Wegweisendes Trans-Gesetz in Chile verabschiedet: „Schritt in die richtige Richtung“

Teilnehmerin auf der „Santiago Parade“, die am 17. November in Chile für mehr LGBT-Rechte demonstrierte

Teilnehmerin auf der „Santiago Parade“, die am 17. November in Chile für mehr LGBT-Rechte demonstrierte

Foto: Esteban Felix / AP Photo / dpa
Von: Roman Scheck

Chiles Präsident Sebastian Pinera (68) setzte am Mittwoch ein fortschrittliches Gesetz in Kraft. Künftig ist es Trans-Personen offiziell möglich, ihr Geschlecht in Dokumenten ändern zu lassen. Alle Erwachsenen und Jugendliche ab 14 Jahren dürfen demnach ihren Namen und ihr Geschlecht auf offiziellen Unterlagen aktualisieren.

Wegweisendes Urteil für LGBT-Rechte

Chile ist stark römisch-katholisch, konservativ und hat als eines der letzten Länder der Welt 2004 die Scheidung legalisiert. Doch das konservative Land öffnet sich langsam: 2015 führte es eingetragene Lebenspartnerschaften für gleich- und verschiedengeschlechtliche Paare ein, 2017 lockerte die Regierung das absolute Abtreibungsverbot. (Außer in besonderen Fällen bleibt Abtreibung allerdings weiter rechtswidrig.) Nun ist mit dem neuen Gesetz ein weiteres wegweisendes Menschenrechtsgesetz in Kraft getreten.

Präsident Sebastian Pinera findet, dass das neue Gesetz Teil der gesellschaftlichen Modernisierung seines Landes ist

Präsident Sebastian Pinera findet, dass das neue Gesetz Teil der gesellschaftlichen Modernisierung seines Landes ist

Foto: RODRIGO GARRIDO / Reuters

Trans-Personen benötigen kein ärztliches Attest mehr

„Mir ist klar, dass es bei diesem Thema unterschiedliche Meinungen gibt“, sagte der Politiker der konservativen Nationalen Erneuerungspartei, in der das Gesetz sehr umstritten ist. „Ich bin aber davon überzeugt, dass wir mit meiner Unterschrift einen Schritt in die richtige Richtung gehen.“ Trans-Personen würde damit eine große Last genommen. Anders als in Deutschland, gibt es in Chile beispielsweise keinen Zwang, zuvor ein Attest vorzulegen.

Auf Twitter erklärte der Präsident, dass man „fest davon überzeugt“ sei, dass alle Menschen „gleich an Würde, Rechten und Pflichten geboren sind“ und es verdienen, „frei zu leben“. Und fügte hinzu: „Damit sind wir auf dem Weg zu einer humaneren, liebevolleren und fürsorglicheren Gesellschaft, die Vielfalt besser schätzt und respektiert.“

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LGBT-Aktivisten begrüßen „historisches“ Gesetz

Menschenrechtsgruppen lobten das „historische“ Gesetz. Ein erster Gesetzentwurf wurde noch in der Legislaturperiode von Ex-Präsidentin Michelle Bachelet (67) eingebracht, dann jahrelang im Kongress beraten. Als aber der Film „Eine fantastische Frau“, in dem es um eine junge Transsexuelle geht, den Oscar gewinnt, gab das der Debatte so kurz vor der Amtseinführung Pineras neuen Auftrieb. Bereits im Mai hatte das Oberste Gericht entschieden, dass Erwachsene ihren Namen und ihr Geschlecht auch ohne chirurgische Operationen ändern könnten.

Auf Facebook begrüßten LGBT-Aktivisten das Urteil: „Wir widmen diesen Tag den Opfern von Transphobie und denen, die getötet wurden, weil sie eine andere Geschlechtsidentität haben und mit einem Führerschein starben, der sie nicht vertrat. Darum: Nie wieder!“

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»Noch ist nicht alles erreicht

Trotzdem: Noch gibt es bei den LGBT-Aktivisten keinen Grund zum erlösenden Jubelschrei. Weitere wichtige Themen bleiben: Sexualaufkärung in Schulen oder die Adoption bei eingetragen Lebenspartnern.

Ein Gesetzesentwurf, der die Umschreibung der bestehenden Definition der Ehe als „Bund zwischen Mann und Frau“ zum „Bund zwischen zwei Partnern“ vorsieht, wurde 2017 bereits von Ex-Präsidentin Michelle Bachelet unterzeichnet. Seitdem wird darüber diskutiert, das Inkrafttreten lässt auf sich warten. Ein LGBT-Aktivist sagt: „Wir haben noch lange nicht alles erreicht.“

Noch lange nicht alles erreicht: LGBT demonstrieren am 17. November beim Santiago Pride

Noch lange nicht alles erreicht: LGBT demonstrieren am 17. November beim Santiago Pride

Foto: Esteban Felix / AP Photo / dpa

Die lauteste Forderungen der Demonstranten bei der Santiago Pride Parade vor knapp zwei Wochen war also: „Basta de bla-bla!“ („Schluss mit dem Bla-Bla!“)

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