G20-Gipfel
Holpriger Start des G20-Gipfels in Buenos Aires

Pannen und Konflikte sorgen für einen holprigen Start des G20-Gipfels in Buenos Aires. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wird wegen einer schweren Flugzeugpanne verspätet beim Gipfel ankommen. US-Präsident Donald Trump sagte sein Treffen mit Wladimir Putin ab.

Drucken
Zehntausende Menschen wollen in Buenos Aires gegen den G20-Gipfel demonstrieren. (Foto: Marina Guillen/EPA)

Zehntausende Menschen wollen in Buenos Aires gegen den G20-Gipfel demonstrieren. (Foto: Marina Guillen/EPA)

KEYSTONE/EPA EFE/MARINA GUILLEN

Wegen eines ernsten technischen Defekts an ihrem Regierungsflugzeug wird die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel fast den gesamten ersten G20-Gipfeltag in der argentinischen Hauptstadt verpassen, der von der Eskalation in der Ukraine, Handelskonflikten und der Khashoggi-Affäre überschattet wird.

Auch diplomatisch gab es bereits im Vorfeld des Gipfels Probleme: Am Vorabend des Treffens der Staats- und Regierungschefs der grössten Industrie- und Schwellenländer sagte Trump ein Gespräch mit Putin ab.

Nur kurz nachdem sich der US-Präsident vor Journalisten offen für ein Gespräch mit Putin gezeigt hatte, kassierte er dies per Twitter wieder ein.

Trump begründete seinen Meinungsumschwung damit, dass Russland nach dem maritimen Zusammenstoss am Sonntag die ukrainischen Marinesoldaten und Schiffe noch nicht an Kiew zurückgegeben habe. Es sei daher "für alle Seiten besser", das Gespräch abzusagen.

Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte, noch sei keine offizielle Absage aus Washington eingegangen. Wenn dem aber so sei, "dann hat der Präsident ein paar zusätzliche Stunden in seinem Programm für nützliche Gespräche am Rande des Gipfel", fügte Peskow hinzu.

Themen: Ukraine und Syrien

Die "Gruppe der 20" aus 19 Ländern und der Europäischen Union repräsentiert zwei Drittel der Weltbevölkerung und 85 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Seit der globalen Finanzkrise 2008 tagen sie auch auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs.

Bei dem zweitägigen Treffen am Ufer des Rio de la Plata wollen die Staats- und Regierungschefs der grossen Industrie- und Schwellenländer über die Lage der Weltwirtschaft, Handel oder die Zukunft der Arbeit sprechen. Doch diese Themen dürften angesichts der geplanten Treffen am Rande in den Hintergrund treten.

Auf Kanzlerin Merkels ursprünglichem Zeitplan standen am Freitag ein Treffen mit Trump und am Samstag ein Gespräch mit Putin. Als mögliche Themen für Merkels Treffen mit Trump wurden in der Bundesregierung insbesondere Handelsfragen, wie die von Trump angekündigten Autozölle, und der angekündigte Ausstieg der USA aus dem INF-Abrüstungsvertrag genannt.

Bei dem Gespräch mit Putin sollte es demnach vor allem um den Konflikt mit der Ukraine sowie um den Krieg in Syrien gehen. Doch noch ist ungewiss, ob Merkel die wegen ihrer Verspätung verpassten Gespräche nachholen kann.

Handelsstreit zwischen USA und China

Grosse Beachtung wird ein Treffen Trumps mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping finden: Es könnte entscheiden, ob sich der Handelsstreit zwischen den beiden Nationen entspannen oder verschärfen wird. Seit Monaten überziehen sich die beiden grössten Volkswirtschaften der Welt mit Strafzöllen und Drohungen.

Auch die Khashoggi-Affäre lastet auf dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs. Spannend wird ihr Umgang mit dem saudischen Kronprinz Mohammed bin Salman, der am Mittwoch als erster eingetroffen war.

Wegen der Tötung des regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul steht der Kronprinz weltweit in der Kritik. Ihm wird vorgeworfen, den Mord in Auftrag gegeben oder zumindest davon gewusst zu haben. Während ihm Kanzlerin Merkel aus dem Weg gehen wird, will sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit dem Kronprinz treffen. Trump sagte, er habe nicht genug Zeit für ein Treffen mit Salman.

Keine gemeinsame Haltung zum Klimaschutz

Nach dem Ausstieg Trumps aus dem Pariser Klimaabkommen ist es unmöglich geworden, hier noch eine gemeinsame Haltung in die G20-Abschlusserklärung zu schreiben. Wie die Erderwärmung mit vereinten Kräften gebremst werden soll, ist eines der Hauptstreitthemen zwischen den Unterhändlern, die vor dem Gipfel die Nächte durcharbeiten müssten. Schon beim G20-Gipfel im vergangenen Jahr in Hamburg wurden die Differenzen festgeschrieben, was in der Geschichte der "Gruppe der 20" bis dahin einmalig war.

Ölpreise könnten wegen Iran-Politik steigen

Trump brennt das Thema auf den Nägeln. Er befürchtet, dass durch seine Iran-Politik das Öl knapper und damit teurer wird. Das wäre Gift für die Weltwirtschaft und nicht zuletzt auch für den Konjunkturmotor in den USA.

Allerdings ist der Erdölpreis mit derzeit rund 50 Dollar pro Barrel (159 Liter) ohnehin recht günstig. In wenigen Tagen wird das Erdöl-Kartell OPEC seine Produktionsziele bekanntgeben. Darauf will Trump, der selbst ein Land mit hoher Erdölproduktion führt, Einfluss nehmen.

Unter anderem trifft er sich mit Japens Premierminister Shinzo Abe und Indiens Ministerpräsidenten Narendra Modi. Beide Länder gehören zu den grössten Abnehmern von Öl aus dem Iran - sie sind über Ausnahmeregelungen derzeit noch von Sanktionen der USA verschont.

Grosse Demonstrationen angekündigt

Zehntausende Demonstranten wollen zum Auftakt des zweitägigen Gipfels am Freitag gegen die Wirtschaftskrise in Argentinien und die Staatsführer protestieren, die aus ihrer Sicht nicht genug gegen soziale Ungerechtigkeit in der Welt tun.

Ein massives Aufgebot von 25'000 Sicherheitskräften schützt die Staats- und Regierungschefs. Rund 3000 Journalisten aus aller Welt sind angereist. Das Pressezentrum erlebte am Donnerstag auch einige Pannen, weil das Internet mehrmals ausfiel - einmal für rund eine Stunde.

Schweiz beim Finance Track der G20

Die Schweiz ist kein Mitglied der G20, nahm aber als Gastland im Juli auf Einladung Argentiniens bereits zum dritten Mal in Folge und seit 2008 zum vierten Mal insgesamt am sogenannten Finance Track der G20 teil. Finanzminister Ueli Maurer vertrat die Position der Schweiz am Treffen mit seinen Amtskollegen. Auch Gespräche über eine künftige Beteiligung unter dem G20-Vorsitz Japans wurden bereits geführt.