Das Foto von der Berliner Islamkonferenz berührt: Da stehen Hamed Abdel-Samad, Seyran Ates und Ahmad Mansour und schauen in die Kamera. Nein, sie lächeln nicht. Eher wirken sie erschöpft. Aber sie sind da.
Eingeladen von Horst Seehofer, der als Mentor der schon in die Jahre gekommenen Islamkonferenz neue Zeichen zu setzen versucht: Denn die drei Genannten und einige andere Teilnehmer sind das Gegenteil jener mittlerweile umstrittenen Verbandsvertreter, besonders der Türkei-gesteuerten Ditib, die auch ein Wolfgang Schäuble und später dann Thomas de Maiziére fatalerweise zu Partnern auf Augenhöhe erklärten und zum pseudo-demokratischen Roundtable-Plausch baten. Stagnation statt Integration. Phrasen statt Klartext. Diese Zeiten sind nun hoffentlich vorbei.
Gerade hat Cem Özdemir in einem fulminanten Gespräch mit WELT gezeigt, wes wunderbaren Geistes ein liberaler Muslim sein kann, der gerne deutscher Bürger ist.
Wie gesagt: Die drei wirken erschöpft. Hamed Abel-Samad schreibt ein Buch nach dem anderen über den radikalen Islam und gescheiterte Integration. Seyran Ates, die beinahe einem Attentat zum Opfer gefallene Rechtsanwältin, hat in Berlin eine liberale Moschee gegründet. Und Ahmad Mansour, der Psychologe, will muslimischen Jugendlichen helfen, zu aufrechten Menschen zu werden.
Sie reiben sich auf für einen liberalen Islam, der diesen Namen verdient und sich vertrüge mit der deutschen Demokratie, der Religionsfreiheit und dem Rechtsstaat. So wie Necla Kelek, Mouhanad Khorchide, Sineb El-Masrar, Aladin El-Mafaalani, Bassam Tibi oder Ralph Ghadban, um nur einige zu nennen. Sie alle warnen vor Parallelgesellschaften, Unterdrückung von Frauen, Salafisten-Terror und von den Saudis oder Türken gesteuerten Hasspredigern in den Moscheen.
Sie sagen aber auch, was sie wollen: in Frieden, unversehrt und in individueller Freiheit leben in einem Land wie Deutschland. Sie wollen gleichwertige Bürger sein. Aus den Mahnern in der Wüste, die nicht nur den Linken mit ihrer radikalen Kritik lästig waren und sind, ist mittlerweile eine veritable Kraft geworden. Sie machen den Unterschied, sie sind die Wegweiser in eine offene Gesellschaft, die sich konstruktiv, aber auch selbstkritisch mit den Bedingungen eines gelingenden und zuträglichen Zusammenlebens befasst.
Auf besagtem Foto sieht man allerdings auch den Preis, den die drei zahlen: Sie erhalten Morddrohungen aus dem radikalislamischen Milieu und werden tagein, tagaus von insgesamt 15 LKA-Beamten beschützt. Sie, die sich der Freiheit verschrieben haben, müssen selbst in Unfreiheit verharren. Sie tun es für uns alle.
Arte strahlt am Freitag, 30. November, um 19.40 Uhr die Dokumentation „Leben unter Polizeischutz.
Hamed Abdel-Samads Kampf um Meinungsfreiheit“ aus. Online ist sie hier abrufbar.