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Pop Kate Bush runderneuert

Es weht ein frischer Wind über Wuthering Heights

Kate Bush relaxing in a hotel room, Tokyo, June 1978. (Photo by Koh Hasebe/Shinko Music/Getty Images) Kate Bush relaxing in a hotel room, Tokyo, June 1978. (Photo by Koh Hasebe/Shinko Music/Getty Images)
Mit dem Weichzeichner fing alles an: Kate Bush im Jahr 1978
Quelle: Getty Images
Kate Bush war Hauptheldin und Haupträtsel der jüngeren Popmusik. Jetzt hat sie ihr Gesamtwerk auf den neuesten Stand der Aufnahmetechnik gebracht. Rätseln muss man jetzt nicht mehr. Aber etwas fehlt.

Ach, was waren es für Zeiten, als Kate Bush noch als die führende Enigmatikerin im Popgeschäft galt. 1993, nach ihrem siebenten Werk „The Red Shoes“, zog sich die britische Musikerin, die den Leuten ohnehin schon komisch vorkam, plötzlich konsequent aus der Öffentlichkeit zurück.

Man hörte nichts mehr von ihr, nirgends bekam man sie zu sehen. Woran mochte das liegen? Hatte sie etwa eine interessante Neurose entwickelt, möglicherweise eine unüberwindliche Scheu vor den Menschen?

Steckte dahinter eine ausgeklügelte Strategie oder befand sie sich nach dem eher verzichtbaren Hörerlebnis von „The Red Shoes“ in einer kreativen Sackgasse, aus der sie keinen Weg heraus fand?

Kate Bush auf den "Wuthering Heights"

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Der amerikanische Schriftsteller John Mendelssohn widmete dem Rätselraten 2004 sogar einen kompletten Roman. In „Waiting for Kate Bush“ philosophiert er ausgiebig über die Karriere abwesenden Künstlerin, während er nebenbei von dem bewegenden Schicksal eines übergewichtigen männlichen Unterwäschemodels erzählt, das sich nur deshalb nicht in den Tod stürzt, weil es auf ein neues Kate-Bush-Album wartet.

Als hätte Mendelssohn es herbei geschrieben, erschien das achte Werk „Aerial“ im darauf folgenden Jahr. Seither geht es Schlag auf Schlag.

Wie Bush vor Jahren in einem Interview mit dieser Zeitung erklärte, hatte die zwölfjährige Pause allerdings eher profane Gründe. Die Zeit würde einfach schnell so laufen.

Es gebe ja nicht nur Arbeit im Leben. Und außerdem habe sie sich um ihren Sohn Bertie gekümmert, da sei das Musizieren eben zweitrangig geworden.

Irgendwann war Bertie, 1998 als Albert McIntosh geboren, dann aber aus dem Gröbsten raus, weswegen die Musik wieder in den Vordergrund rückte. Im Mai 2011 veröffentlichte Bush mit „Director’s Cut“ eine gründlich überarbeitete Version ihrer beiden Alben „The Sensual World“ und „The Red Shoes“, gerade mal ein halbes Jahr später folgte dann ihr Winteralbum „50 Words for Snow“.

„Remastert“

Im August 2014 kehrte Bush nach 35 Jahren Pause auf die Bühne zurück und gab in London 22 Konzerte, wovon 2016 wiederum der Mitschnitt „Before the Dawn“ in den Handel kam. Und nun wird alles, was sie je veröffentlicht hat, noch einmal als „Kate Bush – Remastered“ neu erscheinen – restauriert, geputzt, akustisch aufpoliert und neu verpackt.

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Die Werkschau wird in zwei sparaten CD-Boxen oder vier Vinylboxen aufbereitet, was vielleicht ein wenig übertrieben ist, wenn man bedenkt, dass Kate Bush in ihrer 40-jährigen Karriere ja eigentlich nur neun Studioalben aufgenommen hat. Andererseits beginnt ja auch bald die Weihnachtssaison.

Kate Bush war 19, als man 1978 das erste Mal von ihr hörte. Mit großen Augen, wildem Haar und einer Stimme, die so herausragend quietschte, dass sie den Sex-Pistols-Sänger Johnny Rotten mit Begeisterung an einen Sack voller Katzen denken ließ, ruft sie „Cathy“ und „Heathcliff“ und dann wieder „Cathy“.

„Wuthering Heights“ war ihre akustische Aufbereitung von Emily Brontës viktorianischen Romanklassiker von 1847, von dem Bush später zugab, ihn nie zu Ende gelesen zu haben.

Im dazugehörigen Video übte sie sich in einem weißen Kleid in der Kunst des Ausdruckstanzes, zog Grimassen und beschrieb mit den Handflächen eine imaginäre Wand, an der sie entlang schritt, als suchte sie Einlass.

Dabei war sie längst drin. Wer „Wuthering Heights“ einmal hörte, bekam es nie mehr aus dem Kopf.

Ab jetzt alles unter Kontrolle

Der Erfolg der Single und des Albumdebüts „The Kick Inside“ übertraf alle Erwartungen, weshalb Bushs Plattenfirma befand, sie müsse gleich anschließend ein weiteres Album aufnehmen.

„Lionheart“ erschien nur acht Monate später, doch schon zum Zeitpunkt des Erscheinens war sie nicht mehr damit glücklich. Weil sie sich nie wieder drängeln lassen wollte, ließ Bush sich für alle folgenden Platten die komplette Kontrolle zusichern.

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Als Resultat kam „Never For Ever“ deutlich experimenteller daher. Bush hatte den Fairlight CMI, den ersten digitalen Synthesizer mit Sampling-Funktion, für sich entdeckt und war wild entschlossen, ihn für ihre Zwecke zu nutzen.

Für die Single „Babooshka“ sollen im Studio erstaunliche Mengen Porzellan zerschlagen worden sein, um exakt den Klang von zerspringendem Porzellan einzufangen, den Bush sich vorgestellt hat.

Das erregte zwar den Unmut des Personals, war aber bald wieder vergessen, als das Stück zum Hit wurde. „Never For Ever“ war 1980 nicht nur ihr erstes Nummer-eins-Album, sondern auch das erste Album einer Frau, das von null auf eins in die britischen Charts einstieg.

Davon ermutigt, übernahm sie für „The Dreaming“ von 1982 gleich die komplette Produktion selbst. Bush war ganz in ihrem Element und ließ es trommeln, klappern und scheppern sowie nach Herzenslust jaulen und kreischen.

Es kam ein Vogelstimmenimitator zum Einsatz, der Eselsgeräusche machte. Ein Didgeridoo wurde gespielt und die Musik der Kelten zitiert. Kurzum: „The Dreaming“ war ein Meisterwerk.

Die Alben eins bis vier stecken nun in der ersten Vinylbox von „Remastered“, was insofern schade ist, weil es bedeutet, dass ihr fünftes und vielleicht bestes Album „Hounds of Love“ deshalb mit den eher schwächeren Werken „The Sensual World“ und „The Red Shoes“ in der zweiten Box steckt.

Und hört es sich nach dem Remastering, das die Künstlerin persönlich durchgeführt hat, überhaupt anders an? Nun, man hört nichts, was nicht vorher auch schon dagewesen wäre.

In der neu bearbeiteten Version von „Aerial“ fehlen allerdings die Wortbeiträge des australischen Entertainers Rolf Harris. 2014 wurde Harris wegen Kindesmissbrauchs verurteilt, weshalb Bush ihn nun von dem Album löschte und die Stücke „An Architect’s Dream“ und „A Painter’s Link“ von Sohn Bertie neu einsprechen ließ.

„Aerial“ steckt mit „Director’s Cut“ und „50 Words for Snow“ in der dritten Vinylbox, während die vierte Box wiederum diversen Remixen, auf Vinyl bislang nicht erhältlicher Coverversionen und Raritäten vorbehalten ist.

Das Live-Album „Before The Dawn“ ist in der Vinylversion von „Remastered“ allerdings nicht enthalten. Aber warum? Wahrscheinlich, weil man sich die Möglichkeit offenhalten will, Bushs Werkschau in ein paar Jahren in einer überarbeiteten Version noch ein weiteres Mal auf den Markt zu bringen.

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