli 2015 bis zur Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden im April dieses Jahres Chef des Privatkundengeschäfts.

So sollen – über eine zur Deutschen Bank gehörenden Gesellschaft auf den Britischen Jungferninseln – allein im Jahr 2016 über 900 Kunden mit einem Geschäftsvolumen von 311 Millionen Euro betreut worden sein. Dieser Verdacht ergab sich nach einer Auswertung des beim Bundeskriminalamt vorliegenden Datenbestands der sogenannten „Offshore-Leaks“ und „Panama Papers“. Die Ermittlungen richten sich gegen zwei Mitarbeiter im Alter von 46 und 50 Jahren sowie andere bislang nicht identifizierte Verantwortliche des Unternehmens.

Police cars stand in the backyard of Deutsche Bank headquarters during a raid in Frankfurt, Germany, Thursday, Nov. 29, 2018. (AP Photo/Michael Probst)
Mehrere Mannschaftswagen der Polizei auf dem Parkplatz der Deutschen-Bank-Zentrale in Frankfurt am Main
Quelle: AP
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Bei den sogenannten „Panama Papers“ handelt es sich um vertrauliche Unterlagen, die ein internationales Recherchenetzwerk im Frühjahr 2016 aufgedeckt hatte. Darin wurde enthüllt, wie Politiker, Sportfunktionäre, Milliardäre, Prominente und Kriminelle weltweit – von der Kanzlei Mossack Fonseca gegründete – Briefkastenfirmen in Panama nutzen, um Steuern in ihren Heimatländern zu umgehen. Im Sommer 2017 teilte das Bundeskriminalamt (BKA) mit, im Besitz der Dokumente zu sein und diese auszuwerten.

Zudem ist dies nicht der einzige Geldwäsche-Verdacht, der gegenüber der Deutschen Bank gehegt wird. Auch im Zusammenhang mit dem Geldwäscheskandal bei der Danske Bank ist sie ins Visier der Ermittler geraten. Sie war bis 2015 als sogenannte Korrespondenzbank für die Dänen tätig. Über ihre Systeme sollen rund 150 Milliarden Euro an verdächtigen Geldern abgewickelt worden sein.

Deutsche Bank will für Danske-Machenschaften nicht verantwortlich sein

Die Frankfurter hatten laut eigenen Aussagen keine Kenntnis der Danske-Kunden und ihrer Machenschaften gehabt und auch nicht haben müssen. So sagte Deutsche-Bank-Vize Karl von Rohr dieser Tage der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Die Danske Bank hat die Pflicht, ihre Kunden zu kennen, denn sie pflegt den direkten Kontakt. Dänemark ist in der EU, Estland ist ein Euro-Land; da müssen wir davon ausgehen können, dass die Bank nach vernünftigen Standards geführt wird und den regulatorischen Anforderungen entspricht.“

Quelle: Infografik WELT

Für die für Regulierungsthemen zuständige Vorständin Sylvie Matherat wird es indes allmählich eng. Das „Wall Street Journal“ spekulierte in dieser Woche bereits über den vorzeitigen Abgang der ehemaligen Bankenaufseherin. Die Französin war noch zu Zeiten des in diesem Frühjahr geschassten Vorstandschefs John Cryan nach Frankfurt geholt worden.

Noch heißt es in Finanzkreisen, es stehe keine Entscheidung in Sachen Matherat bevor. Der aktuelle Fall dürfte die Personaldebatte aber weiter anheizen.

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