Folgen von #Metoo: Stecken Männer in einer Identitätskrise?

Unter der Macht-Schieflage zwischen den Geschlechtern leiden laut Buchautorin Angelika Hager nicht nur Frauen

Unter der Macht-Schieflage zwischen den Geschlechtern leiden laut Buchautorin Angelika Hager nicht nur Frauen

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Seitdem die weltweite #Metoo-Debatte vor über einem Jahr prominente Männer wie den Filmproduzenten Harvey Weinstein (66) zu Fall gebracht hat, ist das Image des Mannes lädiert – findet Buchautorin Angelika Hager. Mit ihrem Buch „Kerls! Eine Safari durch die männliche Psyche“ (Verlag Kremayr & Scheriau; 22,90 Euro) will sie Männer und Frauen wieder an den Verhandlungstisch setzen und universelle Fragen klären:

▶︎ Sind Männer seit der Sexismus-Debatte von Frauen eingeschüchtert?

▶︎ Warum riskieren mächtige Männer mit sexuellen Übergriffen ihre Existenz?

▶︎ Wieso ist den meisten Frauen klar, wie nah sie einem Menschen kommen können – vielen Männern aber nicht?

„Nach einem Jahr #Metoo sollten jene Missverständnisse behoben werden, die eine so krasse Macht-Schieflage unter den Geschlechtern ermöglichen“, sagt Hager im Gespräch mit BILD. Sie fordert: Knallhart durchgezogene Quotenregelungen und Sanktionen für den ‚Pay Gap‘, also die unterschiedliche Bezahlung von Mann und Frau bei gleicher Ausbildung.

Angelika Hager ist keineswegs männerfeindlich – im Gegenteil, sie will sie einfach nur verstehen

Angelika Hager ist keineswegs männerfeindlich – im Gegenteil, sie will sie einfach nur verstehen

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Hager: „Wenn unsere Töchter und Enkelinnen den gleichen Zugang zu Verantwortung und Macht haben wie ihre männlichen Mitbewerber, können sie sich sehr genau aussuchen, von wem sie gern einen Klaps auf den Po hätten und von wem nicht.“

Klingt nachvollziehbar. Leider gibt es laut der Expertin, die für die Recherche Dutzende Gespräche mit Psychiatern, Suchtspezialisten, Männertherapeuten und natürlich vielen Männern selbst geführt hat, einen Haken: Es dauert noch eine ganze Weile.

Missverständnisse beim Flirten

Mittlerweile haben viele Männer Hemmungen, offensiv mit Frauen zu flirten – aus Unsicherheit, ob sie bei der Kontaktaufnahme nicht eine Grenze übertreten.

Laut Angelika Hager gelten beim Flirten für beide Geschlechter dieselben Regeln: „Ich denke, jeder Mensch, egal ob Mann oder Frau, hat Antennen, ob jemand auf seine Annäherungsversuche eingeht oder nicht.“ Wenn nach einem Flirt-Aufschlag kein Ballwechsel entstünde, sollte man den Rückzug antreten. „Bloß nicht nach dem ‚Erlkönig‘-Motto ‚Und bist du nicht willig, dann brauch ich Gewalt‘ verfahren!“

Das Selbstwertgefühl der Männer spielt bei der ganzen Problematik eine nicht unwesentliche Rolle. Viele können laut Hager nicht mit stärker werdenden Frauen umgehen. „‚Der Mann ist das Problem‘ sang schon Udo Jürgens, der sich selbst auch keine Schwächen durchgehen ließ. Ergänzen würde ich: ‚Der Mann ist sich selbst der größte Feind.‘“

Steckt die Männerwelt in einer Identitätskrise?

Dass der Mann sein eigener Feind ist und Frauen ihm nichts Böses wollen, zeigen direkte Vergleiche mit ebendiesen: „Dreimal so viele Männer bringen sich um, dreimal so viele leben auf der Straße. Die Weltwirtschaftskrise sowie die zunehmende Digitalisierung, die Muskelarbeit wertlos macht, und die wachsende Autonomie der Frauen hinterlassen tiefe Kratzspuren im Selbstwertgefühl der Männer.“

Dass sich Männer beispielsweise bei Depressionen nicht an Ärzte wenden und psychische Probleme mit sich selbst ausmachen, hat mit #Metoo allerdings nichts zu tun. Das war schon immer so. Eine höhere Suizidrate ist logische Konsequenz – auch das ist nicht neu.

▶︎ Angelika Hagers Tipps an Männer mit ramponiertem Ego: „Ein Mann sollte keine Kastrationsängste entwickeln, wenn er einmal einen Quinoa-Salat zaubert oder sein Baby um den Bauch schnallt.“

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