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WHO-Bericht Zahl der Masernfälle alarmierend hoch

Eigentlich sollten die Masern bis 2020 ausgerottet sein. Jetzt ist die Zahl der gemeldeten Fälle weltweit um 30 Prozent gestiegen. Auch in Deutschland steckten sich 2017 mehr als 900 Menschen an.

Die rasant steigende Zahl der Maserninfektionen alarmiert die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Wie diese jetzt bekannt gab , sind 2017 weltweit 31 Prozent mehr Fälle gemeldet worden als im Jahr davor. Auch 2018 habe es schon bis November zehn Prozent mehr Fälle gegeben als 2017. Ursprüngliches Ziel war es, die Masern bis zum Jahr 2020 auszurotten. Die WHO ist skeptisch, ob das noch gelingen kann. Besorgniserregend sei auch die Entwicklung in Deutschland, erklärten WHO-Experten.

"Kein Zweifel, es gab seit dem Jahr 2000 riesige Fortschritte", sagte Martin Friede von der WHO-Fachabteilung Impfungen. Durch flächendeckend eingeführte Impfkampagnen sei die Zahl der Ansteckungen in den vergangenen 17 Jahren um 85 Prozent zurückgegangen. Schätzungsweise 21 Millionen Menschenleben seien so gerettet worden, geht aus einer neuen Analyse hervor.

"Aber wir werden Opfer unseres eigenen Erfolgs", so Friede. Weil viele Eltern in Ländern wie Deutschland kaum noch Masernfälle sähen, unterschätzten sie möglicherweise die Gefahr und würden leichtsinnig. "Masern sind eine höchst ansteckende, bisweilen tödliche Krankheit mit vielen Komplikationen", warnt WHO-Impfexpertin Ann Lindstrand.

Deutschland verfehlt seine Ziele

Auch in Deutschland ist die Fallzahl der Masern im Vergleich zu 2016 deutlich angestiegen. 2017 wurden 929 Masernfälle gemeldet, 2016 dagegen nur 325. Damit gehört Deutschland nicht zu den 37 von insgesamt 53 Staaten der europäischen WHO-Region, denen es 2017 gelang, die Masern zu eliminieren. Dies gilt als erreicht, wenn sich landesweit dauerhaft weniger als ein Mensch pro eine Million Einwohner mit dem Virus infiziert. Nach dieser Definition dürften es in Deutschland also nur 82 Fälle pro Jahr geben.

Weltweit wurden dem Bericht zufolge 2017 insgesamt 173.330 Masern-Fälle gemeldet, 2016 waren es 132.328. Die WHO geht davon aus, dass sich nur ein kleiner Teil des Anstiegs mit einer verbesserten Überwachung der Krankheit erklären lässt. Zudem werde nur ein Bruchteil der Fälle gemeldet. Einer Modellrechnung zufolge liegt die tatsächliche Zahl der Erkrankten bei 6,7 Millionen im Jahr 2017. Im selben Zeitraum seien nach dieser Berechnung etwa 110.000 Menschen weltweit an der Krankheit gestorben.

Die unterschätzte Kinderkrankheit

Die Masern sind extrem ansteckend. Die Viren werden beim Sprechen, Husten oder Niesen über kleine Tröpfchen in der Luft übertragen. Die Erkrankung geht zunächst mit grippeähnlichen Symptomen und später einem charakteristischen Hautausschlag einher. Die Infektion schwächt das Immunsystem immens, weitere Infektionen sind darum häufig.

Eine gefürchtete Folge ist eine Gehirnentzündung, die Masern-Enzephalitis, die tödlich oder mit bleibenden Schäden enden kann. Als Spätfolge einer Maserninfektion kann sich zudem nach Jahren eine sogenannte subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) ausbilden, eine Entzündung der Nervenzellen des Gehirns und des Rückenmarks. Sie führt zum Ausfall von Gehirnfunktionen und schließlich zum Tod.

Im Video: Gefährliche Verschwörungstheorie - Die bizarre Welt deutscher Impfgegner

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mah/ dpa