Juso-Chef Kevin Kühnert hat gefordert, dass Sanktionen gegen Arbeitslose abgeschafft werden. Die Debatte über Änderungen bei Hartz IV in seiner Partei SPD empfinde er als Befreiungsschlag, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Er sei für Positivanreize, um Menschen besser für eine Arbeitssuche zu motivieren. "Wenn Leute sich an Fristen halten und Termine wahrnehmen, könnte man zum Beispiel über Vergünstigungen im öffentlichen Nahverkehr sprechen", sagte er. "Oft wurde zu viel gefordert und das Fördern kam zu kurz."

Um Menschen wieder verstärkt zu aktivieren, seien Anreize motivierender als belehrende Androhungen. "Das Jobcenter darf für junge Leute nicht weiter als Ort der Angst wahrgenommen werden", sagte Kühnert. Auch beim heute beginnenden Juso-Bundeskongress in Düsseldorf wird das Thema einer neuen Grundsicherung zentral sein. Zu dem Kongress, der am Sonntag endet, wird auch die SPD-Chefin Andrea Nahles erwartet.

Auch sie spricht sich inzwischen dafür aus, Hartz IV zu überwinden. Kühnert bezeichnet vor allem ihre Idee, Kinder komplett aus dem System der Grundsicherung herauszuholen, als Befreiungsschlag – diese sollen somit nicht weiter mit dem Stempel Hartz IV aufwachsen. "Sie hat den Begriff Kindergrundsicherung benutzt, ich gehe davon aus, dass wir so etwas auf die Beine stellen", sagte Kühnert. Auch "lähmende Debatten" darüber, das Kindergeld zu erhöhen, würden dann der Vergangenheit angehören. Bisher besteht der Zwang, zusätzliche Geld- und Sachleistungen anzurechnen, wodurch bei finanziell schwächeren Familien Kindergelderhöhungen wegfallen.

Derzeit erhalten etwa sechs Millionen Menschen Sozialleistungen nach dem Hartz-IV-System. Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfängern drohen Sanktionen und Kürzungen, wenn sie Aufforderungen der Jobcenter nicht nachkommen. "Auch wenn es nur drei Prozent der Bezieher betrifft. Das ist ein permanentes Damoklesschwert, das über allen hängt", sagte Kühnert.

Kühnert war vor einem Jahr mit 75 Prozent zum neuen Juso-Chef gewählt worden, die Amtszeit beträgt zwei Jahre. Als Gegner der großen Koalition schärfte er das Profil der Jusos unter anderem mit der Kampagne NoGroKo. Laut bundesweiten Umfragen wird er als Vorantreiber der SPD-Erneuerung angesehen.