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  3. Zugverkehr: Modellbahn soll DB-Züge pünktlicher machen

Wissenschaft Eisenbahn-Labor

Mit einer 750.000 Euro teuren Modelleisenbahn gegen Verspätungen

Chefkorrespondent Wissenschaft
ELVA Wiedereroeffnung; Eisenbahn-Modell-Testanlage Pressebilder: Carmen Hitzmann Verkehrswissenschaftliches Institut der RWTH Aachen Mies-van-der-Rohe-Str. 1 52074 Aachen Tel.: +49 241 80-25190 EMail: hitzmann@via.rwth-aachen.de Internet: www.via.rwth-aachen.de ELVA Wiedereroeffnung; Eisenbahn-Modell-Testanlage Pressebilder: Carmen Hitzmann Verkehrswissenschaftliches Institut der RWTH Aachen Mies-van-der-Rohe-Str. 1 52074 Aachen Tel.: +49 241 80-25190 EMail: hitzmann@via.rwth-aachen.de Internet: www.via.rwth-aachen.de
Die Versuchsanlage „Elva" soll Züge pünktlicher machen
Quelle: RWTH Aachen
Aachener Forscher wollen im Labor auf einem 1200-Meter-Schienennetz Verspätungen im Bahnverkehr analysieren. Ihr Ziel ist die Entwicklung eines Algorithmus, der Auswirkungen einer Störung minimiert.

Welcher Bahnkunde kennt sie nicht, jene Lautsprecherdurchsagen, in denen eine Zugverspätung mit Verzögerungen im Betriebsablauf, einem vorausfahrenden Zug oder einer Verspätung aus vorheriger Fahrt erklärt wird. Nun wollen Forscher am Verkehrswissenschaftlichen Institut der RWTH Aachen mit einer Modelleisenbahn dazu beitragen, dass die Züge künftig pünktlicher als bisher über die Gleise rollen.

Am Dienstag wurde die neue Eisenbahntechnische Lehr- und Versuchsanlage (Elva) offiziell in Betrieb genommen. Zu den Gästen der Einweihungsfeier zählten auch Vertreter der Deutschen Bahn AG und des nordrhein-westfälischen Verkehrsministeriums. Die erste Zugfahrt wurde live in einen großen Hörsaal übertragen.

Die Gleise der Modellbahnanlage im Maßstab H0 (1:87) haben insgesamt eine Länge von 1.200 Metern. Sie verbinden sechs Bahnhöfe sowie weitere Betriebsstellen. Gekostet hat das ungewöhnliche Forschungslabor 750.000 Euro. Auf der Anlage sollen Züge nach realistischen Fahrplänen verkehren. Dank digitaler Simulation kann ein Bahnnetz von 1.000 Kilometern abgebildet werden.

Die Forschung beginnt mit dem gezielten Einbringen von Störungen – zum Beispiel, indem man bei einem bestimmten Zug ein technisches Problem simuliert und ihn langsamer fahren lässt. Dann soll genau analysiert werden, wie aus dieser Urverspätung diverse Folgeverspätungen entstehen.

Das allein hätte für die Praxis noch keinen Nutzen. Doch die Forscher hoffen, dass sie im nächsten Schritt optimierte Strategien entwickeln können, wie das gestörte System möglichst schnell wieder in ein Gleichgewicht gebracht werden kann, sodass die Auswirkungen minimiert werden.

Dabei geht es auch um Fragen wie: Welcher Anschluss lässt sich in welchem Bahnhof noch halten? Welcher Zug kann an welcher Stelle überholt werden? Die Forscher unter der Leitung des Verkehrswissenschaftlers Jürgen Jacobs wollen Algorithmen entwickeln, die bei Verspätungen die optimale Reaktion vorschlagen können.

Man kann sich durchaus fragen, ob das Analysieren von Verspätungsszenarien und das Entwickeln optimierter Strategien nicht auch allein mithilfe von Computersimulationen geleistet werden könnte. Die Forscher sehen ihr Projekt als anschauliche Brücke zwischen Realität und Simulation. Elva bietet ein großes Maß an Flexibilität. Es lassen sich verschiedenste Szenarien durchspielen, ohne gleich neue Simulationsprogramme schreiben zu müssen.

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Insbesondere können mit Elva auch die Einflüsse von Stellwerken und Sicherheitstechnik auf den aktuellen Fahrbetrieb berücksichtigt werden. Die Steuerung der Modellanlage erfolgt durch Stellwerke unterschiedlicher Bauformen – vom mechanischen bis hin zum elektronischen Stellwerk. Elva lässt sich also auch nutzen, um Leit- und Sicherheitstechnik realistisch nachzubilden und ihre Auswirkungen auf den Fahrbetrieb zu erforschen.

Elva wird nicht allein der Forschung, sondern auch der Lehre dienen. Studierende können sich mit der Funktion und dem Zusammenspiel von realer Bahntechnik vertraut machen und sogar mechanische Stellwerkstechnik bedienen.

Damit sie dabei nicht vergessen, dass es um ernsthafte Wissenschaft und nicht um das Spielen mit einer großen Modelleisenbahn geht, wurde auf jedweden Schmuck verzichtet. Es gibt keine Bahnhofsgebäude, keine Straßen, Autos, Bäume oder Männchen. Die Elva-Bahnhöfe, von M-Dorf bis E-City, existieren nur virtuell. Für die Forschungsarbeit ist das völlig ausreichend.

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