Diese Website soll vor der Kesb schützen

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E-VorsorgeauftragDiese Website soll vor der Kesb schützen

Wenn man urteilsunfähig ist, entscheidet die Kesb. FDP-Nationalrat Marcel Dobler will das mit seiner Website ändern. «Nicht einmal Symptombekämpfung», sagen Kritiker.

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Wer für urteilsunfähig gehalten wird, erhält Besuch von der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb). Die entscheidet, ob und wer in Zukunft befähigt sein soll, Entscheidungen über sich – etwa im finanziellen Bereich – oder die eigenen Kinder zu treffen. FDP-Nationalrat Marcel Dobler will diese Arbeit der Kesb abnehmen und vereinfachen und lanciert darum einen E-Vorsorgeauftrag. «Als verheirateter Familienvater will ich mich absichern», sagt er.

Das heisse, gar nicht vor Eingriffen der Kesb abhängig zu sein. Das soll mithilfe eines Vorsorgeauftrag geschehen, der ähnlich einem Testament das Vorgehen im Fall der eigenen Urteilsunfähigkeit regelt. Dobler begründet seine Initiative damit, dass die Kesb auch Entscheidungen treffe, die nicht immer ideal seien. Für das schwierige Thema müssten die Menschen sensibilisiert werden, so Dobler.

Zusammen mit seiner Frau, die Rechtsanwältin und Notarin ist, entwickelte er einen Online-Konfigurator für einen Vorsorgeauftrag, der unter e-vorsorgeauftrag.ch abrufbar ist. «Er soll jedem kostenlos und in wenigen Schritten zum persönlichen Vorsorgeauftrag verhelfen», sagt Dobler. Anders als bei standardisierten Verträgen könne mit seiner sogenannten «Legal-Tech»-Lösung ein Vorsorgevertrag Schritt für Schritt massgeschneidert zusammengebaut werden. «Kein Gesetz muss angepasst werden, es werden Steuern gespart und der Kesb wird die Arbeit erleichtert», so Dobler. Momentan ist die Website auf den Kanton St. Gallen ausgelegt, Dobler hofft auf Umsetzungen in der ganzen Schweiz. «Ich lege meinen Quellcode offen, andere können die Seite nachbauen.»

«Eingriffe der Kesb müssen verhindert werden»

Auf der Website findet sich zudem eine Liste mit Anwälten und Notaren aus St. Gallen, die den Vertrag anschliessend beurkunden. Nicht IT-affine Personen können sich bei den Jungfreisinnigen der Stadt St.Gallen und bei der Pro Senectute auch telefonisch helfen lassen. Ist der Vorsorgeauftrag abgeschlossen und gültig, kann er im Amt für Handelsregister und Notariate St. Gallen hinterlegt werden. «Die Kesb ist verpflichtet, dort nach einem Vorsorgeauftrag zu suchen und sich daran zu halten», erklärt Dobler.

Handlungsbedarf sieht auch SVP-Nationalrätin und Initiantin der Kesb-Initiative Barbara Keller-Inhelder: «Es ist tragisch, dass man sich in diesem Land vor einer Behörde schützen muss.» Sie begrüsst die Idee: Sie behandle täglich unzählige Anfragen von Menschen, die wissen wollten, wie ein Vorsorgeauftrag aussehen muss. «In der Schweiz gibt es viele Hilferufe: Innerhalb der Kesb wird leider teilweise schlecht gearbeitet und diese Mitarbeiter besitzen zu viel Macht.»

Kompetenz der Kesb bleibe gleich

Auch SVP-Nationalrat und Mitinitiant Pirmin Schwander will eine Einmischung der Kesb verhindern. Die Lösung des E-Vorsorgevertrages sei aber nicht einmal «Symptombekämpfung». Ausser, dass ein solcher Vertrag kostengünstiger sei, habe er keine Vorteile: «Die Kesb ist immer noch verpflichtet, einen Vertrag zu prüfen und zu validieren», sagt er. Eine vorsorgebeauftragte Person kann von der Kesb immer noch für nicht fähig erklärt werden. «Diese Lösung bringt der Kesb nicht weniger Kompetenz, sondern mehr Arbeit.»

Bei einem Vorsorgeauftrag dürfe die Kesb nichts mehr zu sagen haben. «Dazu muss das Gesetz geändert werden», so Schwander. In 98 Prozent der Vorsorgeaufträge werden Familienangehörige oder Bekannte im familiären Umfeld als vorsorgebeauftragte Personen eingesetzt. Darum gilt es, diese Tatsache auf Gesetzes- oder Verfassungsstufe zum Regelfall zu machen, dies wolle auch seine Initiative. «Am System der Gefährdungsmeldungen wird damit nichts geändert, weshalb die familieninternen Lösungen durch die Kesb auch nicht überprüft werden müssen», so Schwander.

Die Kesb der Stadt St. Gallen wollte sich gegenüber 20 Minuten am Mittwoch nicht zu dem Thema äussern. Auf ihrer Website betont sie aber: «Im Rahmen der weiterführenden Aufgaben der Kesb stehen wir im engen Kontakt mit den Betroffenen sowie Dritten. Dabei wirken wir auf eine gute Entscheidung hin.» Zudem zeigte eine im Mai publizierte Studie der Hochschule Luzern, dass die Kesb das Abstammungsverhältnis bei Kindesplatzierungen hoch gewichtet. Damit widerlegt sie den allgemeinen Vorwurf, die Schutzbehörde entscheide ohne Einbezug der Angehörigen.

Michael Allgäuer, Präsident der Kesb Zürich begrüsst die Idee. «Es gibt heute noch relativ wenig Vorsorgeaufträge. Die betroffenen Personen können damit aber selbst bestimmen.» Die Vorsorgeverträge müssten allerdings den Anforderungen standhalten und immer noch validiert werden: «Das ist gesetzlich vorgeschrieben», so Allgäuer.

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