FC Bayern München:"Ein anderer deutscher Meister würde guttun"

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Bernd Hofmann, der Vorsitzende des größten FC-Bayern-Fanklubs, spricht vor der Jahreshauptversammlung über die Vorteile der aktuellen Krise - und darüber, ob Uli Hoeneß weitermachen soll.

Interview von Martin Schneider, München

An diesem Freitag lädt der FC Bayern München zur Jahreshauptversammlung in den Audi Dome ein, es ist, auf den ersten Blick, eine unspektakuläre Versammlung: Es stehen keine wichtigen Wahlen an. Auf den zweiten Blick steckt jedoch eine gewisse Brisanz in dem Abend. Der FC Bayern ist in der Bundesliga gerade nur Tabellenfünfter, die Mannschaft wirkt so angreifbar wie seit Jahren nicht mehr. Das ist der eine Aspekt, warum der Tagesordnungspunkt 1, der Bericht des Präsidenten, auf einmal eine andere Wichtigkeit erhalten hat - Uli Hoeneß gilt als maßgebliche Kraft hinter der Verpflichtung von Niko Kovac als neuem Trainer im vergangenen Sommer. Zudem steht in einem Jahr wieder die Wahl des Präsidenten an. Wird Hoeneß erneut andeuten, dass er sich nicht ewig an den Verein binden will, so wie er das zuletzt häufiger gemacht hat? Wird er die Mitglieder vielleicht sogar in die Pläne für eine Nachfolge einweihen? Und sagt er vielleicht sogar etwas zu den Gedankenspielen um Oliver Kahn als neues Mitglied des Führungsteams?

Darüber spricht im Interview Bernd Hofmann, der Vorsitzende des größten FC-Bayern-Fanklubs der Welt. Im Klub Nabburg/Oberpfalz organisiert er 5680 Mitglieder. Der 69-Jährige redet über die aktuelle Situation des FC Bayern, über Trainer Niko Kovac, die Dauer-Dominanz der Münchner sowie das Auftreten und die Zukunft von Uli Hoeneß.

SZ: Herr Hofmann, wie haben Sie den 5:1-Sieg des FC Bayern am Dienstag gegen Lissabon erlebt?

Bernd Hofmann: Wir waren wie bei jedem Spiel mit dem Fanklub im Stadion, das hat uns allen viel Spaß gemacht. Ich will nicht sagen, dass das Spiel gleich die Wende war. Aber ich glaube, es hat die Mannschaft und die Fans motiviert. Sie haben gesehen, dass es wieder aufwärts gehen kann.

Denken Sie, dass Niko Kovac die aktuelle Krise beenden kann? Ist er der richtige Trainer für den FC Bayern?

Natürlich. Auf der Heimfahrt haben wir in unserem Fanklub diskutiert. Wir denken, Kovac macht eine gute Arbeit. Wenn der Ball nicht ins Tor geht, wenn Spieler sich nicht engagieren - dann kann der Trainer nichts dafür. Ein paar sind skeptisch, klar, aber wesentlich mehr sagen: Lasst ihn in Ruhe weiterarbeiten, der Junge braucht Zeit.

"Natürlich wissen wir alle, dass das Auftreten in der letzten Zeit nicht ganz so günstig war": Fanklub-Vorsitzender Bernd Hofmann über Uli Hoeneß. (Foto: Swen Pförtner/dpa)

Die Verantwortung liegt eher bei der Mannschaft und weniger beim Trainer?

Ja, das kann man so sagen. Das sind doch alles tolle Spieler, die im vergangenen Jahr noch mit einem wahnsinnigen Vorsprung deutscher Meister geworden sind. Die haben doch das Fußballspielen nicht in einem halben Jahr verlernt. Aber mei: Nach sechs Jahren mit sechs deutschen Meisterschaften soll es vielleicht nicht so sein, dass immer nur die Bayern vorne stehen. Das Team hat in dieser Saison viele späte Tore bekommen. Gegen Augsburg, gegen Freiburg, gegen Düsseldorf. Sonst wäre das Team in der Tabelle vielleicht wieder vorne, und der Verein würde nicht sehen, dass auf der ein oder anderen Position eine Veränderung notwendig ist.

Sind Sie sogar ein bisschen froh darüber, dass der FC Bayern nicht schon wieder mit zwölf Punkten in der Liga vorneweg marschiert?

Klar, es gibt Leute, die den FC Bayern München immer oben sehen wollen. Aber ich bin der Meinung: Es würde guttun, wenn mal ein anderer deutscher Meister wird. Der FC Bayern hat sechs Jahre lang dominiert, und jetzt kann man sich mal anschauen, ob andere Mannschaften auch die Konstanz haben, um oben in der Liga und in Europa mitzuspielen. Es tut dem Klub mal ganz gut, nicht an der Spitze zu stehen. So kann man Umbruch- und Aufbauarbeiten beginnen.

Der FC Bayern ist ja ein Verein, der sich nicht nur über Erfolg definiert, sondern auch über seine Werte. Wie bewerten Sie das Auftreten des Vereins und speziell das von Präsident Uli Hoeneß?

Natürlich wissen wir alle, dass das Auftreten in der letzten Zeit nicht ganz so günstig war. Ich glaube, wenn Uli Hoeneß eine zweite Chance haben würde, dann würde er sich mit einer anderen Wortwahl hinter die Mannschaft stellen. Natürlich ist das schwierig, wenn man immer so im Fokus der Öffentlichkeit steht. Trotzdem war das überzogen.

Bernd Hofmann ist der Vorsitzende des größten Fanklubs des FC Bayern der Welt. Im Klub Nabburg/Oberpfalz organisiert der 69-Jährige mehr als 5000 Mitglieder. Er bezeichnet sich selbst "eigentlich" als Hoeneß-Anhänger. (Foto: privat)

Hoeneß sagte zu Mesut Özil, er habe "Dreck" gespielt, auf einer Pressekonferenz griff er den Ex-Spieler Juan Bernat direkt an. Nun hat er Ehrenspielführer Paul Breitner von der Ehrentribüne verbannt.

Wir im Fanklub denken, dass Uli Hoeneß sich in dieser Situation angegriffen gefühlt hat und dass der FC Bayern jetzt in der Krise besonders im Fokus der Öffentlichkeit steht. Jeder Fehler bekommt eine ganze Zeitungsseite. Da kann es passieren, dass man nicht den passenden Ton trifft. Aber wir wissen alle, dass diese Wortwahl einem großen FC Bayern nicht gebührt.

Sollte Uli Hoeneß weitermachen?

Da sind die Meinungen gespalten. Es gibt die, die sagen: Nur durch Hoeneß' Leistungen ist der FC Bayern da, wo er ist. Und dann gibt es die, die sagen: Nach so vielen Jahrzehnten ist es Zeit für einen Wechsel. Da ist der Fanklub geteilt. Es gibt noch die absoluten Hoeneß-Fans - und dazu gehöre ich eigentlich auch, weil ich weiß, was er für den Verein geleistet hat. Aber auch im Fußball gibt es einen Ruhestand. Ich denke, der Verein wird schon Nachfolge-Möglichkeiten durchdenken. Aber jemanden zu finden, der das Lebenswerk von Hoeneß weiterführt, das ist wohl nicht so einfach.

© SZ vom 30.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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