Eigentlich fahren Grünen-Politiker gerne mit der Bahn. Eigentlich. Denn das Staatsunternehmen hat momentan Schwierigkeiten, den reibungslosen Personen- und Gütertransport sicher zu stellen.
"Das geht echt gar nicht" twitterte Grünen-Chefin Annalena Baerbock, als ihr ICE von Berlin Richtung Mönchengladbach am vergangenen Freitag einfach durch den Bahnhof Spandau durchrollte. Er sei zu voll gewesen, hieß es als Begründung. In Spandau warteten aber Baerbocks Kinder, die zusteigen wollten und reservierte Plätze hatten. Blöd gelaufen. Mal wieder.
Pünktlichkeit auf einem Tiefstand
Chaos, Verpätungen, nicht eingehaltene Versprechen: Nach einem verkorksten Sommer, bei dem die Pünktlichkeit der Züge – Gradmesser für die Leistungsfähigkeit des Unternehmens – deutlich unter die angepeilten 82 Prozent fiel, wurde es jetzt im Herbst eher schlimmer. Im Oktober lag der Wert mit gerade 71,8 Prozent auf dem zweitniedrigsten Niveau des ganzen Jahres. Reisende klagen über Zugausfälle, abgehängte Waggons und technische Defekte etwa in den Bordküchen, die den Service verhindern. Oft fehlt es an Informationen. Das Personal wirkt überfordert.
Die Bahn macht es ihren Kunden momentan nicht leicht, sie zu mögen. Selbst gut gemeinte Aktionen werden inzwischen mit Argwohn betrachtet. Als etwa letzte Woche bekannt wurde, dass ein Zug für TV-Moderator Jan Böhmermann ("Neo Magazine Royale") einen Extra-Stopp einlegte, damit der einen Auftritt noch erreichte, fanden das nicht alle gut. Auf Twitter regten sich viele genervte Kunden über die Promibehandlung auf – auch weil der Zug sowieso schon verspätet gewesen sei.
Es mangelt oft an einsatzbereiten Zügen
Inzwischen gab es zumindest erste personelle Konsequenzen: Die Bahn tauschte den Produktionsvorstand ihrer Tochter DB-Fernverkehr aus. Der verantwortliche Manager Kai Brüggemann verließ den Konzern und wird durch den bisherigen Fahrplanchef Philipp Nagl ersetzt. Der soll künftig dafür sorgen, dass die ICE des Unternehmens schneller wieder aus den Reperaturwerken kommen. Der Mangel an Fahrzeugen gilt, besonders nach dem Brand eines ICE im Sommer bei Köln, als einer der wesentlichen Gründe für die Probleme des Unternehmens.
Haben Sie sich in den letzten Wochen auch über die Bahn geärgert, über Verspätungen, Ausfälle oder unplanmäßige Umwege oder Stopps? Egal ob im Fernverkehr oder in Regionalzügen: Schildern Sie uns Ihre Erlebnisse unter
reise@stern.de, Stichwort: "Bahnchaos".
P.S.: Natürlich freuen wir uns auch über Geschichten mit Happy End, etwa weil Bahn-Mitarbeiter besonders kreativ beim Umgang mit dem Mangel waren.