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Treffen in Buenos Aires Das sind die vier heikelsten Punkte des G20-Gipfels

Die Konferenz der mächtigsten Staats- und Regierungschefs in Argentinien wird schwierig: Der ukrainisch-russische Konflikt ist wieder ausgebrochen. Nicht das einzige Thema, das unter Krisenvorzeichen behandelt wird.
Angela Merkel und Donald Trump (Juli 2017 in Hamburg)

Angela Merkel und Donald Trump (Juli 2017 in Hamburg)

Foto: Sean Gallup/ Getty Images

Die Bilder vom vergangenen G20-Gipfel in Hamburg sind vielen in Erinnerung. Brennende Barrikaden, geplünderte Geschäfte, Straßenschlachten. Von Freitag an könnte es am ersten Gipfeltag in Buenos Aires zu ähnlichen Szenen kommen. Zehntausende wollen in der argentinischen Hauptstadt gegen Globalisierung und Macht der Konzerne protestieren.

Doch das ist nur ein Problem dies diesjährigen Treffens. Der Gipfel selbst bietet so viel politischen Zündstoff wie lange nicht mehr. Vier Krisen stehen im Fokus.

1. Die Eskalation vor der Krim

Die ukrainisch-russischen Spannungen rund um die annektierte Halbinsel Krim haben dem Gipfel überraschend ein neues Topthema beschert. US-Präsident Donald Trump hat das anvisierte Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bereits deswegen abgesagt (mehr dazu erfahren Sie hier).

Die Ukraine setzt dennoch auf eine Vermittlung beim Gipfeltreffen: "Das Ergebnis des Gipfels muss mindestens die Freilassung der 24 Soldaten sein", sagte die ukrainische Vizeinformationsministerin Emine Dzhaparova in Buenos Aires. Die russische Küstenwache hatte Anfang der Woche Booten der ukrainischen Marine die Durchfahrt in der Meerenge von Kertsch verweigert. Die Schiffe und die Matrosen wurden in russische Gewalt genommen.

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G20 in Buenos Aires: Einer gegen alle

Foto: NICHOLAS KAMM/ AFP

Wenn es nach der Regierung in Kiew geht, sollen ausgerechnet Trump und Kanzlerin Angela Merkel bei der Lösung des Konflikts helfen. Dass sie gemeinsam eine Strategie ausarbeiten, ist eher unwahrscheinlich. Zu verschieden ist ihr jeweiliger Politikstil. Bekannt ist bisher, dass die Kanzlerin bilaterale Treffen mit Trump und Putin plant. Der Kanzlerin kommt bei der Lösung des Konflikts somit eine Schlüsselrolle zu. Sie hat bereits mit Putin und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko telefoniert. Ihr G20-Terminkalender wurde allerdings durch die technische Panne im deutschen Regierungsflieger durcheinandergewirbelt: Merkel wird nun wohl erst am Freitag gegen 18 Uhr in Buenos Aires landen - und damit einen Großteil des ersten Gipfeltages verpassen (mehr dazu erfahren Sie hier).

2. Die Khashoggi-Affäre

Schon zwei Tage vor Gipfelbeginn traf der Teilnehmer in Buenos Aires ein, der es am G20-Tisch am schwersten haben wird. Jeder Schritt, jeder Handschlag, jedes Gespräch des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman wird genau beobachtet werden. Denn dass jemand mit den Mächtigsten der Welt verhandelt, der selbst verdächtigt wird, einen Mord in Auftrag gegeben zu haben, ist ein Novum. Zum Mord an dem regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul besteht erheblicher Erklärungsbedarf.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der sich als Chefaufklärer in der Sache geriert, ist ebenfalls in Buenos Aires dabei. Gegen ein Treffen mit Salman hat er grundsätzlich nichts einzuwenden.

3. Der INF-Abrüstungsvertrag

Droht ein neues Aufrüsten zwischen Russland und den USA? Das fürchten viele internationale Beobachter. Trump hatte im Oktober den Ausstieg aus dem zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion geschlossenen INF-Vertrag angekündigt. Er untersagt den Bau und Besitz landgestützter, atomar bewaffneter Raketen oder Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern.

Die USA und Russland werfen sich gegenseitig vor, den Vertrag gebrochen zu haben. Der deutsche Außenminister Heiko Maas hatte zuletzt gesagt, die Bundesregierung halte die Rettung des INF-Vertrags noch für möglich.

4. Der Handelsstreit

Wirtschaft und Handel sind traditionell die Hauptthemen bei den Gipfeltreffen. US-Präsident Trump spielt eine Hauptrolle. Mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping wird er über die Strafzölle reden, die er dem mächtigen Rivalen auf den Weltmärkten auferlegt hat.

Auch beim Gespräch mit Kanzlerin Merkel dürfte es in erster Linie um dieses Thema gehen. Berichten zufolge könnte Trump schon in der nächsten Woche deutsche Autos mit Strafzöllen belegen. Ein eigentlich für diese Woche geplantes Treffen mit den Chefs von VW, BMW und Daimler war nicht zustande gekommen.

Von Trump wird es am Ende wohl wieder abhängen, ob der Gipfel zumindest kleine Teilerfolge bringen wird - oder ob er, wie der G7-Gipfel in Kanada Anfang Juni, in einem Desaster endet. Damals kündigte der US-Präsident die mühsam ausgehandelte Abschlusserklärung nachträglich aus dem Flugzeug per Twitter auf. In zehn Jahren G20-Gipfel hatte es bisher immer solche Kommuniqués gegeben. Diesmal ist das alles andere als sicher.

mho/dpa/Reuters