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Hamburg Hamburgs Geschichte

Ein Museum wie ein Menschenleben

Keine Ausgrabung: 1978 wurde der Umbau zur Verschönerung des Museumsplatzes in Harburg abgeschlossen Keine Ausgrabung: 1978 wurde der Umbau zur Verschönerung des Museumsplatzes in Harburg abgeschlossen
Keine Ausgrabung: 1978 wurde der Umbau zur Verschönerung des Museumsplatzes in Harburg abgeschlossen
Quelle: Archäologisches Museum hamburg
Zwei Weltkriege hat das Archäologische Museum Hamburg überstanden, viele Umzüge und Direktoren erlebt. Seine 120-jährige Geschichte liest sich wie die Biografie eines spannenden Menschenlebens.

Museen sind wie Menschen. Sie werden aus der Hoffnung geboren, dass Erinnerungen fortbestehen. Sie wachsen heran, erleben Kriege und Krisen, die an ihrer Substanz zehren; sie wechseln mit den Lebensphasen die Wohnsitze. Und wenn sie rege und flexibel bleiben, erreichen sie ein hohes Alter. Das Helms-Museum in Harburg, das heute als Archäologisches Museum Hamburg – Stadtmuseum Harburg firmiert, wird jetzt 120 Jahre alt und ist damit aus dem Gröbsten raus. Gerade weil seine Geschichte so wechselhaft verlief, liest sie sich wie die Biografie eines interessanten Menschen.

Das Harburger Museum hat das gesamte 20. Jahrhundert gesehen und mauserte sich in dessen Verlauf von einem Bürgerverein zu einer Fachinstitution und zum Sitz der Hamburger Landesarchäologie. Aus Anlass seines Geburtstages, der am 21. November mit einem Festakt und am 24. und 25. November mit Tagen der offenen Tür gefeiert wird, erscheint ein Buch über den Werdegang des Jubilars.

Senator Helms hatte die Idee

Die vom Landesarchäologen und Museumschef Rainer-Maria Weiss herausgegebene Publikation enthält neben den Texten viele historische Fotos. Aufgrund der diversen Umzüge und Konzeptwechsel zeigt sich der wachsende Bestand auf den Bildern immer wieder in neuem Licht.

Auch die Personen, die das Haus prägten, werden in Bild und Wort gewürdigt. Am Anfang steht der Kaufmann und Senator August Helms, der die Konstituierung eines Museumsvereins anregte. Dessen Aufgabe sollte es sein, „geeignete Gegenstände“ zu sammeln und zu konservieren sowie „das Interesse für Geschichte, Kunst, Handel und Gewerbe im Stadt- und Landkreis“ zu fördern. Am 5. November 1898 wurde der Verein gegründet.

Im folgenden Frühjahr bezog das junge, noch heimatlose Heimatmuseum ein Zimmer der Gelben Schule am heutigen Rathausplatz, in dem die Exponate, vor allem waren das Bürgerspenden, gezeigt wurden.

Im Jahr 1901 bestand die Kollektion bereits aus 2.000 Objekten, die nun in 14 Zimmern eines Gebäudes der ehemaligen Handelsschule logierten. Das Spektrum umfasste Ur-, Vor- und Stadtgeschichte, Volks- und Naturkunde sowie Ethnographie; Highlights der Schau waren die rekonstruierte Vierländer Stube und die Bauernstube aus Altniedersachsen. Obwohl der Erste Weltkrieg alle Pläne für einen Museumsneubau zerschlug, konnte die Sammlung am 4. September 1925 als Helms-Museum neu eröffnen.

Die Söhne von August Helms hatten eine Villa an der Buxtehuder Straße gekauft und dem Verein als Museumsresidenz geschenkt. 20 verglaste Ausstellungsschränke und 40 Tischvitrinen bargen nun die Schaustücke, die dort ungleich würdiger wirkten, als auf den zuvor genutzten Holztischen. Unter dem Direktor Theodor Benecke wuchs die Sammlung bis 1929 auf 50.000 Objekte.

Vom Krieg gezeichnet

Den Sprung vom Heimat- zum Archäologie-Museum stieß der Lehrer Willi Wegewitz an, dessen prägende Ägide von 1930 bis 1966 dauerte. Wegewitz ordnete die Bestände und schuf in der Schausammlung eine erste Chronologie archäologischer Funde von der Steinzeit bis zum Mittelalter. Der Zweite Weltkrieg unterbrach die Neuaufstellung. Ein Teil der Sammlung wurde ausgelagert, trotzdem überstanden viele Objekte den Krieg nicht.

Die Museumsvilla trug starke Bombenschäden davon, so dass 1955 schließlich eines der ersten deutschen Nachkriegs-Museumsgebäude am heutigen Standort eröffnete. Der funktionale Stahlbetonbau barg eine Dauerausstellung zur Harburger Stadt- und Industriegeschichte, zur Geologie und zur Archäologie, die jetzt im Vordergrund stand. Wegewitz gelang es, die Öffentlichkeit für die Vorgeschichtsforschung und die Ausgrabungstätigkeit des Museums zu interessieren. 1953 gründete er das Freilichtmuseum am Kiekeberg, wo die vorindustrielle Landwirtschaft dokumentiert wurde.

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Der Lehrer Claus Ahrens, der seit 1966 die Museumsleitung inne hatte, führte die Arbeit seines Vorgängers fort und setzte sich besonders für das Freilichtmuseum als Bildungsort ein. Sein Vorschlag, das Helms-Museum zum „gesamthamburgischen Institut für Vor- und Frühgeschichte“ zu machen, fand bei der Kulturbehörde Gehör, so wurde das Haus im Frühjahr 1972 zum Archäologischen Museum der Stadt Hamburg.

Das Museum in Krisenzeiten

Die Archäologie-Sammlungen der anderen städtischen Museen mussten nun integriert werden, was wiederum eine Neukonzeptionierung der Dauerausstellung bedeutete. Dabei entstand das Großdiorama „Panorama der Jahrtausende“ in 17 Schaukästen. Die wichtigste Neuerung, die Ahrens einführte, war die Entwicklung museumspädagogischer Programme. Der größte Rückschlag in seiner Amtszeit war die von der Stadt initiierte Abtrennung des Freilichtmuseums 1987 und dessen Verkauf an den Landkreis Harburg.

Das Ende des Jahrtausends war eine Krisenzeit für das Museum. Als der Archäologe Ralf Busch 1987 die Leitung übernahm, herrschte im Haupthaus enormer Platzmangel, so dass die dem Museum neuerdings angegliederte Aufgabe der Landesarchäologie, die zuvor vom Denkmalschutzamt wahrgenommen worden war, in die historische Feuerwache zog. Zwar zeigte Busch große archäologische Ausstellungen und stellte außerdem Gegenwartskünstler wie Hanne Darboven aus, die Raumprobleme blieben aber ungelöst. 1992 wanderte die Archäologische Dauerausstellung ins Magazin, da das Museumsgebäude für zwei Jahre geschlossen und komplett umgebaut wurde.

Wo die Schausäle gewesen waren, entstanden nun Büros; nur im Erdgeschoss blieb eine Fläche für Sonderschauen bestehen. Die Archäologische Ausstellung konnte erst im Jahr 2000 wiedereröffnet werden – in der ehemaligen Stadtbücherei am Rathausplatz. Die Präsentation kam nicht gut an, die Besucherzahlen sanken. Busch warf das Handtuch.

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Im Juni 2003 übernahm der Archäologe Rainer-Maria Weiss die Leitung des kriselnden Museums. Seine wichtigste Aufgabe: Konsolidierung. Weiss trat, wie er sagte, als „Werbemanager in Sachen Archäologie“ an. Die Ausgrabungen auf dem Domplatz sorgten unter dem Slogan „Mythos Hammaburg“ für Aufmerksamkeit, während in Harburg aufgeräumt wurde. Die gesammelten Schätze zogen in ein angemietetes Depot um, der Außenbereich zwischen beiden Häusern wurde umgestaltet und die Feuerwache aufgegeben.

2009 öffnete am Rathausplatz die modern designte Archäologische Dauerschau unter dem programmatischen Motto „Entdecken – Erleben – Verstehen“ ihre Pforten. Nebenan, am Museumsplatz, werden regelmäßig Sonderausstellungen gezeigt, die sich im Wechsel populären und wissenschaftlich anspruchsvollen Themen widmen.

Die Zukunft des agilen, 120-jährigen Museums hat jetzt begonnen: Demnächst soll im gotischen Gewölbekeller des Harburger Schlosses das Stadtmuseum Harburg einziehen und fortan am historischen Ort Stadtgeschichte erzählen. Und am Hopfenmarkt in der Innenstadt wird eine konservierte Ausgrabungsstätte als Außenstelle des Museums eingerichtet, die von der Hammaburg und den Wurzeln Hamburgs berichtet.

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