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Rheinmetall träumt vom militärischen „Super-Zyklus“

Freier Wirtschaftsredakteur
Rheinmetall-Logo hinter einem Panzer auf einer Militärindustrie-Messe: Die Rheinmetall-Logo hinter einem Panzer auf einer Militärindustrie-Messe: Die
Rheinmetall-Logo hinter einem Panzer auf einer Militärindustriemesse: Die geopolitische Lage begünstigt die Branchenentwicklung
Quelle: picture alliance / NurPhoto
Die Krim-Krise droht zu eskalieren. Während die schwindende geopolitische Stabilität die Welt besorgt, frohlockt die Rüstungsbranche. Der deutsche Rheinmetall-Konzern sieht schon den Beginn eines „Super-Zyklus“.

Je mehr sich aktuell der Ukraine-Russland-Konflikt verschärft, desto stärker sieht sich der Rheinmetall-Konzern bestätigt. Die internationalen Rüstungsmärkte stehen am Beginn eines „Super-Zyklus“ mit wieder steigenden Rüstungsausgaben, prognostizierte der Technologiekonzern jetzt auf einer Analystenkonferenz in Berlin. Nach dem Ende des Kalten Krieges und schrumpfenden Militärausgaben sei es 2014 mit der Annexion der Krim durch Russland zum Wendepunkt gekommen. Nun würde weltweit wieder mehr in Rüstung investiert, modernisiert und Kapazitäten aufgebaut.

Rheinmetall macht eine simple Rechnung auf: Wenn allein Deutschland an der politischen Zusage über Rüstungsausgaben von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes festhält, würde der Verteidigungshaushalt von rund 43 Milliarden Euro 2019 je nach Konjunkturentwicklung bis 2023 auf etwa 60 bis 65 Milliarden Euro klettern. Innerhalb der europäischen Nato-Staaten würden die Ausgaben für Ausrüstung in diesem Jahr voraussichtlich um 19 Prozent zulegen.

Es gebe zahlreiche Großprojekte, die jetzt angeschoben werden. Etwa der neue Schwerlasthubschrauber für 5,6 Milliarden Euro oder das Milliardenprojekt eines neuen Luftverteidigungssystems (TLVS) sowie weitere Vorhaben. Zum erwarteten Ausrüstungsschub bei der Bundeswehr mit mehr Fahrzeugen gehöre die Beteiligung an der sogenannten NATO-Speerspitze (Very High Readiness Joint Task Force). Aber nicht nur in Deutschland wird wieder aufgerüstet. Zu den rosigen Branchenaussichten gehöre auch, dass die westlichen Nachbarstaaten Russlands massiv neue Radpanzer bestellen. Großbritannien modernisiere und vergrößere ebenfalls seine Panzerflotten.

Auf den Präsentationsfolien für Rheinmetall-Chef Armin Papperger wird an zahlreichen Beispielen erläutert, wie der Düsseldorfer Konzern von dem erwarteten grundlegenden Umschwung profitieren will. So entsteht in Australien ein neues Werk für die Produktion des Radpanzers Boxer. Dort werden auch unbemannte kleine Transportfahrzeuge entwickelt. Von Australien aus könnte zudem der Export bedient werden.

Insgesamt baue Rheinmetall seine internationale Präsenz aus, auch durch zwei neue Stützpunkte in den USA und Asien. Auf der Präsentation von Rheinmetall wird auch die Türkei erwähnt. In türkischen Medien tauchten vor zwei Wochen Meldungen auf, wonach nun das Verteidigungsministerium dem türkischen Rüstungsunternehmen BMC den Auftrag zur Serienfertigung des neuen Altay-Kampfpanzers erteilt hat. Damals hatte Rheinmetall auf WELT-Anfrage aber erklärt, nicht an der Altay Fertigung über das Konsortium RBSS (Rheinmetall BMC Savunma Sanayi) beteiligt zu sein.

Keine Infos zur möglichen Übernahme von KMW

Als Beleg für die anspringende Rüstungskonjunktur verweist Rheinmetall auf den diesjährigen Schub beim Auftragseingang um fast 70 Prozent von drei auf fünf Milliarden Euro. Damit liegt der Auftragseingang wieder über dem Umsatz der Rüstungssparte von schätzungsweise 3,2 Milliarden Euro in diesem Jahr. Der Konzern mit den beiden vom Umsatz her fast gleichgewichtigen Säulen Rüstung sowie Automobiltechnik sieht sogar Möglichkeiten, wie neue Technologien für die Rüstung wie Radarsysteme oder Lasertechnik auch im Auto zum Einsatz kommen kann.

Zu den Besonderheiten der Analystenpräsentation gehört, dass Rheinmetall keine Folie zur jüngsten Börsenmitteilung über eine mögliche Übernahme des Münchener Panzerbauers und Leopard-Generalunternehmers KMW (Krauss-Maffei Wegmann) veröffentlichte. Mit der in Aussicht gestellten Fusion entstünde zwar ein deutscher Super-Heerestechnikkonzern und der mit weitem Abstand führende Panzerhersteller in Europa. Allerdings gibt es Zweifel, ob diese vom Rheinmetall-Chef Papperger forcierte Überlegung zumindest kurzfristig auch tatsächlich zustande kommt.

Rheinmetall hatte zwar in seiner Mitteilung über Gespräche berichtet, um über KMW in die deutsch-französische Holding KNDS mit dem staatlichen französischen Rüstungskonzern Nexter einzusteigen. KNDS soll beispielsweise mit politischem Rückenwind den gemeinsamen Nachfolgepanzer für den Leopard und Leclerc entwickeln. In Branchenkreisen ist aber zu hören, dass die Gesellschafterstruktur dieser Rüstungsholding KNDS eigentlich bis Ende 2020 festgeschrieben ist.

Zudem haben die rund zwei Dutzend Familiengesellschafter von KMW ein gegenseitiges Vorkaufsrecht, sodass ein Rheinmetall-Einstieg gar nicht so einfach wäre. Außerdem müssten neben den Kartellbehörden auch die Regierungen in Paris und Berlin der KMW-Übernahme zustimmen.

Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann (KMW) verbindet bisher eine Mischung aus Konkurrenz und Verbündung. So haben beide Unternehmen beispielsweise gemeinsam den Panzer Puma und den Radpanzer Boxer entwickelt. Branchenkenner verweisen aber auch auf kostspielige Doppelstrukturen bei den Projekten.

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