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China und Amerika : Am seidenen Faden

Präsident Richard Nixon (r.) isst während seiner China-Reise 1972 gemeinsam mit Ministerpräsident Tschou En-lai. Bild: AP

Vor dem G-20-Gipfel in Buenos Aires herrscht die Sorge, dass der chinesisch-amerikanische Konflikt eskaliert. Finden die Gemäßigten in Peking und Washington noch Gehör?

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          Donald Trump macht es wieder einmal spannend. Mitte November hatte er über sein Treffen mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping am kommenden Samstag noch gesagt: „Ich glaube, es wird einen Deal geben.“ Doch nun sagt er, es sei „höchst unwahrscheinlich“, dass er die für Januar angekündigte Zollerhöhung von zehn auf 25 Prozent aussetzen werde wie von Peking erhofft.

          Friederike Böge
          Politische Korrespondentin für die Türkei, Iran, Afghanistan und Pakistan mit Sitz in Ankara.
          Majid Sattar
          Politischer Korrespondent für Nordamerika mit Sitz in Washington.

          Sie betrifft fast 40 Prozent der Importe aus China. Der amerikanische Präsident geht sogar noch weiter: Er droht damit, ausnahmslos alle Waren aus der Volksrepublik zu verteuern. Noch ist völlig offen, wie das Gespräch der beiden Präsidenten während des G-20-Gipfels in Buenos Aires verlaufen wird.

          Wird Trump das dritte persönliche Treffen der beiden nach den eher freundlichen Gipfeln des vergangenen Jahres in Florida und Peking nutzen, um Xi Jinping zu brüskieren? Oder wird er am Ende doch einen „Deal“ verkünden? Wie auch immer das Ergebnis aussehen wird: Es wird kaum die Kluft überwinden, die sich in den vergangenen Monaten zwischen Peking und Washington aufgetan hat. Längst geht es dabei nicht mehr nur um Handel. Es geht um einen geostrategischen Wettkampf zwischen der aufstrebenden Großmacht China und der Weltmacht Amerika.

          Offener Konflikt in der amerikanischen Regierung entbrannt

          Die chinesische Führung sieht im Handelsstreit inzwischen einen Vorwand. In Wahrheit gehe es Washington darum, den Wiederaufstieg Chinas zu alter Größe zu verhindern; es gleichsam einzudämmen, so wie einst die Sowjetunion. Bestätigt sehen sich die Strategen in den staatlichen Denkfabriken nicht zuletzt durch einen Vortrag, den Vizepräsident Mike Pence im Oktober gehalten hat. Manche in Peking gingen so weit, den Vortrag mit Winston Churchills berühmter Rede vom März 1946 zu vergleichen, in der er den Begriff vom „Eisernen Vorhang“ in Europa prägte und die als eine Schlüsselrede für den Beginn des Kalten Krieges gilt.

          Pence formulierte in seiner Rede eine beißende Kritik an der Herrschaft Xi Jinpings. Dessen neue Seidenstraße sei „Schuldendiplomatie“ und eine Lebensversicherung für korrupte Regime. Seine Industriepolitik „Made in China 2025“ basiere auf Diebstahl amerikanischer Technologie. Peking unterdrücke seine Bürger, schikaniere seine Nachbarn und zensiere selbst Hollywood. Grundtenor der Rede, die von Trumps sicherheitspolitischem Personal geprüft, wenn nicht sogar geschrieben wurde: Nach vier Jahrzehnten, in denen sich Amerika bemüht habe, China in die Weltordnung einzubinden, müsse man im Grunde feststellen, dass dieser Ansatz gescheitert sei.

          Diese Einschätzung wird in Washington inzwischen bis hinein ins Lager der Demokraten geteilt. Weit auseinander allerdings liegen die Vorstellungen bei der Frage, wie mit dem Konflikt umzugehen sei. Trump glaubt offenbar, China so behandeln zu können wie Mexiko oder Kanada – Staaten also, die er einfach mit der schieren ökonomischen Übermacht Amerikas erpressen konnte.

          Doch Xis China ist nicht Mexiko. Einigen in der Regierung scheint das bewusst zu sein. Finanzminister Steven Mnuchin und Wirtschaftsberater Larry Kudlow versuchen, den Präsidenten zu bremsen. Andere bestärken Trump und treiben ihn sogar weiter an, vor allem Peter Navarro, der Direktor des Nationalen Handelsrates. Es ist ein offener Konflikt in der amerikanischen Regierung – und es geht um mehr als um persönliche Eitelkeiten.

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