Kino
O du Schreckliche! Der Grinch hasst Weihnachten seit über 80 Jahren

Warum der griesgrämige Held des Animationsfilms «The Grinch» nicht nur Weihnachtsmuffel begeistert.

Dario Pollice
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Weihnachtszeit ist die schönste Zeit? Nicht für den grünen Grummel.

Weihnachtszeit ist die schönste Zeit? Nicht für den grünen Grummel.

Universal

Auf leisen Sohlen schleicht es von hinten heran und schlingt seine Arme um uns herum. Ehe wir bemerken, wie uns geschieht, ist es zu spät – Weihnachten hat uns fest umklammert. Es gibt kein Entrinnen: Der Geruch von Glühwein liegt in der Luft, Chöre der Heilsarmee spriessen wie Pilze aus dem Boden und im Radio malträtiert man uns mit «Last Christmas, I gave you my heart...». Graust es Ihnen schon beim Lesen dieser Sätze? Keine Angst, denn ab heute finden Weihnachtsmuffel mit «The Grinch» ihren Seelenverwandten auf der Kinoleinwand.

Der Grinch ist ein grünes und griesgrämiges Wesen, das in seiner Höhle über dem Dorf Whoville wohnt. Sein einziger Freund ist der liebenswürdige Hund Max. Die Bewohner des besagten Dorfes, die aufgestellten Whos, warten sehnlichst auf Weihnachten, das sie jeweils mit einem grossen Fest feiern. Der Grinch hingegen hasst Weihnachten abgrundtief. Als die Dorfbewohner beschliessen, die Feierlichkeiten noch grösser als bisher zu gestalten, platzt dem Grinch der Kragen. Kurzerhand beschliesst er, Weihnachten zu stehlen. Ob sein Plan aufgeht, soll hier nicht verraten werden. Nur so viel sei erwähnt: die Warmherzigkeit der Whos scheint keine Grenzen zu kennen.

Der Weihnachts-Antiheld

Der Grinch dürfte hierzulande am ehesten noch aus Ron Howards Verfilmung «How the Grinch Stole Christmas» (2000) in Erinnerung sein, mit Komiker Jim Carrey in der Rolle des grünen Griesgrams. In den USA reicht seine Geschichte viel weiter zurück. Tatsächlich ist der Grinch dort seit über 80 Jahren ein fester Bestandteil der Adventszeit.

Seine Geschichte geht auf das Kinderbuch «How the Grinch Stole Christmas!» zurück, das aus der Feder von Dr. Seuss stammt. Hinter dem Pseudonym steckt der Autor und Comiczeichner Theodor Seuss Geisel (1904–1991), der über 60 Bücher verfasste – meistens im Reimvers. Die Werke von Dr. Seuss zählen zu den beliebtesten US-Kinderbüchern, allen voran die Geschichte des Grinch.

Die Popularität des grünen Kauzes beruht einerseits darauf, dass Dr. Seuss eine Weihnachtsgeschichte mit einem Antihelden schuf, die in ihrem Kern die Kommerzialisierung des Festes anprangert. Andererseits wurde die Geschichte 1966 als Zeichentrickfilm adaptiert, mit «Frankenstein»-Darsteller Boris Karloff in der Hauptrolle. Dieser Zeichentrickfilm entwickelte sich in der Folge selber zum Klassiker des Weihnachtsprogramms.

Animationsfilm setzt auf Diversity

Yarrow Cheney and Scott Mosier, die beiden Regisseure von «The Grinch», haben das Original von Dr. Seuss nun raffiniert als Animationsfilm umgesetzt. In seinen Grundzügen bleibt die Geschichte nah an der Buchvorlage. Gleichzeitig wurden Anpassungen vorgenommen, um die heutige Gesellschaft besser zu widerspiegeln. Beispielsweise ist die Bevölkerung in Whoville optisch vielfältiger als in Ron Howards Spielfilmadaption vor 20 Jahren. Zudem verleiht in der englischen Originalfassung der Afroamerikaner Kenan Thompson («Saturday Night Live») einer zentralen Figur die Stimme, und die Rolle des Erzählers übernimmt der schwarze Musiker/Produzent Pharrell Williams. Der Titelsong des Filmes, «You’re a Mean One Mr. Grinch», wurde ebenfalls aufpoliert und vom US-Rapper Tyler, The Creator neu vertont.

Waren Boris Karloff und Jim Carrey die Stars ihrer jeweiligen Generation, schlüpft im Jahr 2018 Benedict Cumberbatch («Sherlock») in die Rolle des Grinch. Otto Waalkes, die deutsche Synchronstimme des Grinch, in allen Ehren: Cumberbatch spielt in einer anderen Liga. Wer es nicht glaubt, der gehe auf Youtube und staune, wie der Engländer beispielsweise dem computergenerierten Drachen in «The Hobbit» die Stimme leiht, und dabei auf dem Boden herumkriecht.

«The Grinch» richtet sich mit seinem Humor nicht nur an Kinder und dürfte an den Schweizer Kinokassen voll einschlagen. Hinter dem Film steht mit Illumination dasselbe Animationsfilmstudio, das bereits die Hits «Ich – Einfach unverbesserlich» und dessen Ableger «Minions» verantwortet hat. Allesamt zählten sie in der Schweiz zu den erfolgreichsten Kinofilmen des Jahres und verkauften nebenbei massenhaft Fanartikel. Fragt sich nur, was Dr. Seuss davon gehalten hätte, dass seine Kommerz-Kritik heute mit einer Riesenwerbemaschinerie einhergeht.

The Grinch (USA 2018) 86 Min. Regie: Yarrow Cheney, Scott Mosier. Ab heute Donnerstag im Kino. ★★★☆☆

Die besten Weihnachtsfilme:

Ist das Leben nicht schön? (1946, Regie: Frank Capra) George will sich an Weihnachten von einer Brücke stürzen. Da zeigt ihm ein Engel, wie vielen Menschen er am Herzen liegt, und George findet wieder zum Leben. Ein Märchen in absolut bester Hollywood-Manier mit dem stets charmanten James Stewart.
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Die Hard – Stirb Langsam (1988, John McTiernan) Bruce Willis kriecht an Weihnachten im Unterhemd durch Luftschächte und jagt Terroristen mit 80er-Föhnfrisur. Als Bonus gibt’s Alan Rickman als Oberschurken Hans Gruber und einen der besten Oneliner: Yippee Ki Yay, motherf*****.
Kevin – Allein zu Haus (1990, Chris Columbus) Jedes Kind der 90er träumte davon, ein einziges mal wie Kevin Herr des Hauses zu sein und die Bude in eine Festung mit lauernden Fallen umzubauen. Das Nachsehen haben Harry und Marv, die dreist-blöden Einbrecher und heimlichen Helden des Filmes.
Nightmare Before Christmas (1993, Henry Selick) Der König von Halloween Town hat die Nase voll vom Gruselfest und möchte stattdessen Weihnachtsfreude verbreiten. Der Stopptrickfilm trägt die Handschrift des Produzenten Tim Burton: Er ist skurril, morbid, witzig und hat Songs mit Ohrwurmcharakter.

Ist das Leben nicht schön? (1946, Regie: Frank Capra) George will sich an Weihnachten von einer Brücke stürzen. Da zeigt ihm ein Engel, wie vielen Menschen er am Herzen liegt, und George findet wieder zum Leben. Ein Märchen in absolut bester Hollywood-Manier mit dem stets charmanten James Stewart.

zvg