Verspätungen
Horrortage für die SBB: Pünktlichkeitswerte waren im November so schlecht wie nie dieses Jahr

In der letzten Zeit sind die Züge der SBB auffallend oft unpünktlich. Besonders im Mittelland. Was tun die SBB gegen die Verspätungen?

Simon Maurer
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Im November ging der Blick der Pendler öfter an die Anzeigetafel: 14 Prozent aller Züge sind nicht pünktlich am Zielort angekommen.

Im November ging der Blick der Pendler öfter an die Anzeigetafel: 14 Prozent aller Züge sind nicht pünktlich am Zielort angekommen.

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Die Pünktlichkeitswerte der SBB sind im Moment im Keller. Das ganze Jahr über waren sie noch nie so tief wie in den letzten vier Wochen. In diesem Zeitraum sind laut den Zahlen der Website pünktlichkeit.ch nur noch 86 Prozent aller Züge pünktlich an ihrem Zielort angekommen.

Die Statistik der letzten drei Tage ist besonders schlecht. Fast die Hälfte der Intercity-Züge von Zürich nach Bern sowie von Zürich nach Olten hatten über drei Minuten Verspätung – und gelten damit nach SBB-eigenen Richtlinien als verspätet. Noch schlimmer sieht es bei der Strecke Basel–Zürich aus. Hier war diese Woche mehr als jeder zweite Zug verspätet. Dies sind noch schlechtere Zahlen als schon im Oktober, als die Pünktlichkeit der Züge gesamthaft immerhin noch bei 90 Prozent lag.

In Zürich wohnhafte Pendler, die im Westen arbeiten, konnten zudem folgendes Phänomen beobachten: Wenn sie am Morgen zur Arbeit fahren, sind die Züge häufiger pünktlich, als wenn sie am Abend nach Hause wollen. Das subjektive Gefühl bestätigen die Zahlen: Von Zürich nach Basel kamen in den letzten drei Tagen 29 von 100 Zügen mit Verspätung ans Ziel. Züge von Basel nach Zürich dagegen waren in 55 Prozent aller Zugfahrten zu spät. Das gleiche Bild zeigt sich auch auf der Strecke zwischen Aarau und Zürich sowie Olten und Zürich.

Ausserhalb des Gebietes Aargau/ Solothurn/Basel sieht die Situation jedoch umgekehrt aus: Die Züge von Bern, Zug und St. Gallen in Richtung Region Zürich sind pünktlicher als von Zürich kommende Züge, die in diese Städte fahren. Die SBB haben keine Erklärung dafür.

Schnelle Züge unpünktlicher

In der Region St. Gallen und in der Innerschweiz sind die Bundesbahnen im Vergleich zum Rest der Deutschschweiz pünktlicher. Die Verbindungen St. Gallen–Winterthur und Luzern–Arth Goldau sind mit über 90 Prozent pünktlichen Zügen in den letzten 7 Tagen gut unterwegs.

Regionale Züge sind ausserdem tendenziell pünktlicher als schnelle, grosse Strecken zurücklegende Züge. Am häufigsten verspätet sind Intercitys, etwas pünktlicher die Interregios. Am besten schneiden Regionalexpresse ab.

Das ganze Jahr 2018 ist der Zug für die SBB aber abgefahren. Im ersten Halbjahr hat man die als Jahresziel anvisierten 91 Prozent Pünktlichkeit zwar noch knapp erreicht, die Verspätungen der letzten Wochen dürften aber kaum mehr aufzuholen sein. So liegt der Durchschnitt der letzten 13 Wochen bei 87,36 Prozent. Zum Vergleich: 2017 waren SBB-Züge bei 89 von 100 Fahrten pünktlich.

«Etliche Einzelereignisse»

Was tun die SBB gegen die Verspätungen? Sprecherin Franziska Frey sagt auf Anfrage: «Zurzeit häufen sich die Ereignisse, die zu Verspätungen führen. Es gab etliche Einzelereignisse, wie fehlerhafte Kommunikation zwischen Systemen und verspäteten Steckenfreigaben wegen Bauarbeiten.» Die SBB analysierten jedes einzelne Ereignis und zögen Lehren daraus, Massnahmen zur Verbesserung der Pünktlichkeit würden umgesetzt. «Ein übergeordnetes Muster gibt es nicht», erklärt Frey.

Frey verneint in diesem Zusammenhang auch, dass das Schienennetz in der Region Olten überlastet sei. Frey hat eine andere Erklärung dafür, wieso Olten so in die Schlagzeilen geraten ist: «Wenn eine Störung auf einer wenig befahrenen Strecke auftritt, merken die Kunden unter Umständen gar nichts davon. Tritt auf einer so dicht befahrenen Strecke wie Olten–Bern eine Störung auf, kann dies schweizweite Auswirkungen haben.»