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Deutschland Nach Flugzeugpanne

Das verpasst Merkel auf dem G-20-Gipfel – Sauer kehrt um

Merkel: „Es war schon eine ernsthafte Störung“

Eigentlich wollte Merkel zum G-20-Gipfel nach Buenos Aires. Die „Konrad Adenauer“ war schon über den Niederlanden, als sie umkehren musste. Der Pilot sendete den Notfall-Code 7600.

Quelle: WELT / Matthias Heinrich

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Der Fall Khashoggi, die Ukraine-Krise und Trumps Strafzölle: Der G-20-Gipfel in Buenos Aires bietet viel Zündstoff. Nach der Flugzeugpanne verpasst Kanzlerin Angela Merkel nun fast den ganzen ersten Tag des Treffens.

Auf dem Weg zum G-20-Gipfel in Buenos Aires musste die Regierungsmaschine mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an Bord schon kurz nach dem Start in Berlin umkehren. Das Kommunikationssystem war ausgefallen, der Pilot landete das Flugzeug sicher auf dem Flughafen Köln-Bonn. Auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) reiste mit. Nach einer Weile war klar, dass es für die deutsche G-20-Delegation nicht weitergehen würde.

Der Zwischenfall wirbelte Merkels G-20-Zeitplan durcheinander. Anstatt Gespräche in Argentinien zu führen, musste die Kanzlerin erst einmal in Bonn übernachten.

Nach der Nacht in Bonn sollen Merkel und Scholz am Freitag mit einem Linienflug von Madrid nach Buenos Aires fliegen, wie es aus Regierungskreisen hieß. Dabei werde Merkel nur noch von einer „sehr kleinen Delegation“ begleitet. Den Großteil des Programms am ersten Gipfeltag dürfte sie verpassen. Geplant ist nun, dass Merkel am frühen Abend landet und auf jeden Fall am Abendessen teilnimmt. Zum zehnjährigen Jubiläum der G-20-Gipfel auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs gibt es so viel Zündstoff wie selten.

In Regierungskreisen war am Donnerstag darauf verwiesen worden, dass die Kanzlerin am Rande des zweitägigen Gipfels auch Gespräche mit den Präsidenten der USA, Chinas, Russlands und Indiens führen wollte. Ganz oben auf der Agenda stehen Handelsstreitigkeiten etwa zwischen den USA und der EU sowie zwischen den USA und China. Zu dem am Nachmittag geplanten Treffen mit Donald Trump dürfte Merkel es nun wohl nicht schaffen.

Ob die bilateralen Begegnungen ausfallen oder im Verlauf des noch bis Samstag dauernden Gipfels nachgeholt werden können, war zunächst unklar.

Wegen des Defekts verpasste Merkel auch das traditionelle G-20-„Familienfoto“ sowie wichtige Beratungen der Staats- und Regierungschefs. Merkels Ehemann Joachim Sauer wird die Kanzlerin nicht mehr nach Buenos Aires begleiten, sondern nach Berlin zurückkehren. Wegen der Verzögerung bei der Anreise würde Sauer zu viel vom Partnerprogramm verpassen, sagte Seibert zur Begründung.

Die Organisation des Linienflugs von Madrid aus gestaltete sich kompliziert, zusammen mit Entourage und Personenschützern musste Platz für mehr als ein Dutzend Personen an Bord besorgt werden. Für Freitag geplante bilaterale Treffen am Rande des Gipfels, etwa mit US-Präsident Donald Trump und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping, kommen wegen der verspäteten Anreise Merkels zunächst nicht zustande.

Der Mann, der Merkel bis zu ihrem Eintreffen vertritt

Wichtigster Vertreter der Bundesregierung in Buenos Aires bis zum Eintreffen Merkels ist ihr wirtschafts- und finanzpolitischer Berater Lars-Hendrik Röller. Merkels „Sherpa“ verhandelt seit Jahren vor und während internationaler Gipfel mit seinen Kollegen aus den anderen Ländern die Gipfelerklärungen. Dafür war Röller schon vorab nach Buenos Aires gereist.

Gerade beim Thema Handel ist unklar, ob die G 20 sich auf eine gemeinsame Erklärung verständigen können. Hintergrund ist vor allem der heftige Handelskonflikt zwischen den USA und China. Seit Monaten überziehen sich die beiden größten Volkswirtschaften der Welt mit Strafzöllen und Drohungen.

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Mit Spannung wird daher ein Treffen zwischen US-Präsident Trump und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping erwartet, das am Rande des Gipfels stattfinden soll.

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Ein Gespräch mit Russlands Staatschef Wladimir Putin sagte Trump nach einigem Hin und Her hingegen kurz vor Gipfelbeginn per Twitter ab. Die Entscheidung begründete der US-Präsident mit der Rolle Russlands bei der letzten Eskalation im Ukrainekonflikt.

Der Kreml reagierte betont gelassen: Dann habe der Präsident eben ein „paar zusätzliche Stunden in seinem Programm für nützliche Gespräche“, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow. Eins davon soll ein Treffen mit Merkel sein.

Die Themen des Gipfels im Überblick, die nun zumindest teilweise zunächst ohne Merkel besprochen werden:

Ukrainekonflikt:

Weil Russland drei Marineschiffe und Seeleute der Ukraine festhält, hat zuvor auch schon US-Präsident Trump ein geplantes Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin kurzfristig abgesagt. Damit kommt es umso mehr auf Kanzlerin Merkel an, die am Samstag mit Putin zu einem Arbeitsfrühstück zusammenkommt. Die russische Küstenwache hatte den Patrouillenbooten der ukrainischen Marine die Durchfahrt in der Meerenge von Kertsch verweigert. Die Gewässer sind seit der Annektierung der Krim durch Russland zwischen beiden Staaten umstritten. Die ukrainischen Schiffe wurden in russische Gewalt genommen. Es fielen Schüsse. 24 Matrosen wurden festgesetzt.

„Es gibt keine militärische Lösung“

Die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine nehmen zu. Während ihrer Rede zur Eröffnung des deutsch-ukrainischen Wirtschaftsforums sprach sich Bundeskanzlerin Merkel für eine diplomatische Lösung aus.

Quelle: WELT/ Lukas Axiopoulos

Handelskrieg:

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Es herrscht Skepsis, ob es einen Durchbruch oder einen „Waffenstillstand“ im Handelsstreit zwischen China und den USA geben kann. Trump beklagt unfaire Handelspraktiken, mangelnden Marktzugang, erzwungenen Technologietransfer, Produktpiraterie und Subventionen für Staatsbetriebe. Er hat Sonderabgaben auf die Hälfte der Importe aus China verhängt, während Peking Gegenmaßnahmen ergriffen hat. Kommt ihm Peking nicht ausreichend entgegen, droht er mit einer Anhebung der Zölle und einer Ausweitung auf alle Einfuhren aus China im Wert von mehr als 500 Milliarden US-Dollar. Eine Eskalation zwischen den zwei größten Volkswirtschaften würde nicht nur das Wachstum in beiden Ländern bremsen, sondern auch weltweit.

Autozölle:

Auch mit den Europäern streitet Trump über Handelsfragen. Die EU befürchtet, dass Trump bald Strafzölle gegen Autobauer aus Europa verhängen könnte, die das Autoland Deutschland besonders treffen würden. Sollte das Freitag geplatzte Treffen mit Trump nachgeholt werden können, wird erwartet, dass die Kanzlerin noch versuchen dürfte, den US-Präsidenten umzustimmen. Auch wollen die deutschen Autobauer mit der amerikanischen Regierung reden. Sie hätten den Dienstag vorgeschlagen, sagte ein Sprecher der US-Botschaft in Berlin der dpa. Der Termin sei aber von US-Seite noch nicht bestätigt.

Khashoggi-Affäre:

Unter besonderer Beobachtung steht der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman. Er wird verdächtigt, den Mord an dem regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi in Auftrag gegeben oder zumindest davon gewusst zu haben. Während ihm die Kanzlerin aus dem Weg gehen wird, will sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit dem Kronprinzen treffen. Macron forderte, dass die Untersuchungen in der Türkei und Saudi-Arabien zum Tod Khashoggis fortgesetzt werden müssten. Trump, der weiter zu seinem Verbündeten steht, trifft Salman nicht – weil ihm die Zeit fehle, wie er sagte.

Klimaschutz:

Nach dem Ausstieg Trumps aus dem Pariser Klimaabkommen ist es unmöglich geworden, hier noch eine gemeinsame Haltung in die Abschlusserklärung zu schreiben. Wie die Erderwärmung mit vereinten Kräften gebremst werden soll, ist eines der Hauptstreitthemen zwischen den Unterhändlern, die vor dem Gipfel die Nächte durcharbeiten mussten. Schon beim G-20-Gipfel im vergangenen Jahr in Hamburg wurden die Differenzen festgeschrieben, was in der Geschichte der Gruppe der 20 bis dahin einmalig war.

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Untergangsszenarien

Ölpreis:

Trump brennt das Thema auf den Nägeln. Er befürchtet, dass durch seine Iranpolitik das Öl knapper und damit teurer wird. Das wäre Gift für die Weltwirtschaft und nicht zuletzt auch für den Konjunkturmotor in den USA. Allerdings ist der Erdölpreis mit derzeit rund 50 Dollar pro Barrel (159 Liter) ohnehin recht günstig. In wenigen Tagen wird das Erdölkartell OPEC seine Produktionsziele bekannt geben. Darauf will Trump, der selbst ein Land mit hoher Erdölproduktion führt, Einfluss nehmen. Unter anderem trifft er sich mit Japans Premierminister Shinzo Abe und Indiens Ministerpräsidenten Narendra Modi. Beide Länder gehören zu den größten Abnehmern von Öl aus dem Iran – sie sind über Ausnahmeregelungen derzeit noch von Sanktionen der USA verschont.

Reuters/dpa/AFP/cwu

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