Aral testet neue Ladesäule :
„Die Rolle der Tankstelle wird sich deutlich verändern“

Von Christine Scharrenbroch, Düsseldorf
Lesezeit: 2 Min.
Sieht so die Tankstelle der Zukunft aus?
Im Jahr 2040 werden einer Studie zufolge weniger als 1 Prozent der Neuwagen noch konventionell angetrieben. Aral bereitet sich darauf vor und testet in den kommenden zwölf Monaten ultraschnelle Ladesäulen.

 Allen Unkenrufen zum Trotz werden Benzin- und Dieselkraftstoffe auch in den kommenden Jahrzehnten weiter benötigt: Im Jahr 2040 sollen Benzin- und Dieselhybride 68 Prozent der Pkw-Neuzulassungen ausmachen, sagt das Institut für Verkehrsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in der Aral-Studie „Tankstelle der Zukunft“ voraus. Doch die Elektrifizierung schreitet voran: Weniger als 1 Prozent der Neuwagen werden 2040 noch konventionell angetrieben, schätzen die Autoren. Etwa 1,3 Millionen rein batteriebetriebene Autos sollen bis dahin auf deutschen Straßen rollen. Zum Vergleich: Anfang dieses Jahres wurden knapp 54.000 E-Fahrzeuge gezählt.

Auf das Vordringen der Elektroantriebe will sich die größte deutsche Tankstellengesellschaft Aral einstellen. In einem Pilotprojekt soll die Strombetankung im Tankstellennetz getestet werden. An fünf Standorten installiert die zum britischen BP-Konzern gehörende Kette in den kommenden zwölf Monaten ultraschnelle Ladesäulen, wie der Vorstandsvorsitzende Patrick Wendeler in Düsseldorf ankündigte. Im ersten Schritt ist eine Leistung von bis zu 160 Kilowatt geplant, später sollen bis zu 350 Kilowatt erreicht werden. Damit könne der Akku innerhalb von fünf Minuten für eine Reichweite von bis zu 145 Kilometern aufgeladen werden, stellte Wendeler in Aussicht. Zwar sehe Aral seine Kernkompetenz weiter in der Kraftstofftechnologie, dennoch sei Knowhow bei den sogenannten Ultra-Fast-Charging-Säulen gefragt.

„Die Rolle und das Angebot der Tankstellen werden sich in Zukunft deutlich verändern“, stellte Wendeler fest. Anhand eines kurzen Films zeigte er, wohin die Reise an den Standorten in den Großstädten gehen könnte: Da hebt vom Dach der Tankstelle ein Lufttaxi ab, übernehmen Roboter das Tanken, versorgen sich Kurierfahrer am Batteriewechselautomaten mit Akkus und steigen Kunden vom E-Bike auf ein Carsharing-Auto um.

Die Fahrleistung wird um ein Viertel steigen

Autonom fahrende Autos – bis 2040 sollen sie nach der Studie ein Viertel des Bestands ausmachen – rollen selbständig in die Waschanlage. Auch als Paketstation, Kurzzeitbüro und Lebensmittellieferdienst fungiert die Tankstelle in der Zukunftsvision. Zwar blieben die drei klassischen Säulen Kraftstoffgeschäft, Shop und Autowäsche erhalten, doch müssten sie an technische Veränderungen und sich wandelnde Kundenbedürfnisse angepasst werden, sagte Wendeler. Schon heute beinhalten 60 Prozent aller Kundentransaktionen an den 2450 Aral-Stationen keinen Kraftstoff mehr.

Um neue Geschäftsideen, Kooperationen mit Partnern und Beteiligungen an vielversprechenden Start-ups – auch mit Blick auf die Marke Aral – auszuloten, hat der Mutterkonzern BP die neue Einheit Advanced Mobility Unit gegründet, deren dreißig Mitarbeiter vornehmlich in London ansässig sind. Im Sommer hatte BP den britischen Ladesäulenanbieter Chargemaster übernommen und sich zudem an dem israelischen Start-up Storedot (Batterietechnologie) beteiligt.

Bis zum Jahr 2040 werden die Deutschen laut dem DLR jährlich 900 Milliarden Kilometer mit Autos und Nutzfahrzeugen zurücklegen, ein Viertel mehr als noch 2010. Hauptursache des Anstiegs ist das starke Wachstum im Logistikbereich aufgrund des florierenden Online-Handels. Die Fahrleistung der privaten Autonutzer soll unterdessen um 5 Prozentpunkte zurückgehen.