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Hamburg Debatte über neue Grundsteuer

„Wir machen erst den Faktencheck“

Will Klarheit für die Hamburger: Andreas Dressel, Finanzsenator Will Klarheit für die Hamburger: Andreas Dressel, Finanzsenator
Will Klarheit für die Hamburger: Andreas Dressel, Finanzsenator
Quelle: Bertold Fabricius
Welche Auswirkungen hätte das Modell des Bundes zur Grundsteuer-Neuberechnung auf Hamburg? Finanzsenator Andreas Dressel kündigt an, nachrechnen zu wollen – und verteidigt Bundesfinanzminister Olaf Scholz.

Über Jahrzehnte fiel der Begriff Grundsteuer nur in Fachgesprächen von Finanzverwaltungen – und nun, da sie nach einem höchstrichterlichen Urteil neu justiert werden muss, ist sie in aller Munde. Mitte der Woche diskutieren die Finanzminister der Länder mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) über die beiden Modelle, die Scholz vorgelegt hatte.

Grob gesagt wird bei einer Variante – die Hamburg bevorzugt – das Flächenmaß der Immobilie für die Steuerberechnung maßgeblich herangezogen. Die andere Variante sieht eine zusätzliche Orientierung an Wert und Alter der Gebäude vor. Diese könnte für Großstädte sehr nachteilig sein und zu deutlichen Mehrzahlungen für Immobilienbesitzer und in der Folge für Mieter sein, wenn nicht zeitgleich – wie von Scholz vorgeschlagen – andere Komponenten der Grundsteuer so verändert werden, dass ein annähernder Ausgleich entsteht. Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), der an den Beratungen teilnahm, will nun bis zur Entscheidung im kommenden Frühjahr genau nachrechnen.

WELT: Hamburg ist mit einer klaren Position in die Verhandlungen gegangen und wollte für die neue Grundsteuerregelung das sogenannte Flächenmodell durchsetzen. Argumentiert wird dabei mit erheblichen Mehrbelastungen für viele Hauseigentümer und Mieter, sollte das auch am Wert orientierte Modell kommen. Nun kristallisiert sich aber nach den Beratungen mit ihren Länderkollegen und dem Bundesfinanzminister Olaf Scholz gerade dieses als Favorit heraus, aber mit viel geringeren Steueraufschlägen als angenommen. Hat Hamburg auf das falsche Pferd gesetzt? Und waren die berechneten Auswirkungen übertrieben?

Andreas Dressel: Nein, überhaupt nicht. Zum einen gibt es auch unter meinen Finanzminister-Kollegen etwa in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen einige, die das Flächenmodell bevorzugen – aber es stimmt, es gibt auch andere Stimmen. Wir werden jetzt beide Modelle weiter auf Herz und Nieren prüfen und die jeweiligen Auswirkungen auf Hamburg auch anhand von Beispielrechnungen offenlegen. Daran werden wir festmachen, wo wir Änderungen einbringen wollen oder wie wir uns als Bundesland schließlich bei einer Abstimmung im Bundesrat verhalten werden.

WELT: Gibt es also noch eine Chance für den Hamburger Favoriten?

Dressel: Beide Vorschläge sind noch auf dem Tisch. Am Ende muss sich die Variante durchsetzen, die die Immobilienbesitzer und Mieter möglichst wenig belastet und die zudem auch mit Blick auf die entstehende Bürokratie für die Finanzverwaltungen, aber auch für die Bürger, zu verantworten ist. Bei der wertabhängigen Berechnung soll ein Anstieg der Grundsteuer durch das Drehen an einer anderen Stellschraube – der Steuermesszahl, die durch den Bund auf etwa ein Zehntel ihres derzeitigen Werts gesenkt werden soll – ausgeglichen werden. Wir werden jetzt sehr genau nachrechnen, ob das auch wirklich so hinkommt.

WELT: Als ob das nicht schon kompliziert genug wäre, hätte eine solche Neuregelung aber möglicherweise auch Einfluss auf die Geldflüsse im Länderfinanzausgleich, weil die Ausgangswerte für Hamburg sich durch eine mögliche Anpassung der kommunalen Hebesätze verändern könnten. Dann könnte mehr Schutz für die Mieter auch bedeuten, dass Hamburg als Land im Ausgleich der Länder schlechter wegkommt.

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Dressel: Das darf natürlich nicht passieren, sonst würde Mieterschutz im Länderfinanzausgleich bestraft werden. Ein Modell, das in relevanter Größenordnung dazu führt, kann unsere Zustimmung nicht finden.

WELT: Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) kennt doch die Hamburger Verhältnisse bestens. Hat er die Situationen in den Großstädten so schnell vergessen?

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Dressel: Nein, überhaupt nicht, dazu ist er ein viel zu kluger Politiker. Es war deutlich zu merken, dass er die Fragestellung auch aus der Metropolenperspektive durchdringt. Er muss aber auch auf die Mehrheitsfähigkeit im Bundestag und im Bundesrat achten, deswegen nutzt ihm nur die Hamburger Brille nichts.

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WELT: Wenn der Wert einer jeden Immobilie erhoben werden muss, müssen Sie Ihre Finanzverwaltung personell kräftig aufstocken.

Dressel: Da kommen wir zur wichtigen Frage der Machbarkeit – für die Verwaltung, aber auch für die Steuerpflichtigen. Je mehr an Angaben und Erklärungen abgegeben werden müssen, desto aufwendiger und streitanfälliger wird das ganze System. Außerdem läuft das bisherige System ja eine Übergangszeit noch parallel weiter, und die Personallage und Nachwuchsgewinnung ist jetzt schon angespannt. Deswegen muss klar sein, dass der Bund die Länder auf dem Umsetzungweg unterstützen muss, wenn sich das von ihm favorisierte Modell durchsetzt.

WELT: Kann man denn heute wenigstens schon sagen, ob es definitiv für viele Hamburger teurer wird – egal, welches Modell sich durchsetzt?

Dressel: Das ist noch nicht möglich, dazu müssen wir nach den neuen Angaben des Bundes zu den genannten Stellschrauben – etwa der Steuermesszahl – erst einmal einen Faktencheck für Hamburg durchführen, den wir auch transparent machen werden. Und dann entscheiden wir: Hop oder top – können wir da mitgehen oder nicht.

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Andreas Dressel, Finanzsenator der Freien und Hansestadt Hamburg
Andreas Dressel

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