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Pop Mark Knopflers neues Album

Das ist fast schon tanzbar

Literarischer Korrespondent
Handarbeiter: Mark Knopfler Handarbeiter: Mark Knopfler
Handarbeiter: Mark Knopfler
Quelle: Derek Hudson
Dire-Straits-Anführer Mark Knopfler hat ein neues Solo-Album gemacht. Muss uns das interessieren? Ja, denn „Down The Road Wherever“ ist sein bestes seit 30 Jahren.

Dire Straits? Oh, please. Das waren endlose Gitarren- und später auch Saxofonsoli, Synthie-Intros, bei denen man ruhig noch einmal kurz Bier holen und aufs Klo gehen konnte, bevor man den Gesangseinsatz verpasste, der wirkte, als würde der Sänger gerade selbst ein Bier bestellen.

Dire Straits, das waren Stirnbänder über beginnenden Kahlköpfen, das waren gigantomanische Welttourneen mit XXL-Versionen von eigentlich ganz gemütlichen Bluesrock-Songs, die so klangen, als sei der Tourbus mit einer Dampfwalze zusammengestoßen und hätte verloren.

Pfeifenraucher in der Disko

Ich weiß noch, wie ich mir vom letzten Taschengeld Vinylalben kaufte und es ganz normal fand, dass da auf einer Schallplattenseite nur ganze zwei Stücke Platz hatten, weil der Mann im Mischpult offenbar einfach nicht den Regler zum Fade-out gefunden hatte.

Und „Brothers in Arms“, das megaerfolgreiche Album von Mitte der 80er-Jahre, wurde vor allem deswegen aufgenommen, um die neue CD-Technologie weltweit zu verbreiten.

So klar wurde einem Fan wie mir das aber erst im Rückblick, als die Band sich aufgelöst hatte und Mark Knopfler sich dafür entschied, von Stund an regelmäßig Soloalben zu veröffentlichen, die in der musikalischen Landschaft der 90er, zwischen Hip-Hop, Grunge und House wirkten wie ein Pfeifenraucher in der Großraumdisco. Stichwort von der schwarzen Liste: „Griffbrettvirtuose“.

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Dabei war Knopfler trotz seiner ausgestellten Lässigkeit schon uncool gewesen, als er Ende der Siebziger antrat, quasi als Avantgardist des Adult Rock. Immerhin war er auch schon fast dreißig, als er mit „Sultans of Swing“ durch die Decke ging – und damit fast zehn Jahre älter als ein Popzeitgenosse wie Paul Weller von The Jam, der inzwischen aber recht ähnliche, handgemachte Musik fabriziert.

Inzwischen ist Mark Knopfler fast siebzig, und er hat wenig getan, um seinem Langweiler-Image entgegenzutreten. Schaut man sich ein Live-Video an, sieht man grauhaarige Pubgänger vor einem Publikum spielen, das auch einen Bingoabend im Seniorenheim beklatschen könnte. Irgendwann in den Neunzigern hat Knopfler sich angewöhnt, mit seinem Co-Gitarristen auf der Bühne Tee zu trinken.

Und jetzt aufgepasst. Die neue Single heißt „Back on the Dancefloor“. Ein wirklich guter Witz auf eigene Kosten, denkt man, aber das Stück klingt tatsächlich völlig anders als gewohnt, ist (fast) tanzbar und wahrscheinlich der beste Song, den Knopfler seit etwa dreißig Jahren geschrieben hat.

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Und das, ohne etwas wirklich anderes zu sein: Bluesakkorde, Backgroundvocals, sogar das Stratocaster-Solo ist dabei. Und handgeschmiedete Knopfler-Rollenlyrics: „We’re going for the major comeback/ for the motherlode/ the mighty score/ We’ll be the toast of every knocked out boogie shack“. Sensationell.

Mark Knopfler Down The Road Wherever
Mark Knopfler Down The Road Wherever
Quelle: Universal Music
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Das bleibt natürlich nicht ganz so. Das neue Album „Down The Road Wherever“ (Universal) beginnt mit dem fast schon selbstparodistischen Folkrock „Trapper Man“ über einen stur an seiner Lebensform festhaltenden Eigenbrötler, aber auch hier sind plötzlich soulige Backgroundstimmen zu hören.

Schon auf früheren Alben hat Knopfler sein übliches Americana-Spektrum gelegentlich zum R&B erweitert (etwa „Broken Bones“ auf dem letzten, insgesamt aber recht öden Album „Tracker“).

Mehr Lust auf Tanzen

Jetzt hat er deutlich mehr Lust auf Tanzen bekommen, wenn es auch nicht gleich total ekstatisch wird. Aber „Nobody Does That“ kommt immerhin mit funkiger Rhythmusgitarre und Bläsersätzen daher – und schon wirkt das Saxofonsolo nur noch halb so schlimm –, und auch „Good On You Son“, eine Satire auf den kalifornischen Way of Life wirkt extrem vital: „The skin of a mango is so smooth/ Smoother than the devil/ Cut it, slice it, chop it up/ to the rhythm of a Cockney rebel“.

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Auch in seinem Standardfach ist Knopfler sehr gut in Form: „One Song at a Time“ ist bestes Folksong-Writing, das nicht umsonst auf London ’79 zurückblickt ; „Drovers’ Road“ und vor allem „Matchstick Man“ sind typisch pathetische Knopfler-Balladen.

Und ich ertappe mich bei der Frage, wo ich verdammt noch mal meine alten Platten eingelagert habe. Ach stimmt, gibt ja inzwischen Spotify.

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