Kommentar
Sterbehilfe im Pflegeheim: Darf man das?

Die Pflegi Muri lässt seit drei Jahren Sterbebegleiterinnen und -begleiter von Exit auf Wunsch von Bewohnerinnen und Bewohnern über ihre Schwelle. Ein Widerspruch? Der Kommentar.

Eddy Schambron
Eddy Schambron
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Die Pflegi Muri ermöglichte es, mit der Sterbehilfeorganisation Exit freiwillig aus dem Leben zu scheiden.

Die Pflegi Muri ermöglichte es, mit der Sterbehilfeorganisation Exit freiwillig aus dem Leben zu scheiden.

Darf man das? Hand bieten zum Freitod in einem Alters- und Pflegeheim? Die Pflegi Muri lässt seit drei Jahren Sterbebegleiterinnen und -begleiter von Exit auf Wunsch von Bewohnerinnen und Bewohnern über ihre Schwelle. Mehr noch: Sie sorgt dafür, dass ein freiwilliger Abschied von dieser Welt in einem würdigen Rahmen geschehen kann. Und macht das sogar öffentlich.
Die Pflegi Muri darf das. Nach ihrem Selbstverständnis muss sie das sogar. «Wir versuchen, die Selbstbestimmung unserer Bewohnerinnen und Bewohner konsequent umzusetzen», führt Direktor Thomas Wernli aus. Diese hört nicht bei der werbewirksamen Schwarzwäldertorte um Mitternacht auf, sondern gehört, wenn es noch möglich ist, auch ganz zum Schluss eines Lebens. Jeder Mensch hat das Recht auf ein menschenwürdiges Leben. Aber auch auf ein menschenwürdiges Sterben.

Darf man das? Als katholischer Seelsorger eine Frau bis zum Ende begleiten, wenn sie selber aus dem Leben scheiden will – obwohl die katholische Lehre den Freitod in keiner Weise billigt? Andreas Zimmermann als Pflegi-Seelsorger muss das sogar. In seiner Aufgabe dient er in allererster Linie den Menschen und nicht einer kirchlichen Lehrmeinung. Er weiss, wie wir alle auch: Niemand geht leichtfertig freiwillig aus dem Leben. Und er erkennt, wenn es gälte, eine Kurzschlusshandlung zu verhindern.

Gegen 200 Leute versammelten sich zum Pflegi-Themenabend «Palliative Care – Exit: (k)ein Widerspruch». Das unterstreicht eindrücklich, wie brennend das Thema interessiert und wie wichtig es ist, darüber zu reden. Die meisten Anwesenden dürften zum Schluss gekommen sein, dass da kein Widerspruch besteht. Es sind zwei Wege, das Leben abzuschliessen. Welcher der richtige ist, kann nur und ausschliesslich der Betroffene oder die Betroffene für sich selber entscheiden.

eddy.schambron@chmedia.ch