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  3. Albert Darboven: Richterin entscheidet über die Zukunft der Kaffee-Dynastie

Wirtschaft Posse um Albert Darboven

Um die Dynastie vor dem Sohn zu schützen, adoptiert er einen Milliardär

Korrespondent
Kombo Darboven Kombo Darboven
Ein Mann mit bald vielleicht zwei Söhnen: Albert Darboven (M.), Sohn Arthur (l.) und Andreas Jacobs (r.)
Quelle: picture alliance/BREUEL-BILD, Eventpress, dpa
Kaffee-Unternehmer Albert Darboven will den Milliardär Andreas Jacobs zu seinem Nachfolger machen. Da nur Familienmitglieder Chef der Firma werden dürfen, muss er seinen Favoriten adoptieren. Doch das ist nicht ganz so einfach.

Das Weihnachtsfest der Familie Darboven könnte in diesem Jahr ein ganz besonderes Ereignis werden. Ein Fest mit Menschen, die man eigentlich nicht in der Stube der Darbovens vermutet. Wenn es nach dem legendären Kaffee-Unternehmer Albert Darboven geht, ist in diesem Jahr Kaffee-Erbe Andreas Jacobs mit dabei. Denn der 82-jährige Darboven will den 54-jährigen Jacobs adoptieren – da drängt sich ein großes Familientreffen geradezu auf.

Viel wichtiger als das anstehende Weihnachtsfest sind in diesem ziemlich skurrilen Fall jedoch die zurückliegenden Jahre und Jahrzehnte mit all ihren Weihnachtstagen oder Familienfesten. Schließlich wird es wohl nur dann zu der angestrebten Erwachsenenadoption kommen, wenn die Familien Darboven und Jacobs auch schon in der Vergangenheit die wichtigsten Tage des Jahres zusammen verbracht haben. Das ist eine der Voraussetzungen, damit das Gericht die Adoption überhaupt genehmigen kann.

Nicht nur bei hanseatischen Kaufleuten ist der Streit im Hause Darboven ein genüssliches Thema für ein Kaffeekränzchen. Auch Juristen schauen gespannt auf das, was sich gerade in Hamburgs Edelvierteln abspielt und worüber nun nach WELT-Informationen in Kürze entschieden wird. Albert Darboven, der im neunten Lebensjahrzehnt noch die tägliche Arbeit als Geschäftsführer seines Kaffee-Imperiums ausübt, möchte den durch Erbschaft zum Milliardär aufgestiegenen Andreas Jacobs zu seinem Nachfolger machen.

Will seinen Sohn nicht: Albert Darboven
Will seinen Sohn nicht: Albert Darboven
Quelle: picture alliance / dpa

Der Firmenchef darf laut eines Familienvertrags jedoch nur ein Familienmitglied sein. Deshalb greift der Senior in die Trickkiste, indem er seinen Favoriten Jacobs adoptieren will. Weil dadurch der leibliche Sohn, der ebenfalls 54-jährige Arthur Darboven, übergangen wird, beschäftigt sich seit einigen Wochen das Amtsgericht Blankenese mit dem Fall. Gewöhnlich ist das alles nicht: „Hier lässt sich der Kaiser vom Grafen adoptieren“, spottet einer der Beteiligten über die sonderbaren Familienverhältnisse.

Ein solcher Streit um eine derartige Adoption ist denn auch in der deutschen Justiz bislang einmalig. „Der Fall ist rechtlich außergewöhnlich und mit weitreichenden Folgen aufgeladen“, sagt ein Gerichtssprecher. Vordergründig geht es um einen Familienstreit, bei dem Vater und Sohn unterschiedliche Vorstellungen über Führung und Nachfolge der Familienfirma haben.

Tatsächlich aber wird der Gerichtsfall weitreichende Folgen für die Zukunft eines Unternehmens und der Mitarbeiter haben. Sollte das Vorgehen Schule machen, könnten etliche Familienunternehmen unsicheren Zeiten entgegengehen. Auf Richterin Anja Fanselow, die nach WELT-Informationen über die Familiensache entscheiden wird, lastet eine große Verantwortung.

Will seinen Adoptivbruder nicht: Arthur Darboven
Will seinen Adoptibruder nicht: Arthur Darboven
Quelle: picture alliance

Ein Rückblick: 15 Jahr lang haben Vater und Sohn zusammen den Kaffeeröster Darboven in Hamburg-Billbrook geleitet und ihn mit Marken wie Idee Kaffee, Mövenpick oder Eilles zu einem gut positionierten Nischenanbieter im deutschen Kaffee- und Teehandel ausgebaut. Im Jahr 2009 kam es jedoch zum Zerwürfnis, Albert Darboven setzte Arthur vor die Tür.

Als Begründung wurde die Geschichte verbreitet, dass ein Angebot mit einem Erotikkaffee für die Gastronomie der Auslöser gewesen sein soll. Mit dem Slogan „Sex des Bohnengetränks“ wollte Arthur Darboven im regionalen Verkauf in Bayern Aufmerksamkeit erzeugen. Heute sagt der Darboven-Sohn, dass sein Vater und er unterschiedliche Auffassungen über die Strategie und das Geschäft gehabt hätten.

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Er selbst ist mittlerweile Gesellschafter und Geschäftsführer des Rohkaffeehändlers Benecke Coffee in Hamburg – und verkauft nicht einen einzigen Sack seiner exklusiven Kaffeebohnen an das väterliche Unternehmen. Dennoch hält Arthur Darboven zusammen mit zwei Vettern 42,5 Prozent der Anteile am Familienunternehmen.

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Vor knapp einem Jahr holte Patriarch Albert Darboven den Erben des gleichnamigen Kaffeekonzerns Andreas Jacobs in die gerade gegründete Stiftung und machte ihn zum Vorsitzenden des Beirates. Schon die Errichtung dieser privaten Stiftung für den Unternehmensbesitz des Vaters war in der Familie umstritten gewesen. Zugleich ließ Darboven Senior erkennen, dass Jacobs auch für Aufgaben im Unternehmen vorgesehen sei, sollte er selbst gesundheitliche Probleme bekommen. Im vergangenen Sommer gab Albert Darboven dann bekannt: „Wir wünschen uns, Herrn Dr. Jacobs auch ganz offiziell in unsere Familie aufzunehmen“ – und beantragte beim zuständigen Amtsgericht eine Adoption.

Will sich nicht äußern: Andreas Jacobs
Will sich nicht äußern: Andreas Jacobs
Quelle: picture alliance /

Andreas Jacobs, dessen väterliches Unternehmen schon 1990 an die damalige Philip-Morris-Tochter Kraft Foods verkauft wurde, äußert sich zu der ganzen Angelegenheit nicht. Bis vor wenigen Jahren war Jacobs mit der Verwaltung der Familienholding in der Schweiz beschäftigt. Neben dem weltgrößten Kakaohändler Barry Callebaut sowie weiteren Unternehmensanteilen gehören dazu etwa eine Pferdezucht in Großbritannien sowie eine Schafzucht in Argentinien. Diese Managementaufgabe liegt nun bei den Stiefgeschwistern von Andreas Jacobs, der seither hauptsächlich in Hamburg lebt. Und tatsächlich gibt es zwischen ihm und Albert Darboven eine langjährige Verbindung, die über das gemeinsame Interesse am Pferdesport entstanden ist.

Nun aber gehen Arthur sowie aus seiner Familie Arndt und Behrendt Darboven vor dem Amtsgericht Blankenese gegen die Adoptionspläne vor. Wie in solchen Fällen üblich, hat das Gericht beide Seiten in einer nicht öffentlichen Sitzung dazu befragt. „Mittlerweile gab es die Anhörung und wir warten auf die Entscheidung“, sagte Arthur Darboven zum Stand der Dinge. Er erwarte dies noch vor Ende des Jahres. Die Gerichtsentscheidung wird den Beteiligten schriftlich mitgeteilt. Sie entscheiden, wann und in welcher Form die Öffentlichkeit davon erfährt. Gegen den Gerichtsbeschluss können keine Rechtsmittel eingelegt werden.

Adoption ist längst nicht sicher

Dabei sind die Erfolgsaussichten alles andere als sicher. „Eine Erwachsenenadoption ist vor deutschen Gerichten sehr schwer erfolgreich durchzusetzen“, sagte Bastian Biermann, Anwalt der Kanzlei SZA Schilling, Zutt & Anschütz. Die Richter achten bei ihrer Entscheidung darauf, ob ein langjähriges Familienverhältnis besteht. „Die potenziellen Adoptiveltern müssen dafür ein gefestigtes Eltern-Kind-Verhältnis nachweisen“, sagte Biermann, der Experte für Erbrecht und Familienrecht ist. Ihm seien mehr Fälle bekannt, in denen eine Erwachsenenadoption abgelehnt als zugelassen wurde, sagte der Anwalt aus Mannheim.

Neben der engen persönlichen Bindung, die in der Anhörung abgefragt wird, geht es bei der Entscheidung auch um eventuelle materielle Auswirkungen. „Für die anderen Geschwister hat eine Adoption weitreichende Folgen. Durch das neue Geschwisterkind wird die Erb- oder Pflichtteilsquote verändert“, sagte Jurist Biermann. Zwar sind die Interessen bereits vorhandener Kinder gesetzlich geschützt. Doch für sie verringert sich eine mögliche Erbschaft.

Aus dem Grund heraus haben leibliche Nachfahren der potenziellen Adoptiveltern die Möglichkeit, vor Gericht Einwände zu erheben und eventuell auf fiskalische Interessen hinter einem Antrag hinzuweisen. Die Justiz will einen Rechtsmissbrauch verhindern: „Eine Adoption nur aus dem Grund, dass Erbschaftsteuern verringert oder andere Erben geschädigt werden, soll durch die gerichtliche Prüfung verhindert werden“, sagte Biermann.

Wie auch immer die Gerichtsentscheidung ausfällt: Der Familienstreit dürfte danach erst richtig losgehen. Sollte sich Albert Darboven, der als Albert Hopusch geboren und einst von seinem Großonkel adoptiert worden war, durchsetzen, werden Arthur Darboven und dessen verbündete Familienmitglieder ihren Einfluss nicht aufgeben. Über ihre Firmenanteile und ihren Sitz im Aufsichtsrat könnten sie wesentliche Veränderungen in der Familienfirma J.J. Darboven blockieren. Sollte die Adoption jedoch nicht zugelassen werden, dürfte der Weg für Arthur Darboven an die Firmenspitze möglich werden – wenn Vater und Sohn sich bei einer Tasse Kaffee doch noch verständigen.

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