Deutscher Behörden-Irsinn: Syrien-Flüchtlinge in Assad-Botschaft geschickt

Yaser Alomer (48, r.)  zeigt BILD-Reporter Mohammad Rabie (28) Fotos von seinen Familienangehörigen, die durch das Assad-Regime ermordet wurden.

Yaser Alomer (48, r.) zeigt BILD-Reporter Mohammad Rabie (28) Fotos von seinen Familienangehörigen, die durch das Assad-Regime ermordet wurden.

Foto: Wolf Lux
Von: MOHAMMAD RABIE

Darf man DAS einem Syrien-Flüchtling zumuten?

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat die Passregelung für viele subsidiär schutzberechtigte Flüchtlinge geändert, die dem mörderischen Assad-Regime entkommen sind: Sie werden aufgefordert, in der syrischen Botschaft in Berlin neue Reisepässe zu beantragen, alte verlängern zu lassen – oder sich eine Bescheinigung zu holen, dass sie keinen Pass bekommen.

AUSGERECHNET in der Botschaft des Landes, dem viele von ihnen nur mit Müh und Not entkommen sind. Und erst recht Angst haben vor solchen Besuchen, nachdem der saudische Regimekritiker Jamal Khashoggi beim Besuch des Konsulats seines Landes in Istanbul ermordet wurde.

Aber die deutschen Behörden schalten auf stur: Nur wer einen gültigen Reisepass oder ein entsprechendes Papier der Botschaft vorweisen kann, bekommt bei uns einen sogenannten Reiseausweis. Eine Sprecherin der Innenverwaltung Berlin: „Das Bundesinnenministerium hat die Änderung der Verfahrenspraxis bei einem Treffen der Ausländerbehörden großer Städte erbeten.“

»Mein Bruder wurde in U-Haft ermordet

Viele Syrien-Flüchtlinge sind empört. So wie Yaser Alomer (48). Er flüchtete im Oktober 2015 mit seiner Familie nach Deutschland. Zu BILD sagt er: „Dieses Land hat mich am Anfang geschützt und jetzt werde ich aufgefordert, in die Botschaft dieses Regimes zu gehen ...“ Dokumente bei der syrischen Botschaft zu beantragen oder zu verlängern ist auch teuer!

Yaser Alomer weiß nicht einmal, ob er diese Summe aufbringen kann. Zu BILD sagte Familienvater (sieben Kinder): „Für die Verlängerung meines Reisepasses muss ich 200 bis 400 Euro zahlen. Dieses Geld wird dann dazu benutzt, um Menschenleben in meinem Heimatland auszulöschen. Das werde ich auf gar keinen Fall tun“.

Alomer zeigt BILD das Foto eines ermordeten Familienangehörigen

Alomer zeigt BILD das Foto eines ermordeten Familienangehörigen

Foto: Yaser Alomer

11 seiner Familienangehörigen habe das Assad-Regime bereits ermordet. Alomer musste mit seiner Familie aus Syrien flüchten, weil er anderen Flüchtlinge in seiner Heimat half.

Alomer zu BILD: „Ich wurde dann verfolgt. Das Blut meiner Familienmitgliedern war den Preis diese Hilfe. Drei Neffen und ihr Vater wurden auf einem Militär-Checkpoint in Damaskus festgehalten und dann sofort erschossen. Meine Schwester wurde mit ihren fünf Kindern durch einen Luftangriff im Stücke zerrissen und mein 38-jähriger Bruder wurde nach zwei Jahre U-Haft ermordet.“

Alomers Familie lebt jetzt in Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt). Sie fühlen sich wohl. Die Eltern und Kinder sprechen gut Deutsch, sie haben sich in der Nachbarschaft eingelebt. Zur Zeit träumt Alomer von eine Reise nach Schweden, um dort die Kinder seines ermordeten Bruders zu sehen. „Ich vermisse sie, kann sie aber nicht besuchen, weil ich zurzeit keinen gültigen Pass habe.“

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