Die steigenden Wohnkosten zwingen viele Mieter in größeren Städten zum Umdenken. Sie verzichten immer häufiger auf Wohnfläche, um sich eine Bleibe in einer zentralen Lage leisten zu können. Das geht aus der Studie „Wohntrends 2035“ hervor, die der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW veröffentlicht hat.
Grundsätzlich möchten Mieter zwar nach wie vor in einer möglichst großen Wohnung leben. In einer telefonischen Umfrage unter rund 3000 Personen ab 18 Jahren äußerten 72 Prozent den Wunsch nach einer mittelgroßen bis sehr großen Wohnung, wie aus der Studie hervorgeht. Nur sechs Prozent wollen von vornherein freiwillig lieber in einer kleinen Wohnung leben.
Doch angesichts der hohen Mieten geht dieser Wunsch immer seltener in Erfüllung. Auf die Frage, welche Einschränkungen sie am ehesten in Kauf nehmen würden, um Mietkosten zu sparen, antworteten 44 Prozent deshalb mit „eine geringere Wohnfläche“. 37 Prozent würden in eine günstigere Gegend ziehen, aber lediglich 19 Prozent eine schlechtere Ausstattung akzeptieren. Die Studie wurde von den Forschungsinstituten Analyse & Konzepte und Inwis erstellt. „Wo früher 70 Quadratmeter gemietet wurden, sind es heute manchmal nur noch 45“, sagte Bettina Harms, Gesellschafterin bei Analyse & Konzepte.
An der zunehmenden Knappheit und steigenden Preisen in Ballungszentren wird sich auf absehbare Zeit auch nichts ändern. Das machte der Präsident des GdW, Axel Gedaschko, erstmals in unmissverständlichen Worten deutlich. Bei allen Anstrengungen werde es auf absehbare Zeit einfach zu wenig neue Wohnungen geben.
Mehr Kapital in die Erreichbarkeit stecken
„Wir werden es nicht schaffen, zeitnah so viele Wohnungen zu bauen, dass alle in der Stadt leben können“, sagte Gedaschko. „Es wird nicht gelingen, vor allem nicht in sozialpolitisch vertretbarer Zeit. Weil die Zuwanderung zu groß ist“, so der GdW-Präsident unter Hinweis auf die Binnenwanderung vom Land in die Ballungszentren, aus EU-Staaten nach Deutschland, aber auch von anderen Asylbewerbern und Migranten, die in den Städten untergebracht werden müssen.
Weil in den Städten inzwischen der Platz fehlt und Grundstücke besonders teuer sind, müssten Politik und Verwaltung jetzt dafür sorgen, dass das Umfeld besser erschlossen wird. „Die angestammte Bevölkerung zieht weg aus den Großstädten. Das wird aber massiv unterschätzt“, so Gedaschko. Eindringlich appellierte er an die Gemeinden, mehr Kapital in die Erreichbarkeit, auch per Schiene, zu stecken. „In die Infrastruktur wurde das letzte Mal in großem Stil bei den Olympischen Spielen in München investiert“, so Gedaschko. Bund und Länder müssten die Gemeinden dabei finanziell unterstützen.
Der GdW vertritt die Interessen von öffentlichen Wohnungsgesellschaften und von Wohnungsgenossenschaften, die insgesamt rund sechs Millionen Wohnungen in Deutschland vermieten. Die Gesellschaften müssten in ihre Bestände investieren, auch in die Energieeffizienz, sagte Gedaschko. Doch auch das verteure das Wohnen. „Viele Mieter sind nicht mehr dazu bereit, energetische Modernisierung zu akzeptieren, weil sich herumgesprochen hat, dass die höhere Miete und Energie-Einsparungen nicht Hand in Hand gehen“, so der GdW-Präsident.
Dahinter steckt die Tendenz, dass Vermieter aufwendige energetische Sanierungen vornehmen – unabhängig vom erwiesenen Nutzen –, und einen guten Teil der Kosten dafür auf die Nettokaltmiete abwälzen. Dabei entstehen fast immer höhere Mietaufschläge, als die Mieter dann durch niedrigere Heizkosten einsparen.
Die Bundesregierung müsse deshalb für neue Kriterien bei der energetischen Sanierung sorgen. „Es sollte nur noch das gefördert werden, was die meiste CO2-Ersparnis bringt und die geringsten Kosten verursacht.“ Wenn hier nicht mehr Kosteneffizienz entstehe, „werden wir uns den letzten günstigen Wohnraum in Deutschland wegsanieren“. Selten hat ein Verbandschef in dieser Deutlichkeit einen Systemwechsel bei der energetischen Sanierung gefordert.
Die steigenden Wohnkosten stellen laut Bettina Harms vor allem für ältere Haushalte ein wachsendes Risiko dar. „Bald wird ein Viertel der Haushalte 65 Jahre und älter sein“, sagte sie. „Wir haben einen wachsenden Wohlstand, aber auch eine wachsende soziale Ungleichheit. Das Armutsrisiko steigt an, insbesondere bei älteren Menschen. Und das liege auch an den steigenden Wohnkosten.
Auf dem Land dagegen sei die Lage oft anders. Dort bleibe es beim klassischen Fall, in dem ältere Ehepaare, deren Kinder ausgezogen sind, in großzügigen Wohnhäusern bis ins hohe Alter bleiben wollten. Dieser Effekt sorge in der Statistik auch weiterhin für ein Anwachsen der Pro-Kopf-Wohnfläche in Deutschland.