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Immobilien Konjunktur

Immobilienboom wird zum Risiko für Deutschland

Deutsche Städte sind zu teuer geworden

Investoren haben Milliarden in Immobilien hierzulande gesteckt - und so die Preise hoch getrieben. Doch nach Jahren des Booms finden sie deutsche Städte mittlerweile zu teuer.

Quelle: WELT / Kevin Knauer

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Die Bundesbank schaut mit zunehmender Sorge auf die wachsenden Risiken auf dem deutschen Immobilienmarkt.
  • In ihrem aktuellen Finanzstabilitätsbericht widmet sie sich der Frage, wie wacklig die Lage bereits ist.
  • Die Notenbanker halten die Preise in vielen Städten für 15 bis 30 Prozent überbewertet.

Steigende Mieten, horrende Immobilienpreise und der große Andrang bei Krediten sind nicht nur für die Bürger ein großes Thema. Auch die Bundesbank schaut mit zunehmender Sorge auf die wachsenden Risiken auf dem deutschen Immobilienmarkt.

Indirekt geht es auch den Währungshütern darum, ob sich die Bundesbürger die eigenen vier Wände noch leisten können und ob die Banken möglicherweise zu leichtfertig Darlehen ausreichen, die am Ende die Verbraucher überfordern.

In ihrem aktuellen Finanzstabilitätsbericht widmet sich die Bundesbank daher ausführlich der Frage, wie wacklig die Lage am deutschen Immobiliensektor bereits ist.

Quelle: Infografik WELT

Schließlich halten die Notenbanker die Preise in vielen Städten für 15 bis 30 Prozent überbewertet. „Bei hohem Wachstum und niedrigen Zinsen haben sich Verwundbarkeiten aufgebaut“, warnte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch bei der Präsentation des Reports.

Tatsächlich mehren sich nach neun Jahren des Aufschwungs die Anzeichen dafür, dass die besten Zeiten hinter Deutschland und der Weltwirtschaft liegen. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt war im dritten Quartal erstmals seit 2015 geschrumpft. Auch der Einbruch beim Deutschen Aktienindex Dax spiegelt, wie sehr das Geschäftsmodell der Exportnation Deutschland angesichts der zahlreichen Handelsstreitigkeiten zunehmend in Gefahr gerät.

Bundesbank erwartet keine Rezession

Die Bundesbank rechnet zwar nicht mit einer Rezession in den kommenden drei Jahren, dennoch zeigen sich die Währungshüter besorgt über die wachsenden „Verwundbarkeiten“ des deutschen Finanzsystems. „Ein unerwarteter starker Konjunktureinbruch dürfte mit einer erheblichen Korrektur der Vermögenspreise verbunden sein.

Somit würde er mehrere der genannten Verwundbarkeiten gleichzeitig offenlegen: Steigende Verluste durch Kreditausfälle und eine erhöhte Risikovorsorge würden damit einhergehen, dass Vermögenstitel und Kreditsicherheiten an Wert verlieren. Verluste würden die freien Eigenkapitalpuffer der Banken mindern“, warnen die Experten in ihrem Report.

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Was die Bundesbanker damit skizzieren, ist eine Art Teufelskreis, bei dem die Banken im Fall einer wirtschaftlichen Abkühlung hektisch ihre Kreditvergabe einschränken müssten, was wiederum die Konjunktur weiter abwürgen würde mit der negativen Folge, dass sich die Kreditqualität in den Büchern der Institute nochmals verschlechtert. Am Ende wäre dann die Stabilität des gesamten Finanzsystems tangiert.

Gleich mehrfach forderten die Währungshüter die privaten Kreditinstitute daher dazu auf, höhere Risikopuffer zu bilden. Fast konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Bundesbank den deutschen Bankensektor für nicht ausreichend gewappnet hält, einen Einbruch ohne größere Blessuren zu bestehen. Der jahrelange Aufschwung habe möglicherweise viele Institute dazu verleitet, Vermögenswerte zu optimistisch zu beurteilen und zu großzügig Kredite zu vergeben.

Banken stehen wegen Schönwettereffekt besser da

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Zwar weisen die Institute heute leicht höhere Eigenkapitalpuffer auf als noch vor wenigen Jahren. Allerdings heißt das nicht zwangsläufig, dass die Banken mehr Kapital vorhalten, um etwaige Risiken schultern zu können.

Die Kernkapitalquoten haben sich bei großen Banken nicht zuletzt deshalb verbessert, weil die von den Banken gehaltenen Anlagen während der stabilen Aufschwungphase als weniger riskant eingestuft wurden und damit automatisch mit höheren Werten in den Bilanzen auftauchen.

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In Krisenzeiten könnte sich dieser Effekt schnell wieder verflüchtigen und damit auch das Kernkapital der Banken. Nach Schätzungen der Bundesbank könnte die harte Kernkapitalquote der großen Banken, also der entscheidende Puffer der Kreditinstitute, im ungünstigen Fall um 0,4 bis 0,9 Prozentpunkte zurückgehen.

Quelle: Infografik WELT

Mit anderen Worten: Die Banken stehen unter anderem wegen dieses Schönwettereffekts heute stabiler da. Um ihren Standpunkt zu verdeutlichen, bemühte Buch den Vergleich zum diesjährigen Endlossommer. Niemand habe sich vorstellen können, dass das warme, schöne Wetter irgendwann zu Ende geht, und nun sitze man eben doch im nebeligen Herbst.

Welche Folgen ein Konjunktureinbruch mit gleichzeitig steigenden Zinsen für Immobilienbesitzer, aber auch für die Banken hätte, haben die Bundesbanker in einem Wohnimmobilienstresstest ermittelt. In ihrem Szenario unterstellen die Bundesbanker, dass die Immobilienpreise bis 2020 um insgesamt 30 Prozent zurückgehen, während gleichzeitig die Zinsen für Hypothekenzinsen auf 4,7 Prozent und damit das Niveau des Jahres 2009 steigen.

Wahrscheinlichkeit von Kreditausfällen könnte steigen

Komme dann auch noch ein erheblicher Einkommensrückgang der Bevölkerung hinzu – etwa durch steigende Arbeitslosigkeit –, würde das die sogenannte Kreditbelastungsquote der Haushalte rasant in die Höhe treiben. Gemeint ist damit die Relation von Schuldendienst zu Einkommen.

In der Vergangenheit lag diese Zahl für Eigenheimbesitzer bei etwa 33 Prozent. Sprich: die Haushalte mussten ein Drittel ihres verfügbaren Einkommens für Zinsen und Tilgung ausgeben. In dem von den Bundesbankern angenommenen Szenario mit steigenden Zinsen, steigender Arbeitslosigkeit und Preisverfall am Immobilienmarkt würde diese Quote mit 62 Prozent für Wohnungen und 63 Prozent für Eigenheime allerdings auf fast das Doppelte steigen.

„Diese Quoten liegen deutlich über den in der Vergangenheit in Deutschland beobachteten Werten. Zudem liegen sie über dem in internationalen Studien als kritisch gesehenen Niveau von 40 Prozent“, warnen die Bundesbanker. „Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Wahrscheinlichkeit eines Kreditausfalls spürbar erhöhen würde.“

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