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Mittelalterliches Missgeschick Wie im Jahr 1420 eine Katze auf ein handgeschriebenes Manuskript pinkelte

Eine Katze liegt auf einem Stapel alter Bücher
Katzen liegen gern auf Büchern – und manchmal pinkeln sie leider auch darauf (Symbolbild)
© Blue Valentines / Picture Alliance
Über viele Dinge aus dem Alltag des Mittelalters wissen wir heute trotz Archäologie und Geschichtsforschung nicht viel. Eine kleine Anekdote aber hat ein Mönch im Jahr 1420 für uns festgehalten: Es geht um eine freche Katze, ein wertvolles Buch und einen mysteriösen Fleck.

Es muss eine unglaubliche Arbeit gewesen sein, im Mittelalter ein Buch zu schreiben. Vor Erfindung der Druckerpresse mussten die Schreiber – meist Mönche in Klöstern – sorgfältig per Hand Zeile um Zeile, Seite um Seite füllen. Dabei bestenfalls keine Fehler machen, ordentlich schreiben und nicht mit der Tinte klecksen. Für ein Buch brauchte ein Schreiber mindestens mehrere Wochen. Bei besonders umfangreichen, wertvollen Exemplaren auch mal mehr als ein Jahr. Nicht nur die aufwendige und langwierige Arbeit machte eine solche Handschrift wertvoll – auch das Material, auf dem sie entstand. Im Mittelalter wurden die meisten Manuskripte aus Pergament hergestellt, also aus Tierhäuten. Und die waren sehr teuer.

Man kann sich also vorstellen wie frustriert so ein Mönch gewesen sein dürfte, wenn ihm bei der Arbeit ein ernsthafter Patzer passiert. Von einem solchen Vorfall wissen wir heute genau, wie er ablief – und wie sauer der hart arbeitende Schreiber darüber war. Im Jahr 1420 ließ ein Mönch aus dem niederländischen Städtchen Deventer das Buch, an dem er gerade arbeitete, offen in der Bibliothek liegen. Als er am nächsten Tag wiederkam und weiterschreiben wollte, befand sich auf der Seite, die er am vorigen Abend begonnen hatte, eine unschöne gelbe Pfütze. Und besonders angenehm roch die auch nicht. Eine Katze hatte ihm mitten aufs Buch gepinkelt.

Der arme Mönch trocknete das Desaster bestmöglich, doch der Fleck war noch immer zu sehen. Darüber war er offenbar so wütend, dass er eine Katze auf die Seite zeichnete, außerdem zwei Hände mit ausgestreckten Zeigefingern, die auf den Fleck deuten, und dazu schrieb:

Hic non defectus est, sed cattus minxit desuper nocte quadam. Confundatur pessimus cattus qui minxit super librum istum in nocte Daventrie, et consimiliter omnes alii propter illum. Et cavendum valde ne permittantur libri aperti per noctem ubi cattie venire possunt.

Übersetzt heißt das etwa: "Hier fehlt nichts, sondern eine Katze urinierte in einer bestimmten Nacht hierauf. Verflucht sei die freche Katze, die nachts hier in Deventer auf dieses Buch gemacht hat! Und die vielen anderen Katzen gleich mit. Und passt gut auf, eure Bücher nachts nicht offen liegen zu lassen, wo Katzen in der Nähe sind."

Ein Foto der ungewöhnlichen und, bei allem Mitleid, ziemlich lustigen Buchseite twitterte die niederländische Archäologin Ticia Verveer, ihr Tweet wurde mehr als 1550 Mal geteilt, über 2800 Nutzer drückten auf das Like-Herzchen. Ursprünglich hatte diese tierisch-menschliche Mittelalter-Anekdote aber der Geschichtsprofessor Thijs Porck entdeckt und auf seinem Blog "The Dutch Anglo-Saxoninst" darüber geschrieben. In seinem Posting mit der Überschrift "Paws, Pee and Pests" ("Pfoten, Pipi und Ungeziefer") erklärt Porck auch, warum Katzen überhaupt Zutritt zu mittelalterlichen Schreibstuben und Bibliotheken hatten:

"Die Katzen waren da, um die Mäuse fernzuhalten. Aus einem guten Grund, da mittelalterliche Manuskripte einen leckeren Snack für die kleinen Schädlinge darstellten." In Museen und alten Bibliotheken finden sich entsprechend viele alte Bücher, an denen die Nager ihre Spuren hinterlassen haben. Trotz ärgerlicher Missgeschicke wie dem Urinfleck, so Thijs Porck, "dürfte das Talent der Katzen, Mäuse zu fangen, eine große Zahl an Manuskripten davor bewahrt haben, im Bauch von Mäusen zu landen."

Quellen:"The Dutch Anglo-Saxonist" / Twitter

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