Künstliche Intelligenz auf der Baustelle

Konstruktionsroboter kommen im Baugewerbe bisher kaum zum Einsatz. Mit den Fiberbots des MIT könnte sich das künftig ändern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Künstliche Intelligenz auf der Baustelle

(Bild: The Mediated Matter Group)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Malte Kanter
Inhaltsverzeichnis

Bisher werden Roboter auf Baustellen meist per Hand gesteuert und erledigen vor allem Hilfsarbeiten, etwa im Transport oder bei Vermessungen. Autonome Roboter sind selten. Zwar hat die Bauindustrie angesichts des Fachkräftemangels durchaus Interesse am Einsatz vollautomatischer Handwerker. Doch die Anforderungen auf dem Bau stellen Ingenieure vor Schwierigkeiten: Im Gegensatz zu klassischen Fabrikrobotern müssen sich Konstruktionsroboter problemlos an unterschiedliche, sich wandelnde Baustellen anpassen können. Schmutz und Wetter dürfen ihnen nichts anhaben. Der Transport zwischen den Einsatzorten sollte einfach sein.

Schon seit den 1980er Jahren arbeiten weltweit Firmen und Forschungseinrichtungen daran, diese Hürden zu überwinden. Modulbasierte Systeme setzen vorab angefertigte Einzelteile, wie Ziegelsteine, selbstständig zu Gebäuden zusammen. Dazu zählen etwa Maurerroboter wie SAM 100, der am Tag sechsmal so viele Mauersteine setzen kann wie ein menschlicher Handwerker. Oder der LKW-Maurerroboter Hadrian, den das australische Startup Fastbricks Robotics derzeit entwickelt.

Demgegenüber stehen materialbasierte Systeme, die bereitgestellte Grundstoffe nach Art von 3D-Druckern in Passform bringen. Manche drucken vor Ort ganze Rohbauten aus, wie „The Vulcan“ des US-Startups ICON, mit dem sich in weniger als 24 Stunden kleine 4000-Dollar-Häuser errichten lassen sollen. Andere stellen aus Glas-, Kohlefasern oder anderen Materialien vorab einzelne Gebäudeteile her. Diese müssen jedoch anschließend am Bauplatz zusammengesetzt werden. Zudem sind alle genannten Systemtypen durch ihre Konstruktion, etwa die Länge des Roboterarms, in der Reichweite und dem Einsatzbereich begrenzt, sodass sie bei Hochhäusern, engen oder verwinkelten Bauten gegenüber menschlichen Arbeitern im Nachteil sind.

Konstruktionsroboter auf der Baustelle (7 Bilder)

Hadrian 109

Der vollautomatische Bauroboter "Hadrian 109" zieht in zwei Tagen ein ganzes Einfamilienhaus hoch. (Bild: Fastbrick Robotics)

Forscher der Mediated Matter Group des MIT haben hierfür nun einen Lösungsansatz präsentiert. Bis vor kurzem ragten auf der Wiese vor ihrem Forschungszentrum sechzehn milchweiße Röhren in den Himmel. Das außerirdisch anmutende Konstrukt stammte von sechzehn kleinen, zylinderförmigen Robotern, den Fiberbots, die resingetränkte Glasfaserfäden um ihren Körper gewebt hatten.

Das Harz und den Faden bezieht jeder Fiberbot über Schläuche aus Behältern am Boden, wobei der Resintank direkt unter dem Fiberbot in einer hüfthohen schwarzen Röhre untergebracht ist. Bei Baubeginn schiebt sich der Roboter aus dieser Röhre heraus und bläst eine Außenmembran aus Silikon auf. Anschließend wickelt er mit einem kleinen Arm den resingetränkten Glasfaserfaden um sich herum. Dabei lässt er das Harz mit seiner integrierten UV-Lampe aushärten. Hat der Glasfasermantel die voreingestellte Dicke erreicht, lässt der Fiberbot die Luft aus der Membran entweichen und fährt ans obere Röhrenende, wo er den nächsten Bauabschnitt beginnt.

Seine Räder ermöglichen ihm auch sich zu neigen, sodass er Krümmungen in seine Konstruktion einbauen kann. Neigungswinkel, Röhrendurchmesser und andere Parameter erhält jeder Fiberbot per WLAN von einer Software, die den Gesamtbauplan in individuelle Anweisungen umrechnet. Bisher haben die Roboter noch keine Möglichkeit auf spontane Hindernisse zu reagieren, weshalb die Forscher nun Sensoren nachrüsten wollen.

Im Test zeigten sich noch Abweichungen vom ursprünglichen Bauplan. Zudem können die Roboter bislang nur Röhren konstruieren und lediglich mit begrenztem Durchmesser, deshalb besitzen sie für die Bauindustrie derzeit wenig Attraktivität. Dafür sind sie vergleichsweise mobil und können in großer Zahl parallel an einem Gebäude arbeiten. Die Forscher sehen in ihnen eine vielversprechende Basis für künftige Konstruktionsroboter bilden. Eines Tages, so ihre Hoffnung, sollen die Fiberbots vollkommen autonom arbeiten und auch im Weltraum eingesetzt werden können.

(anwe)