Der Schweizer Jazz-Trompeter Peter Schärli war in Genua, als die Morandi-Brücke einstürzte. Dort ist die Musik zu seinem neuen Bandprojekt «Peace Now!» entstanden.
«Lebst du noch?» Ein SMS nach dem anderen erkundigte sich an diesem verhängnisvollen 14. August besorgt nach dem Befinden von Peter Schärli. Denn der Schweizer Jazz-Trompeter mit internationalem Ruf weilte im Atelier des Solothurner Bildhauers Schang Hutter in Genua, als kaum einen Kilometer entfernt die Morandi-Brücke einstürzte und über 40 Menschen in den Tod riss.
Schärli hat von dieser Katastrophe glücklicherweise gar nichts mitgekriegt. Der 63-jährige Trompeter war vertieft in seine neue Musik, die neuen Kompositionen und Konzepte für sein neustes Bandprojekt. Die Tragödie von Genua ist denn auch nicht explizit in die neuen Stücke eingeflossen, doch seine Musik reflektiert das Leben, die Welt, in der sich der Jazzmusiker bewegt. «Beim Improvisieren wie Komponieren beginne ich im Nichts und lasse etwas entstehen», sagt er, «was um mich herum passiert, fliesst irgendwie automatisch in meine Musik.»
Der Einsturz der Morandi-Brücke ist für Schärli Sinnbild einer Welt, die «zunehmend aus den Fugen gerät». Einer Welt, die, «getrieben von Geldgier und Profitmaximierung, Menschenrechte verletzt, über Leichen geht». Einer Welt, die «immer liebloser, unmenschlicher, brutaler» wird und der es einfach «nicht gelingt, Frieden zu schaffen». «Ich habe das Gefühl, dass wir eine Generation der Versager sind», sagt Schärli.
In Genua hat der Jazzmusiker aber nicht nur Tod, Verderben und Zerstörung erlebt. «Die Stadt wird von unglaublich vielen Immigranten belebt», sagt er, «trotzdem leben alle relativ friedlich mit- und nebeneinander. Genua ist ein Beispiel für eine friedliche multikulturelle Gesellschaft.» Seine Musik will Schärli deshalb auch als ein Statement der Hoffnung, der Freude und der Zuversicht verstanden wissen. «Peace Now!» nennt er sein neustes Projekt, «Hope Not Hate», «Waiting For Peace» oder «Flowers For Love» heissen seine neuen Stücke für eine bessere Welt.
Schärli arbeitet seit Jahren hauptsächlich in denselben Formationen mit denselben Musikern. «Peace Now!» ist dagegen eine komplett neu zusammengestellte Band mit Jean-Jacques Pedretti (Posaune), Norbert Pfammatter (Schlagzeug) und Christian Weber (Bass). Gespannt darf man auf das Zusammenspiel mit der deutschen Altsaxofonistin Silke Eberhard sein, die sich als Interpretin des genialen Querdenkers Eric Dolphy einen Namen machte. Das Bandkonzept ist gemäss Schärli «freier und offener» als zuletzt, aber leicht verständlich. «Ich mache einfache Musik», sagt er, «das Einfache ist zwar nicht immer das Beste. Das Beste aber immer einfach.»
Live: Peter Schärli «Peace Now!». 28. 11. bird’s eye Basel; 30. 11. Theater Tuchlaube Aarau; 1. 12. Bau 4 Altbüron; 13. 12. Jazzkantine Luzern.