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Europa EU-Austritt

Was Britannien-Urlauber nach dem Brexit erwartet

Wenige Monate vor dem Austritt von Großbritannien aus der EU ist die Unsicherheit groß. Wir skizzieren, worauf sich England-Touristen einstellen müssen – und welche Vorteile der Brexit bieten könnte.
Beliebtes Touristenziel: Die Tower Bridge in London Beliebtes Touristenziel: Die Tower Bridge in London
Beliebtes Touristenziel: Die Tower Bridge in London
Quelle: Getty Images

Die Uhr tickt: Am 29. März 2019 will Großbritannien aus der EU austreten – aber die Verhandlungen über das Wie verlaufen zäh. Vereinbart ist noch nichts, unklar ist auch, ob es eine Übergangsfrist geben und wie lange diese dauern wird. Die Unsicherheit wächst, auch unter Touristen.

Fluggesellschaften und Behörden bereiten sich auf alle Szenarien vor – auch auf einen harten Brexit, also einen ungeregelten EU-Austritt. Die wichtigsten Fragen für Reisende im Überblick.

Wird Urlaub in Großbritannien durch den Brexit teurer?

Im Gegenteil – wahrscheinlich sogar günstiger. Schon bei Bekanntgabe des Brexit-Entscheids stürzte das Pfund auf den tiefsten Stand seit 1985, seither hat sich der Kurs kaum erholt. Man bekommt also mehr Pfund für weniger Euro. Experten glauben, dass sich der Trend fortsetzen könnte, auch weil der Brexit die britische Wirtschaft belastet.

Wird die Einreise komplizierter?

Grenzkontrollen gab es bisher schon, da Großbritannien kein Mitglied des Schengener Abkommens ist. Urlauber müssen bei der Einreise wenigstens ihren Personalausweis vorzeigen. Ob dieser künftig ausreicht, ist noch nicht klar. Durchaus möglich, dass die Briten nach dem Brexit von EU-Bürgern bei der Einreise einen Reisepass verlangen. Wer bisher keinen hat und Britannien besuchen will, müsste also einen beantragen. Die Gebühr beträgt für Bundesbürger unter 24 Jahren 37,50 Euro, wer 24 Jahre oder älter ist, zahlt 60 Euro.

Brauchen EU-Bürger ein Visum?

Für eine normale Urlaubsreise ziemlich sicher nicht. Großbritannien wird nicht auf Touristen aus Europa verzichten wollen und daher wohl keine umständliche Visumspflicht einführen. Wahrscheinlicher ist eine Regelung wie in der Schweiz, die ebenfalls kein EU-Mitglied ist: Dort dürfen sich EU-Bürger bis zu 90 Tage visumfrei aufhalten.

Droht Chaos an den Flughäfen?

Experten halten das nicht für ausgeschlossen. Mit Großbritanniens Austritt aus der EU verlieren auch die Privilegien britischer Fluggesellschaften im EU-Luftverkehr ihre Gültigkeit. Bei einem Brexit ohne Abkommen dürften britische Airlines nicht einfach so in der EU landen oder Flüge zwischen EU-Staaten durchführen.

Die International Air Transport Association warnte kürzlich vor einem „Albtraum auf europäischen und britischen Flughäfen“, wenn „Millionen Passagiere möglicherweise festsitzen“. Beim Billigflieger Ryanair, der mehrheitlich britischen Aktionären gehört, rechnet man laut Fachmagazin „Airliners“ damit, dass der Flugverkehr nach einem chaotischen Brexit bis zu drei Wochen ruhen könnte.

Im Falle eines Brexits ohne Abkommen dazu sind Störungen im Flugverkehr zu befürchten
Im Falle eines Brexits ohne Abkommen dazu sind Störungen im Flugverkehr zu befürchten
Quelle: LightRocket via Getty Images

Auch die britische Regierung – das geht aus einem Ende September veröffentlichten Dokument hervor – hält Störungen im Luftverkehr für wahrscheinlich, sollte es zu einem harten Brexit kommen. Britische Airlines würden das bisher automatische Recht verlieren, in der EU landen zu dürfen, heißt es. Das Gleiche gälte umgekehrt für Gesellschaften aus der EU mit Zielflughafen im Vereinigten Königreich. Diese müssten für Flüge zwischen Großbritannien und der EU vorher eine entsprechende Erlaubnis einholen.

Optimistisch gibt man sich bei der britischen Billiglinie Easyjet: „Verbraucher, Fluggesellschaften und Politiker aus Großbritannien und Europa wollen, dass Flüge zwischen Großbritannien und Europa fortgesetzt werden“, sagt ein Sprecher, „wir bleiben zuversichtlich, dass unsere Flüge selbst im Falle eines No-Deal-Brexits weiterhin durchgeführt werden.“ Vorgesorgt hat man jedenfalls: Um EU-Flughäfen weiter bedienen zu können, gründete die Airline voriges Jahr die österreichische Fluggesellschaft Easyjet Europe und will noch in diesem Jahr 180 Flugzeuge dorthin umregistrieren lassen. Diese dürfen dann auch Strecken innerhalb der EU verbinden.

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Unklar ist laut dem britischen Verbrauchermagazin „Which“ zudem, ob EU und Großbritannien gegenseitig ihre Flughafen-Security-Systeme anerkennen werden. Kommt es nicht dazu, müssten Passagiere beim Umsteigen nochmals durch die Sicherheitskontrolle, was die Transferzeit deutlich verlängern würde.

Muss man strengere Zollvorschriften beachten?

Das ist denkbar. „Die Zollverwaltung bereitet sich intensiv auf die Folgen des Austritts Großbritanniens aus der EU vor“, sagt ein Sprecher der Generalzolldirektion. Kommt es zu einem No-Deal-Brexit, wäre das Vereinigte Königreich ohne privilegierte Partnerschaft oder Freihandelsabkommen mit der EU. „Dies hätte zur Folge, dass Waren aus Großbritannien zollrechtlich wie andere Drittlandswaren abzufertigen sind“, vergleichbar etwa mit Mitbringseln aus den Vereinigten Staaten.

Noch darf man zum Beispiel von einem Schottland-Urlaub zehn Liter Whisky ohne jegliche Zollformalitäten oder Abgaben als Souvenir nach Hause mitnehmen. Denn so hoch sind die Richtmengen für Spirituosen innerhalb der EU (bei weiteren Genussmitteln liegen sie zum Beispiel bei 20 Litern für Sherry). Sonstige Waren, etwa Kunst oder antike Möbel, unterliegen innerhalb der EU in der Regel keinen Beschränkungen.

Duty Free wird für Urlauber durch einen britischen EU-Austritt möglicherweise attraktiver. Doch es sinken die zollfreien Einfuhrmengen
Duty Free wird für Urlauber durch einen britischen EU-Austritt möglicherweise attraktiver. Doch es sinken die zollfreien Einfuhrmengen
Quelle: UIG via Getty Images

Wird Großbritannien zum Drittland, würden weitaus geringere Reisefreimengen gelten. Man dürfte dann nicht mehr als einen Liter Whisky zollfrei im Koffer haben. Vor allem aber muss man bei sonstigen Waren darauf achten, dass deren Wert 300 Euro nicht übersteigt, bei Schiffs- und Flugreisen 430 Euro.

Dafür könnte man dann wieder beim London-Trip steuerfrei im Duty-free-Shop einkaufen – doch auch hier dürfen die Reisefreimengen nicht überschritten werden, will man ohne Abgaben durch den Zoll. Dieser rechnet für den Fall eines No-Deal-Brexits mit einem bundesweiten Personalmehraufwand von rund 900 Arbeitskräften. Bleibt Großbritannien in der Zollunion, wird es kein Duty-free-Shopping geben, dafür aber die verbraucherfreundlichen Obergrenzen wie bisher.

Was ist mit den Rechten für Reisende?

Auch die Fahr- und Fluggastrechte könnten vom Brexit betroffen sein. So garantieren die EU-Leitlinien Flugreisenden bei Verspätung oder Annullierung eine Entschädigung, wenn sie innerhalb der EU reisen, aus der EU aus- oder in die EU einreisen. Was aus diesen Rechten wird, ist noch unklar.

Möglich ist, dass Großbritannien solche Regelungen weiterhin einhält. So bieten etwa auch Island und Norwegen als Nicht-EU-Mitglieder die gleichen Fahrgastrechte, denn sie gehören dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) an. Denkbar wäre aber auch ein gesondertes britisches Abkommen mit der EU.

Müssen Urlauber mit teuren Roaming-Gebühren rechnen?

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Im Britannien-Urlaub mal schnell nach Hause telefonieren oder Bilder auf Facebook posten – zurzeit kostet das in der Regel nicht mehr als innerhalb Deutschlands, da die früher oft extrem hohen Roaming-Gebühren 2017 innerhalb der EU abgeschafft wurden.

Ob dies in Großbritannien nach dem Brexit weiterhin so günstig sein wird, ist nicht sicher. Idealerweise werden viele Anbieter dies ihren Kunden ermöglichen, um für sie attraktiv zu bleiben. So sind derzeit in den Europa-Tarifen etlicher Mobilfunkanbieter auch Staaten eingeschlossen, die nicht zur EU gehören, etwa die Schweiz. Es lohnt sich auf jeden Fall, beim Anbieter nachzufragen.

Ein britischer EU-Austritt könnte die Rückkehr der Roaming-Gebühren bedeuten
Ein britischer EU-Austritt könnte die Rückkehr der Roaming-Gebühren bedeuten
Quelle: LightRocket via Getty Images

Was ist mit dem Krankenversicherungsschutz?

Die Europäische Krankenversicherungskarte (EHIC) behält bis zum Austritt Großbritanniens aus der EU ihre Gültigkeit, bestätigt das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland. Mit dieser Karte können gesetzlich Versicherte während ihres Urlaubs im Vereinigten Königreich zum Arzt gehen. Der muss allerdings dem National Health Service angehören – dann übernehmen die Krankenkassen die Kosten für die medizinisch notwendige Versorgung.

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Bleiben die Briten nach dem Brexit im Europäischen Wirtschaftsraum, dürfte die Europäische Krankenversicherungskarte weiterhin akzeptiert werden. Wenn nicht, entfällt der Versicherungsschutz für Britannien-Urlauber. Für diesen Fall empfiehlt sich der Abschluss einer privaten Auslandskrankenversicherung. Für privat Krankenversicherte ändert sich durch den Brexit nichts.

Was passiert an der Grenze zwischen Nordirland und Irland?

Derzeit brauchen deutsche Besucher lediglich einen gültigen Personalausweis oder Reisepass, wenn sie in die Republik Irland oder nach Nordirland einreisen. Auf der Insel bestehen keinerlei Grenzkontrollen zwischen der Republik Irland und Nordirland. Sämtliche Grenzeinrichtungen entlang der 360 Kilometer langen Linie wurden infolge des Good Friday Agreement von 1998 abgeschafft, sagt eine Sprecherin von Tourism Ireland – das Abkommen beendete einen jahrzehntelangen Terrorkampf und Bürgerkrieg zwischen Katholiken und Protestanten. Tourism Ireland ist grenzübergreifend für Tourismuspromotion auf der gesamten irischen Insel zuständig, also für Irland und Nordirland.

erlassener Grenzposten in Irland. Nach dem EU-Austritt der Briten wäre dies hier eine EU-Außengrenze
Verlassener Grenzposten in Irland. Nach dem EU-Austritt der Briten wäre dies hier eine EU-Außengrenze
Quelle: Getty Images

Laut Botschaft von Irland in Berlin würde sich im Falle einer möglichen Übergangsphase für Reisende nichts ändern: „Es werden keine Grenzkontrollen eingerichtet.“ Die Iren hoffen, dass anschließend die Beziehungen beider Staaten so eng sein werden, dass sich auch im Anschluss an diese Übergangsphase nichts ändern wird. „Für die Republik Irland sind Grenzkontrollen keine Option“ – also auch für den Fall, dass es zu einem Brexit ohne Deal kommt.

Wie das ohne Abkommen zwischen EU und Vereinigtem Königreich gelingen kann, ist allerdings unklar und weiterhin einer der größten Streitpunkte. Denn mit einem harten Brexit würde die heute unsichtbare Trennlinie zwischen Irland und Nordirland zur EU-Außengrenze. Schwer vorstellbar, wie die ohne Grenzkontrollen überwacht werden könnte.

Wenn das Meer neonblau glüht

An der Küste vor Wales ereignete sich ein seltenes Spektakel. Nachts leuchteten die Wellen im strahlenden Neonblau und luden zum Spielen ein – aber sehen Sie selbst.

Quelle: Reuters

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